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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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übersahen, die die Hände ausstreckten und » Bakschisch« riefen – um ein Almosen bettelten.
    Jetzt wurde mir klar, wie verletzlich diese Frauen mit ihren unbedeckten Gesichtern wirkten, in denen jeder offen lesen konnte, und mit ihren unbedeckten Armen und Beinen, die sie beinahe nackt erschienen ließen.
    Obwohl es in Wirklichkeit nur ein paar Wochen her war, seit ich beschlossen hatte, mich äußerlich in eine Marokkanerin zu verwandeln, schien es eine Ewigkeit her zu sein, dass ich in der Medina, fern der Sicherheit und vertrauten Atmosphäre der europäischen Enklave, ebenso ungeschützt und verwundbar gewesen war wie diese Frauen. Und plötzlich war es für mich aus einem unerfindlichen Grund wichtig, mich von diesen Frauen abzugrenzen, die nur an sich und die Erfüllung ihrer belanglosen Wünsche dachten.
    Als die vier Wochen verstrichen waren, von denen Aszulay gesprochen hatte, zählte ich eines Morgens mein Geld. Wenn ich so gut wie nichts aß, würde ich vielleicht noch zwei Wochen bleiben können. Keines meiner Bilder war verkauft worden; ich fragte alle paar Tage im Hotel nach. Ich hatte drei weitere gemalt, doch nun waren mir Papier und einige der Farben ausgegangen, und ich konnte es mir nicht leisten, weiteren Malbedarf zu kaufen.
    Doch wenn erst Etienne wieder in Marrakesch war, so sagte ich mir, würde alles wieder ins Lot kommen.
    Wie jeden Morgen begab ich mich zu dem schäbigen Empfangstresen des Hotels und fragte, ob jemand eine Nachricht für mich hinterlassen habe. Der Mann, der meistens dort saß – neben ihm gab es noch drei oder vier weitere Mitarbeiter –, warf einen Blick in die Fächer hinter ihm und schüttelte den Kopf. » Leider nein.«
    Ich bedankte mich, doch als ich mich zum Gehen wandte, sagte er, während eine leichte Röte seine Wangen überzog: » Ich weiß, dass Sie Amerikanerin sind. Aber die anderen Gäste …« Er unterbrach sich, ehe er weitersprach, offensichtlich war es ihm peinlich, was er mir mitzuteilen hatte. » Sie sagen, sie wohnen hier, weil es ein Hotel für ausländische Gäste ist, für Besucher aus Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien. Und aus Amerika.«
    » Und?«
    Schweißperlen standen auf seiner Stirn. » Es tut mir leid, Mademoiselle. Aber es ist unangebracht, dass Sie sich wie eine muslimische Frau kleiden, während Sie hier zu Gast sind. Es stört die anderen Gäste. Es gab Beschwerden, verstehen Sie. Wenn Sie auf dieser Kleidung bestehen, muss ich Sie bitten, das Hotel zu verlassen.«
    » Ich verstehe«, sagte ich, drehte mich um und ging auf die Straße hinaus.
    Als ich aus der schummrigen Hotelhalle trat, musste ich erst einmal gegen das grelle Licht anblinzeln, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Dann sah ich ihn.
    Auf dem Gehsteig vor dem Hotel stand Aszulay. Er trug seine blauen Gewänder und hatte das Ende des Turbans um die untere Gesichtshälfte geschlungen. Er blickte die Straße hinunter, sodass ich sein teilweise bedecktes Profil sah, und einen Augenblick lang hielt ich den Atem an.

ACHTUNDZWANZIG
    M ein Atem beschleunigte sich, als ich auf ihn zutrat. Ich schob meine Aufregung darauf, dass ich hoffte, von ihm Neuigkeiten über Etienne zu erfahren.
    Als er meine Schritte vernahm, drehte er den Kopf in meine Richtung und wandte sich sogleich wieder ab.
    Ich rief seinen Namen, und er sah mich erneut an, dann fragte er mich etwas auf Arabisch.
    Ich zog den Gesichtsschleier herunter, woraufhin er unwillkürlich einen Schritt zurückwich. » Mademoiselle O’Shea«, sagte er. Dann, nach einem kurzen Moment des Zögerns: » Aber warum sind Sie …«
    » Aszulay, haben Sie Neuigkeiten für mich? Ist Etienne zurückgekehrt?«
    » Manon hat einen Brief bekommen.« Er nahm das Ende seines Turbans aus dem Gesicht, das zuvor seine untere Gesichtshälfte bedeckt hatte. Ich hatte ganz vergessen, wie weiß seine Zähne waren. Von der Arbeit in der sengenden Sonne war seine Haut dunkler geworden, wodurch das Blau seiner Augen noch intensiver wirkte.
    Ich trat näher. » Einen Brief von Etienne?«
    Er nickte. » Er ist gestern angekommen.«
    Ich wartete, doch sein Gesichtsausdruck verriet mir, was er mir sagen würde. » Es tut mir leid, aber er hat geschrieben, dass er vorerst nicht zurückkommen kann. Vielleicht in ein paar Wochen oder erst in einem Monat.«
    Ich schluckte. Noch ein paar Wochen, einen Monat. So lange konnte ich nicht bleiben; mein Geld ging zur Neige. » Aber …« Ein Gedanke schoss mir durch

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