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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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Blick auf die treu neben Alice’ Füßen kauernde Mariana.
    »Das ist zwar ein gewöhnlicher Mischling, aber Sie halten ihn wie einen Schoßhund. Er scheint mir daran gewöhnt, denn er wirkt nicht gerade wie eine Kämpfernatur.«
    Alice vergrub ihre Finger in dem Strubbelfell und hörte ein zufriedenes Grunzen.
    »Wahrscheinlich wollte Mariana schon immer ein Schoßhund sein und wartete nur auf die richtige Gelegenheit«, sagte sie. »Doch der goldene Käfig ist nur dann wirklich schön, wenn man ihn ab und an auch verlassen darf und dann freiwillig zurückkehrt.«
    Zu ihrem Staunen huschte ein Lächeln über Rosarios Gesicht.
    »So reden nur Menschen, die im goldenen Käfig aufwuchsen. Wer die harte Welt da draußen wirklich kennt, der lässt sie gern auf Dauer hinter sich.«
    Alice staunte über den ernsten, fast schwermütigen Unterton, der mühsam hinter leichter Konversation verborgen wurde.
    »Es gibt hier Kojoten und vielleicht auch Jaguare, die sich mit Freuden auf so eine gutmütige Kreatur stürzen würden«, fügte Rosario hinzu, wobei ihr Blick Mariana kurz streifte. Alice legte ihre Hand schützend auf den Kopf ihrer Hündin, als könne sie allein dadurch alle gierigen Raubtiere der Welt abwehren.
    »Ich gehe natürlich mit ihr nach draußen. Wir drehen nur eine kleine Runde, dann kommen wir wieder zurück. Bitte geben Sie den Wächtern Bescheid, damit es keine Schwierigkeiten gibt.«
    »Ja, natürlich. Aber möchten Sie nicht lieber einen bewaffneten Begleiter haben, für alle Fälle?«
    Alice schüttelte den Kopf.
    »Nein, vielen Dank. Ich möchte ein bisschen allein sein, verstehen Sie? Ich bleibe in der Nähe der Hazienda, machen Sie sich keine Sorgen.«
    Nun war es entschieden. Sie konnte nicht mehr zurück, hatte aber auch keinen Augenblick gezögert, Andrés’ Einladung anzunehmen, trotz ihrer Erfahrung in San Cristóbal de las Casas.
    »Wie Sie meinen, Fräulein Wegener. Aber beeilen Sie sich bitte, damit wir uns nicht wieder Ihretwegen Sorgen machen müssen«, sagte Rosario mit einem Seufzer. Alice nahm die angedeutete Rüge zur Kenntnis. Eigentlich konnte sie es den Bohremanns kaum verübeln, dass sie ihre baldige Abreise herbeiwünschten, denn sie hatte ihnen bisher hauptsächlich Ärger gemacht.
    Da ein frischer Wind wehte, holte sie einen Schal aus ihrem Zimmer und kraulte Mariana.
    »Du willst sicher mal ein bisschen herumtollen, ohne dass sich jemand aufregt«, flüsterte sie. Dann fiel ihr ein, dass sie Mariana in Berlin würde beibringen müssen, an einer Leine zu laufen. Sie verdrängte diesen Gedanken, denn im Augenblick gab es genug andere Probleme, mit denen sie sich auseinandersetzen musste.
    Gemeinsam durchquerten sie den Patio, danach den Außenhof und traten schließlich ins Freie. Die paar Hütten schienen leer zu sein, da ihre Bewohner wohl gerade ihren Pflichten im Herrenhaus nachgingen. Mariana rannte los, sprang über wild wucherndes Gras und vereinzelte Felsen. Dennoch drehte sie sich immer wieder nach Alice um, als habe sie Angst, deren Schutz und Fürsorge könnten so schnell verschwinden, wie sie gekommen waren. Alice ging langsam, denn sie wollte den Eindruck vermeiden, dass sie nach jemandem suchte. Vielleicht saßen in den vermeintlich leeren Hütten doch Leute, die sie beobachteten und ihr Verhalten der Hausherrin melden würden.
    Wahrscheinlich würde Andrés gar nicht kommen. Es wäre Irrsinn, sich in die Nähe einer Hazienda zu wagen, deren Besitzer gerade die Gegend nach ihm durchsuchte. Marcella hatte sich vielleicht einen Scherz mit ihr erlaubt und erzählte den anderen Bediensteten gerade, wie leichtgläubig die junge Fremde war und dass sie einem Indio-Mann entgegeneilte wie eine läufige Hündin.
    Alice schlang den Schal enger um sich, da ein kalter Wind wehte. Dieses Land war ebenso unwirtlich wie mächtig und mitreißend. Sie konnte sich nicht vorstellen, hier jemals heimisch zu werden.
    Gerade wollte sie den Rückweg zur Hazienda einschlagen, als sie drei Gestalten entdeckte, die ihr aus der entgegengesetzten Richtung entgegenkamen. Es waren gewöhnliche Indios in den üblichen gestreiften Umhängen, über deren Schultern Säcke hingen. Als Alice ihnen erwartungsvoll und gleichzeitig ratlos entgegenblickte, bogen sie plötzlich ab, um einen weiten Bogen um die Hazienda zu machen. Alice blieb stehen. Sie kam sich dumm vor. Wahrscheinlich waren das gewöhnliche Bauern auf dem Weg zum nächsten Märkt, die sich fragten, warum eine fremde blonde Frau hier

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