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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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könnte. Natürlich war das erst ein kurzer Überblick. Es gibt noch andere, langwierigere Verfahren, die mehr Informationen liefern. Kommen wir also zur psychischen Seite. Wenn Menschen traumatischen Ereignissen ausgesetzt werden, kann das zu Gedächtnisstörungen führen. Wenn die Belastung für eine Person zu groß wird, schaltet sich das Gehirn ab -vereinfacht ausgedrückt. Kommt es später zu Erlebnissen, die an dieses Trauma erinnern, kann das wieder zu ähnlichen Reaktionen führen. Dabei muss das neue Ereignis an sich -beispielsweise für andere Menschen -gar nichts Traumatisches haben. Können Sie mir folgen?"
    Sabine nickte. „Und was könnte das sein, ich meine, das ursprüngliche Ereignis?"
    Der Psychiater zuckte die Schultern. „Wenn Sie uns das nicht sagen, dann können wir es hier spontan erst recht nicht. Es ist durchaus möglich, dass es weit zurück in Ihrer Kindheit liegt und nun aus irgendwelchen Gründen wieder hervortritt -durch Stress und seelische Belastung beispielsweise. Wir brauchen Zeit und viele intensive Sitzungen, dann können wir gemeinsam der Ursache auf den Grund gehen."
    „Was ist, wenn ich das nicht möchte?"
    Professor Langberger hob entschuldigend die Hände. „Dann muss ich Sie krankschreiben. Verstehen Sie, in diesem Zustand kann ich Sie nicht als Kriminalkommissarin auf die Bevölkerung loslassen."
    „Verstehe", murmelte Sabine und schlüpfte in ihren Mantel. „Couch oder Kündigung, so lauten die Alternativen." Sie nickte den drei Herren in Weiß zu. „Ich werde darüber nachdenken."
    Hocherhobenen Hauptes schritt sie hinaus, doch noch ehe sie die Pforte erreichte, sackten ihre Schultern nach unten.
    Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie floh nach Ohlsdorf und kniete sich vor dem Grab ihres Vaters ins Gras. Lautlos weinte sie in sich hinein.
    „Ach, Papa, warum passiert mir das? Ich habe dich verloren, weil ich nicht mitgekommen bin, und Julia, weil ich meinen Job nicht aufgeben wollte -und nun wollen sie mir auch noch meine Arbeit nehmen. Sag mir, bin ich verrückt? Was passiert mit mir? Was ist real und was ist Hirngespinst? Wer bestimmt, was es in dieser Welt gibt -was es geben darf? Sind es die Männer in Weiß? Sind es die Wissenschaftler in ihren Türmen? Sind wir schon am Ende der Wissensleiter angekommen? Gibt es keine offenen Fragen mehr? Papa, was soll ich tun? Was werden sie finden, wenn ich mich dort auf die Couch lege und sie in meinem Unterbewusstsein herumstochern? Ich habe Angst davor, und doch kann ich dir nicht sagen, warum. Ich kann es nicht beschreiben. Es ist ein Schatten in mir, der entflieht, wenn ich nach ihm greifen will. Etwas sagt mir, dass sie ihn auf keinen Fall finden dürfen." Voll Entsetzen riss sie die Augen auf.
    „Wenn sie ihn finden -dann werden sie mich in eine Anstalt schicken. Dann verliere ich nicht nur meine Arbeit. Sie werden mir Julia endgültig verweigern, und sie werden mir meine Freiheit nehmen -sie werden mich ersticken."
    Ihr keuchender Atem hob und senkte ihre Brust. Sabine schlug die Hände vors Gesicht. So kauerte sie vor dem Grab, unfähig, sich zu bewegen. Sie merkte nicht, dass der Park sich leerte und die Dämmerung herabsank.
    „Papa, ich habe Angst, dass sie recht haben. Ich habe Angst, dass ich verrückt bin."
    „Beruhigt es Sie, wenn ich Ihnen versichere, dass Sie keineswegs verrückt sind?", erklang die weiche Stimme, die durch ihren Sinn geisterte, dicht hinter ihr.
    Sabine drehte sich nicht um. „Was wollen Sie von mir? Erzählen Sie mir nicht wieder, es sei ein Zufall, dass Sie hier sind."
    „Nein", sagte Peter von Borgo sanft, „ich habe Sie gesucht. Ich habe es falsch angefangen und greife nun nach einer neuen Chance."
    Mühsam erhob sich die Kommissarin und wandte sich dem Vampir zu. „Verraten Sie mir auch, wie Sie mich gefunden haben?", fragte sie müde und strich sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht.
    „Was möchten Sie denn hören? Ich kann Ihnen sagen: Ich spüre Ihre Gegenwart. Ich wittere Ihre Spuren. Oder ich antworte: Wie gehen Sie vor, Frau Kommissarin, wenn Sie einer Person auf den Fersen bleiben wollen?" Peter von Borgo griff nach ihrem Handgelenk und löste ihre Armbanduhr. Mit zwei Fingern hielt er das Band fest und schwenkte die Uhr hin und her.
    „Eine Wanze?", fragte Sabine ungläubig und griff danach, doch Peter von Borgo war schneller. In einem hohen Bogen warf er die Uhr in den Prökelmoorteich. Ein Sumpfhuhn fiepte erschreckt.
    „He, das können Sie doch nicht

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