Der Duft des Blutes
aneinander reiben, teure Sabine, und dann, wenn die Zeit gekommen ist, wirst du mir vorzüglich munden."
Mit langen Schritten durchmaß er den Flur, öffnete den Riegel und verließ die Wohnung. Das würde ein Geschrei geben! Nun würde die Kripo ihr Haus überwachen und ihr Telefon anzapfen, da war er sich sicher, doch er würde Wege finden, sie zu überraschen. Das Spiel wurde langsam spannend und reizte ihn zunehmend. Es erregte ihn mehr, als er sagen konnte. So viele prickelnde Gefühle erfüllten und erstaunten ihn. Die trübe Öde war verschwunden. Sein Geist und sein Leib riefen nach mehr.
Es war gegen vier, als das Telefon klingelte. „Berner."
„Habe ich Sie in einem schönen Traum gestört, Frau Kommissarin?"
Mit einem Schlag war Sabine hellwach, dennoch sagte sie gähnend: „Falls Sie wieder irgendwelche Leichen anzubieten haben, ich habe keine Bereitschaft. Rufen Sie doch direkt im Präsidium an. Ich gebe Ihnen die Nummer."
Einen Augenblick war Stille, dann hörte sie ein leises Lachen. „Sie enttäuschen mich, liebe Sabine, oder wollen Sie mich auf den Arm nehmen?"
„Nee, kein Bedarf! Ich würde gern wieder ins Bett gehen und schlafen."
Wieder lachte er. „Sie können mich nicht hinters Licht führen. Ich vermute mal, wenn Sie sich für die lebende Frau interessiert haben, dann ist Ihnen ihre Leiche sicher auch nicht ganz gleichgültig. Immerhin wollten Sie noch vor wenigen Stunden mit ihr sprechen, nicht?"
Ein eisiges Gefühl kroch Sabine über den Rücken. Den Hörer fest am Ohr, ging sie ins Wohnzimmer hinüber und ließ sich in einen Sessel fallen. „Von wem sprechen Sie?"
„Ich wusste nicht, dass Sie in den letzten Stunden so viele Zeuginnen aufgesucht haben", spottete Peter von Borgo, „doch ich will Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Die Dame heißt Frieda Böreck, und ich sage Ihnen, in ihrem jetzigen Zustand taugt sie als Zeugin leider gar nichts mehr."
Die Kommissarin schluckte, sagte jedoch forsch: „Woher wissen Sie das so genau?"
„Nun, es sind kaum ein paar Stunden vergangen, seit ich ihr gegenüberstand. Da war kein Leben mehr, das durch ihre Adern pulsierte, und auch ihre Zunge liegt nun für immer still."
„Da Sie so schlau sind, können Sie mir ja auch sicher sagen, woran Frau Böreck gestorben ist." Sabine umklammerte den Hörer, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Ich vermute einmal, dass einfach kein Blut mehr in ihr Gehirn gelangte, nachdem sich zwei starke Hände um ihren Hals gelegt hatten."
Es war der Kommissarin, als könne sie die Spannung in der Luft flimmern sehen. „Waren es dieselben Hände, die Ronja getötet haben?"
Es war ihr, als könne sie ihn schmunzeln sehen. „Das ist eine spannende Frage, Frau Kommissarin, nicht? Was sagt Ihnen Ihr kriminalistischer Verstand?"
„Sie haben Ronja, Lilly und Frau Böreck umgebracht!", schrie Sabine aufgebracht.
„Falsch getippt. Ich bin nur der stille Beobachter und der Überbringer der Nachricht."
Die Kommissarin presste die Zähne zusammen und atmete langsam ein und wieder aus. „Dann sagen Sie mir jetzt am besten Ihren Namen und Ihre Adresse, damit wir Ihre Beobachtungen aufnehmen können", sagte sie nun wieder ganz ruhig.
Am anderen Ende der Leitung erklang Gelächter. „Ach, Sabine, nun enttäuschen Sie mich aber. Glauben Sie wirklich, das Spiel ist schon zu Ende? Oh nein, es hat gerade erst begonnen, und -falls Sie es noch nicht gemerkt haben -es geht hier nicht um Ronja oder tote alte Nachbarinnen -, es geht um Sie, Sie allein, liebste Sabine!"
Die junge Frau fühlte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten.
„Ich habe Sie genau studiert und erfreut festgestellt, dass es viele Dinge gibt, über die wir uns austauschen können. Auch ich verehre Shakespeare, daher noch ein Wort, von Benedict entliehen: Ich will in deinen Augen leben, in deinem Schoß sterben und in deinem Herzen begraben werden."
Es klickte, und dann war nur noch ein monotones Tuten zu hören. Leise fluchend tappte Sabine ins Bad, um sich den Bademantel überzuziehen. Sie schlüpfte in ein paar fellgefütterte Pantoffeln und tippte dann die Nummer von Hauptkommissar Ohlendorf ein. Der war nicht gerade begeistert, um diese Zeit aus dem Schlaf gerissen zu werden.
„Mein spezieller Freund hat mich wieder angerufen!"
Schweigend hörte Thomas Ohlendorf zu. Dann gähnte er zweimal herzhaft, ehe er der Kollegin antwortete.
„Ich rufe die Jungs von der Fünften an, die sollen sich die Wohnung der
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