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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Erniedrigung und roher Gewalt umhüllte den Vampir, als er unbemerkt näher trat. Die kalte Nachtluft war erfüllt vom Angstschweiß und Blut der Frau und vom Urin und milchig weißen Samen, den die Männer im Rausch ihrer Macht auf und in ihr vergossen hatten.
    Die brutale Szene erregte ihn. In schmerzhafter Gier drangen die spitzen Zähne hervor, und er zitterte leicht, als er nach dem Mann griff, der rauchend an der Mauer lehnte. Der Skorpionmann riss die Augen auf, doch kein Laut kam über seine Lippen. Die Zigarette zischte im feuchten Schmutz und erlosch. Immer tiefer drangen die spitzen Zähne in seinen Hals, bahnten sich ihren Weg durch sonnengebräunte Haut, Sehnen und Muskeln, bis sie endlich auf die prall gefüllte Lebensader stießen. Pulsierend schoss dem Vampir das Blut in den Hals, das er kaum schnell genug schlucken konnte. Ein kleines Rinnsal zog eine rote Spur von seinem Mundwinkel bis zum Kinn herab, doch er war zu sehr in seinem Rausch gefangen, um es wegzuwischen. In dem männlichen Blut kreisten noch die Hormone der zerstörerischen Gewalt und hinterließen ein erregendes Prickeln auf der Zunge. Noch einen tiefen Zug, dann ließ er sein Opfer, geschwächt und dem Tode nahe, achtlos in den Schmutz sinken und wandte sich dem zweiten zu. Der hatte inzwischen von der Frau abgelassen und starrte wie versteinert den Vampir an, der ruhig nach ihm griff und ihn, als wäre er nur ein Kind, zu sich herzog. Die Beine zappelten hilflos in der Luft, als seine Lebenskraft mit seinem Blut durch die Kehle des Vampirs floss.
    Nun war seine Gier fürs Erste gestillt. Genüsslich leckte er sich die Lippen und wischte sich das Kinn mit einem spitzengesäumten Taschentuch ab, das leicht nach Vanille duftete. Lässig beugte er sich zu der halb nackten Frau hinab und zog sie hoch. Ihr Kopf fiel leblos zur Seite, doch sie lallte ein paar unverständliche Worte. Einige Augenblicke stand der Vampir in dem schmutzigen Hof hinter stinkenden Mülltonnen, den Arm fest um die Taille der bewusstlosen Frau gelegt. Ihr Kopf mit dem zerzausten Haar ruhte an seiner Schulter. Blut quoll ihr aus der Nase, aus der aufgeplatzten Lippe und einer klaffenden Wunde am Kopf, und auch die Beine herab rann es in klebrig roten Streifen. Bis auf eine zerrissene Bluse, den aufgeschnittenen BH und die Stiefeletten war sie nackt.
    Was sollte er nun mit ihr machen? Er näherte seine Nase ihrem Hals und schnupperte. Viel Alkohol und Reste eines Drogencocktails pulsierten in ihren Adern, der Crackrauch hing noch in ihrem ungewaschenen Haar. Nein, sie war für ein Dessert nicht geeignet, stellte der Vampir bedauernd fest.
    Mit einem Stöhnen regte sich Nadine und schlug die Augen auf. Peter von Borgo ließ sie los, doch sie taumelte und fiel wieder gegen seine Brust.
    „Geh, Mädchen, geh, das ist kein Ort für dich", flüsterte er und schob sie durch das finstere Tor. Sie schwankte den asphaltierten Weg entlang und fiel dann über einen auf dem Gehweg geparkten Mercedes. Mit ausgestreckten Armen blieb sie auf der Motorhaube liegen.
    „He, verschwinde von meinem Auto, du besoffene Schlampe", brüllte ein Mann in Anzug und Krawatte, der mit zwei Freunden gerade die Straße entlangkam, doch dann sah er die zerfetzten Kleiderreste und das Blut, das über die silbergraue Motorhaube floss. Mit zitternden Händen kramte er sein Handy aus der Jackentasche und wählte 110.
    Peter von Borgo schlenderte unerkannt weiter. Als er das Heiligengeistfeld erreichte, hörte er in der Ferne die Sirenen eines Peter-und eines Rettungswagens.
    Der Vampir genehmigte sich in den Wallanlagen unter einer ausladenden Rotbuche noch eine Nachspeise. Kaum zwanzig war die nächtliche Spaziergängerin, die sich mit ihrem Hund an der Seite sehr sicher gefühlt hatte. Der Rottweiler wartete geduldig, bis der Vampir von seinem Frauchen abließ. Nur einmal winselte er leise, als die kalte Hand des seltsamen Wesens ihm zum Abschied über den Kopf strich.
    Sabine Berner saß an ihrem Frühstückstisch. Das Radio plärrte, die Sonntagszeitung lag aufgeschlagen auf der einen Seite, auf der anderen ein Bericht über die Wirkung der Discodroge Ecstasy. Lustlos schob sich Sabine ihren Nutellatoast in den Mund und blätterte die nächste Seite um. Die Spurensicherung hatte festgestellt, dass sich in dem verschwundenen Päckchen in Ronjas Wohnung vermuüich größere Mengen an Ecstasy befanden. Die Paketbandreste und Teile von Füllmaterial zeigten, dass das Päckchen geöffnet worden war.

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