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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Geschwistern zurück.
    » Willst du nicht mit ihm spielen?«, fragte ich, doch Badou antwortete erneut mit einem Kopfschütteln. Er hatte die Orangenhälfte immer noch nicht gegessen, sondern hielt sie in der Hand. Saft tropfte von seinen Fingern.
    Die Kinder hoben Steine vom Ufer auf, warfen sie hoch in die Luft und sahen zu, wie sie ins Wasser plumpsten. Schließlich stand Badou auf und aß die Orange, indem er Scheibe um Scheibe ablöste. Dann hob auch er einen Stein auf und tat es den Kindern gleich. Er warf ihn hoch in die Luft und beobachtete, wie er ins Wasser fiel. Er wiederholte es und näherte sich langsam den Kindern. Mein Herz begann etwas schneller zu schlagen; ich wünschte mir so sehr für Badou, dass er weniger Angst hatte, und hoffte, er würde sich zu ihnen gesellen und wie ein ganz normaler Junge mit ihnen spielen.
    Schließlich watete er bis zu den Knien ins Wasser und stellte sich zu den dreien, um wie sie Steine in die Luft zu werfen.
    Erleichtert stand ich auf und schlenderte ein Stück weit am Ufer entlang, während ich immer wieder stehen blieb, um einen nassen, in der Sonne glänzenden Stein aufzuheben. Ich blickte zu Badou zurück und sah, dass er noch immer im Wasser stand. Er beobachtete jetzt das Kleinkind, das sich inzwischen von den älteren Geschwistern entfernt hatte und sich an das Gewand seiner Mutter klammerte, während sie geschäftig hin und her ging. Ich fragte mich, wo Aszulay abgeblieben war.
    Kurz darauf rief die Mutter die beiden älteren Kinder zu sich, und sie stiegen aus dem Wasser und liefen zu der Stelle, wo sie Essen ausgebreitet hatte.
    Badou sah sich suchend nach mir um. Als er mich entdeckte, kam er plantschend durch das Wasser auf mich zu. Er lächelte, und ich sah, wie er mit der Zungenspitze an dem losen Zahn spielte. Als er mich erreicht hatte, bückte ich mich und umarmte ihn. Ein Anflug von Stolz überkam mich angesichts der kleinen Mutprobe, die er bestanden hatte. Er roch nach Orange.
    » Komm, lass uns Steine sammeln«, sagte ich, doch das tat er nicht. Stattdessen hielt er sich hinter mir, während ich langsam dem Bachufer folgte, und klammerte sich an meinem Kaftan fest.
    Schließlich setzten wir uns in den Schatten der Bäume. Die Familie hatte fertig gegessen, und der Vater hielt in der Sonne ein Nickerchen. Die Mutter saß mit dem Rücken an einen Baum gelehnt und hielt das jüngste Kind in den Armen; der Kleine war an ihrer Schulter eingeschlafen. Die anderen beiden Kinder saßen sich im Schneidersitz gegenüber und häuften Steine auf. Die Esel grasten in der kargen Vegetation, die zwischen den Felsen wuchs. Nur das Plätschern des Bachs war zu hören sowie das Rascheln der langen, schlanken Blätter in der sanften Brise und das Rupfen der Esel an den dürren Gräsern.
    Badou legte sich hin und bettete den Kopf in meinen Schoß. Als er die Augen schloss, sah ich, wie seine langen Wimpern Schatten auf seine Wangen warfen.
    Als Aszulay zurückkam, saßen wir noch immer so da. » Er schläft«, sagte ich leise, eine Hand auf Badous Kopf. » Magst du etwas essen?«
    Er schüttelte den Kopf. » Wir müssen bald wieder los, damit wir nicht so spät ankommen.« Er blickte gen Himmel und wirkte seltsam distanziert; ich vermutete, dass er wegen der noch vor uns liegenden Wegstrecke angespannt war. Er spritzte sich Wasser in Gesicht und Nacken und benässte sich das Haar. In der Sonne hatte es einen blauschwarzen Glanz, und winzige Wassertropfen glitzerten darin. Dann setzte er sich neben uns.
    » Du hast vorhin gefragt, warum Badou nicht zur Schule geht«, sagte er und blickte auf den Jungen hinunter. » Aber das ist völlig ausgeschlossen.«
    » Aber warum denn?«
    » Seine Mutter lässt ihn nicht als Moslem aufwachsen, also gilt er als Ungläubiger und darf weder eine Moschee noch eine madrasa – eine Schule – betreten, wo den Kindern der Koran gelehrt wird. Und eine der französischen Privatschulen in der Ville Nouvelle kann er auch nicht besuchen, weil er offiziell nicht französischer Abstammung ist. Kurz und gut, es gibt keine Schule, in der Badou willkommen wäre.«
    » Aber … Manon will doch gewiss, dass er eine Schulbildung bekommt«, sagte ich. » Warum bringt sie ihm nicht wenigstens Lesen und Schreiben bei? Sie ist eine intelligente Frau, das zumindest kann man ihr nicht absprechen.« Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme sarkastisch klang, obwohl ich es nicht wollte. Schließlich hatte ich stets im Hinterkopf, dass er Manon liebte,

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