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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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stellen.“
    Und da war es wieder, das Thema, das niemals verschwinden würde.
    Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich ihr davon erzählen sollte. Nicht den Teil über den Sex im Zug und meine Identität als italienische Filmdiva aus den Siebzigern. Ich war mir sicher, dass meine Mom das nicht hören wollte. Aber von den kurzen Aussetzern, dem Duft von Orangen. Doch ich tat es nicht. Nicht nur weil ich ihr keine Sorgen machen wollte, sondern weil ich nicht wollte, dass sie recht hatte.
    „Mir geht es wirklich gut, Mom.“ Bei der Lüge wurde meine Kehle ganz eng, und meine Augen brannten. Ich war froh, dass wir uns nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Dann wäre ich mit dieser Lüge niemals davongekommen.
    „Wo bist du eigentlich? Da sind so viele Hintergrundgeräusche.“
    „Ach das. Ich bin im Coffeeshop.“
    Meine Mom lachte. „Schon wieder? Wenn du so weitermachst, wirst du dich noch selber in eine Tasse Kaffee verwandeln.“
    „Besser als in einen Kürbis“, sagte ich. Jen bahnte sich ihren Weg zurück zu unserem Tisch, wobei sie zwei Teller und zwei Becher in den Händen balancierte. „Menschen, die Kaffee lieben,sagen, sie können nicht ohne ihn leben. Kürbisse werden hingegen nur zu Suppen verarbeitet.“
    „Du bist eine verrückte Nudel“, sagte meine Mutter liebevoll. „Rufst du mich morgen an?“
    „Klar. Mach ich, Mom. Bis dann!“ Wir legten in dem Moment auf, als Jen sich wieder an den Tisch setzte und mir Teller und Becher hinüberschob.
    „Deine Mom muss ziemlich cool sein“, sagte sie.
    „Sie kann es zumindest sein. Oh Gott! Chocolate Fudge Chip mit Toffee-Glasur? Das ist kein Muffin, das ist ein Upgrade auf die nächste Jeansgröße!“
    Jen leckte sich eine Fingerspitze ab. „Genau so, wie er es mag.“
    Ich musste nicht fragen, wen sie damit meinte.
    „Ach ja?“ Sie grinste. „Du bist mir ja eine Stalkerin.“
    Unsere Unterhaltung löste sich von dem verführerischen Thema Johnny Dellasandro, vielleicht, weil er da war und uns hätte hören können, vielleicht auch, weil er in Begleitung einer Frau war, was es irgendwie fad machte, sich Fantasien über ihn hinzugeben. Vielleicht lag es auch daran, dass Jen und ich andere Themen hatten, über die wir sprechen konnten, wie unsere liebsten Fernsehsendungen und Bücher oder den süßen Typ, der in unserem Viertel Pizza auslieferte. All die schönen Dinge, über die sich gute Freundinnen bei Kaffee und Gebäck eben so unterhielten.
    „Ich sollte jetzt langsam los“, sagte ich mit einem Seufzer und spülte das letzte Stück Muffin mit dem letzten Schluck Kaffee herunter. Ich tätschelte meinen Bauch. „Ich platze sonst noch, und außerdem warten zu Hause ein Stapel Wäsche und ein paar Rechnungen, die bezahlt werden wollen.“
    „Ein schöner, ruhiger Sonntagnachmittag.“ Jen seufzte glücklich. „Das sind die besten. Sehen wir uns morgen früh?“
    „Vermutlich schon. Ich werde mir bestimmt einen Coffee to go rausholen. Ich weiß, ich sollte ihn mir zu Hause kochen, aber … irgendwie schmeckt er bei mir nie so gut. Und außerdem ist es irgendwie Verschwendung, eine ganze Kanne zu kochen, wenn ich nur einen Becher mitnehmen will.“
    Jen zwinkerte mir grinsend zu. „Und außerdem gibt es hier so viel mehr fürs Auge.“
    Das stimmte natürlich auch.
    Sie verließ den Laden vor mir, was nicht etwa daran lag, dass ich für das Anziehen meines Mantels extra lange brauchte, weil ich versuchte, einen Blick auf Johnny zu erhaschen. Ich warf einen letzten Blick über die Schulter zu ihm, während ich die Tür aufdrückte und die Glocke ertönen ließ. Ich hoffte, er würde aufschauen aber er war immer noch in die Unterhaltung mit der Frau vertieft, von der niemand wusste, wer sie war.
    Erst sehr viel später an diesem Abend – nachdem die Rechnungen bezahlt und die Wäsche gewaschen, getrocknet, zusammengelegt und weggeräumt war– fiel mir die Kette in meiner Manteltasche wieder ein. Ich suchte überall, sogar in meiner Jeanstasche, obwohl ich wusste, dass ich sie nicht dort hineingesteckt hatte. Keine Kette. Irgendwo und irgendwie hatte ich sie verloren.
    Wie ich zu Jen schon gesagt hatte, war das nicht weiter schlimm. Es war kein Schmuckstück, an das ich sentimentale Erinnerungen knüpfte, und es war auch nicht teuer gewesen. Trotzdem störte es mich, dass ich sie verloren hatte. Ich hatte schon vorher Sachen verloren. Sie irgendwo hingelegt, als mich eine Episode erwischte, und mich danach nicht mehr

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