Der Duft des Blutes
ein Frack aus schwarzem Tuch mit Zylinder und weißen Glacehandschuhen, das weiße Hemd mit gestärkter Hemdbrust, ein zweireihiger Tuchrock, Kniehosen aus schwarzer Seide, feine, weiße Strümpfe, schmale Schnallenschuhe, eine enge Reithose aus feinem Wildleder, eine Weste aus besticktem Goldbrokat, ein knöchellanger Mantel mit drei Schultercapes und einem Pelzkragen, weiße Baumwollhemden mit hohen, gestärkten Kragen und Rüschen an den Handgelenken, Zylinder und Halsbinden...
„Haben Sie gefunden, was Sie suchen?", fragte eine Stimme, die eher neugierig denn wütend klang.
Sabine fiel der schwarze Zweispitz aus den Händen. Mit zitternden Knien erhob sie sich und starrte den Hausherrn mit zusammengekniffenen Lippen an.
„Haben Sie denn einen Hausdurchsuchungsbefehl, Frau Kommissarin?", fragte er, trat zu ihr und begann Hemden und Röcke sorgfältig wieder zusammenzulegen.
„Nein, habe ich nicht, doch ich kann mir jederzeit einen besorgen." Mechanisch wickelte sie die seidigen Halsbinden auf.
„Aber sicher!", nickte Peter von Borgo und strich ein weites Cape glatt.
Sabine erhob sich, verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn wütend an.
„Sie haben mich belogen! Ich weiß gar nicht, bei was alles", fauchte sie.
„Legen Sie mir die Anklagepunkte vor, ich werde Ihnen Rede und Antwort stehen." Der Zylinder und ein runder Filzhut wanderten wieder in die Truhe.
„Sie haben Ihre Tante gar nicht zum Konzert eingeladen, und das Kleid gehört auch offensichtlich nicht Ihrer mit fünf Jahren gestorbenen Schwester." Sie fischte ein langes schwarzes Haar von seinem Hemd und hielt es ihm vor die Nase.
„Touche!" Entschuldigend hob er die Hände. „Sie haben mich erwischt. Doch was hätte ich tun sollen? Hätten Sie das Kleid denn angenommen, wenn Sie gewusst hätten, es gehört einer anderen als meiner Schwester? Wären Sie mit mir ins Konzert gegangen, wenn ich Sie so einfach eingeladen hätte?" Er schloss den Deckel der Truhe und erhob sich.
Einen Augenblick zögerte sie. „Ich weiß es nicht, jedenfalls hasse ich es, belogen zu werden." Sie trat ganz nah zu ihm und sah ihm in die Augen.
„Ich warne Sie, das ist kein Spiel. Es geht hier um Mord, um mehrfachen Mord und um ein verschwundenes Kind. Ich lasse mich von Ihnen nicht an der Nase herumführen. Ich weiß nicht, was Sie in diesem Haus treiben, wohnen tun Sie hier jedenfalls nicht. Irgendetwas ist hier richtig faul, und ich werde es herausfinden!"
„War das nun der Fehdehandschuh?", erkundigte sich der Vampir höflich.
„Spotten Sie nur", schrie Sabine, „das Lachen wird Ihnen bald vergehen. -Das ist kein Spiel!", sagte sie noch einmal, dann lief sie aus dem Zimmer, eilte die Treppe hinunter und schlug die Haustür hinter sich zu.
„Doch, das ist ein Spiel, ein faszinierendes Spiel. Wir spielen Katz und Maus -die Frage lautet nur, wer ist die Katze, wer die Maus!"
Die Kommissarin trat wütend das Gaspedal durch, sodass der Wagen einen kleinen Satz machte. Mit einem Aufheulen brauste er an dem schwarzen Golf vorbei, der auf der anderen Seite ein Stück weiter vorn im Baurs Park stand. Der Motor wurde gestartet, Lichter flammten auf, und der Wagen hängte sich an Sabines Passat.
Sabine bemerkte den Golf, als er ihr über eine schon fast rote Ampel folgte. Das Licht der Straßenlaternen brach sich in der Schramme auf der Motorhaube. Plötzlich war die Kommissarin von ihrer Wut auf Peter von Borgo abgelenkt. War das derselbe Wagen? Verfolgte er sie? Als sie sich St. Georg näherte, blieb der Golf zurück, und sie konnte ihre Gedanken wieder dem merkwürdigen Privatdetektiv zuwenden.
Was trieb er in dem Haus, außer auf dem Flügel zu spielen? Wo wohnte er? Womit verdiente er sein Geld? Was tat er tagsüber? Was bezweckte er mit seinem Verhalten ihr gegenüber? Ein Erinnerungsfetzen schwebte vorüber. Erschreckt war er vor ihrem Kuss zurückgewichen. Sex konnte es also nicht sein. Freundschaft? Doch warum diese Lügen, diese Heimlichtuerei?
Den ganzen Freitag versuchte die Kommissarin, Peter von Borgos oder besser gesagt Peter Maschecks Leben zu rekonstruieren. Es gab eine Geburtsurkunde in Köln, dann einen Umzug nach Bremen. Nach dem Abitur schrieb sich Peter Mascheck in Hamburg zum Jurastudium ein. Dann, mit zweiundzwanzig Jahren, eine Vermisstenmeldung.
Aufmerksam blätterte Sabine die Akte durch. Es waren nur wenige Seiten, kein zahnärzdiches Gutachten. Der Zahnarzt der Familie gab zu Protokoll, dass der junge Mann zwar
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