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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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unseren Eimern in den Händen. Wir betraten einen großen dampfigen Raum, an dessen Stirnwand sich zwei hohe Wasserbecken befanden. Einige Frauen saßen auf dem Steinboden und rubbelten sich ab oder ließen sich von einer tayeba abrubbeln. Kleine Kinder krabbelten nackt auf dem feuchten Boden herum. Ein Baby von ungefähr sechs Monaten saß in einem Kübel und lachte, während seine Mutter es mit Wasser beträufelte. Meine tayeba bedeutete mir, mich neben eines der Wasserbecken zu stellen, nahm dann einen meiner Eimer, füllte ihn mit Wasser und leerte ihn über mir aus. Ich keuchte, denn es war heißer, als ich erwartet hatte. Sie wiederholte die Prozedur einige Male, bis ich vollständig nass war. Dann füllte sie den Eimer nochmals und forderte mich auf, mit ihr zu kommen, ehe sie zu einer freien Stelle an der gegenüberliegenden Wand ging. Der Boden neigte sich zu den Wasserbecken hin, und das Wasser lief durch eine Rinne darunter ab. Die tayeba gab mir zu verstehen, mich auf den Boden zu setzen. Meine Haut war von Wasser und Dampf bereits aufgeweicht. Sobald ich auf dem Boden saß, machte sich die Frau daran, mich mit einem der rauen kese abzurubbeln, die sie einem meiner Eimer entnommen hatte. Ich hielt den Atem an, denn es tat weh. Sie rieb und rubbelte, hielt zuerst den einen Arm hoch und rubbelte, dann den anderen, als wäre ich ein kleines Kind, drückte meinen Kopf nach vorn, um meinen Nacken gründlich abzureiben. Währenddessen sah ich zu, wie sich die abgestorbenen Hautschuppen von meinen Beinen und Armen kringelten und meine Haut feuerrot wurde. Schließlich setzte sie sich mir gegenüber hin, nahm meinen linken Fuß und legte ihn sich in den Schoß. Sie zauberte einen rauen Stein aus den Falten ihrer fota und schabte damit so kräftig meine Fußsohle ab, dass ich blinzeln musste. Sie wiederholte die Prozedur mit dem rechten Fuß, um gleich wieder in der Bewegung innezuhalten. Sie warf mir einen Blick zu und fragte etwas auf Arabisch. Ich vermutete, dass sie wissen wollte, ob sie mir wehtat. Ich schüttelte den Kopf, worauf sie sich erneut über den Fuß beugte und ebenso kräftig die Hornhaut abschabte wie beim anderen.
    Es war so schummrig im Raum – nur wenige Lampen an den Wänden spendeten ein flackerndes Licht –, dass ich die anderen Frauen nur schemenhaft wahrnahm. Dennoch konnte ich sehen, wie eine Frau in meiner Nähe eine schlammige Paste in die Achselhöhlen gab und sie dann schnell wieder abspülte. Offensichtlich entfernte sie sich die Haare.
    Zum Schluss nahm die tayeba eine Hand voll aus dem Behältnis mit der schwarzen Oliven- und Rosenseife, das ich mitgebracht hatte, und schäumte mich damit ein. Sie fühlte sich an wie zerlassene, warme Butter auf meiner Haut, und ich schloss die Augen, um die wohltuende Behandlung zu genießen, während sie mich von Kopf bis Fuß einrieb; mit den Händen fuhr sie sogar unter meine fota, um die Oberschenkel einzuseifen. Immer wieder seifte sie mich ein und spülte mich wieder ab. Schließlich trat sie hinter mich und begann, mein Haar und die Kopfhaut zu kneten. Ich tastete mit der Hand nach oben und fühlte eine grießige Substanz, die wie Lehm anmutete. Dann roch ich an den Fingern und machte Lavendel- und abermals Rosenduft aus. Nachdem sie gründlich meine Haare ausgespült hatte, reichte sie mir die beiden Eimer, führte mich in einen anderen Raum und ließ mich dort zurück.
    Hier war es ebenso heiß wie im ersten, aber weniger dampfig. In ein Badetuch gehüllte Frauen lagen in bequemer Position auf dem Boden und plauderten ausgelassen miteinander. Mir ging auf, dass das Hamam nicht nur eine rituelle Badeanstalt war, sondern obendrein eine ähnliche Funktion erfüllte wie die Dächer: Es war ein Refugium für Frauen, wo sie sie selbst sein konnten. In einer Kultur, in der alles strikt zwischen Männern und Frauen getrennt war und sich Letztere stets im Hintergrund zu halten hatten und allenfalls als unkenntliche Schatten in der Öffentlichkeit herumhuschten, war dies ein Ort der Freiheit und Kameraderie. Ich entdeckte eine freie Stelle an der Wand, breitete ein weiteres Tuch aus meinem Eimer auf dem warmen Steinboden aus und setzte mich darauf. Ich streckte die Beine aus, strich mir das nasse Haar aus den Augen und betrachtete die Frauen um mich herum.
    Die Bandbreite der Hauttöne reichte von einem blassen bis lohfarbenen Teint über ein warmes Milchkaffeebraun bis zu dunklem Kaffeebraun. Bei manchen Frauen bemerkte ich tiefe Narben und

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