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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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trotz ihrer Verschlagenheit und grausamen Ader.
    Aszulay sah mich an und berührte dann Badou an der Schulter.
    » Wir müssen weiterfahren«, sagte er, und Badou stand schläfrig auf.
    Wir folgten der Piste die Anhöhe hinauf, die Aszulay zuvor erklommen hatte, und nun sah ich, dass oben ein Friedhof lag. Warum hier, in dieser Einsamkeit des bled?, fragte ich mich. Die kleinen spitzen Steine, die auf dem leicht ansteigenden Feld aus der Erde ragten, erinnerten mich an unregelmäßige Reihen schartiger Zähne.
    Je weiter wir fuhren, desto unruhiger und besorgter wurde ich. Was würde Aszulays Frau von mir halten, einer Ausländerin, die mit ihrem Mann und dem Kind einer anderen Frau in ihr Dorf kam? Am liebsten hätte ich Aszulay nach seiner Frau gefragt.
    Plötzlich wünschte ich, nicht mitgekommen zu sein. Ich hätte auf die leise Stimme in meinem Kopf hören sollen und auf Manon, als sie verkündete, er habe eine Frau.
    » In nicht ganz einer Stunde sind wir da«, sagte Aszulay.
    Ich nickte und blickte aus dem Beifahrerfenster.

DREIUNDDREISSIG
    D as Ourika-Tal«, sagte Aszulay nach einer Weile. Wir fuhren jetzt durch ein Tal, das von Plantagen und Ackerbau geprägt war. Es gab Dattelhaine, und ein betäubender Geruch nach Minze und Oleander lag in der Luft. Ich erkannte Aprikosen-, Granatäpfel- und Feigenbäume. Es war ein grünes, fruchtbares Tal, in dem grüne Getreidestauden in der sanften Brise wogten. Links und rechts davon türmten sich die Berge. An den Hängen, den Ausläufern des Atlasgebirges, erblickte ich kleine Dörfer. Deren Häuser, kaum mehr als Hütten, waren pisé- Bauten, wie Aszulay mir erklärte, und wurden aus Stampflehm, der roten Erde der Umgebung vermischt mit Stroh, errichtet. Die Sandpisten, die sich zwischen den Weilern schlängelten, waren bevölkert von Frauen, die Säcke oder Holzbündel auf dem Rücken schleppten und nicht selten auch noch ein Kind in einem Tuch auf der Hüfte oder vor der Brust trugen. Ich musste immer wieder schlucken und hatte leichte Kopfschmerzen. Ich legte die Hand an die Stirn, und Aszulay sah mich kurz von der Seite an.
    » Die Höhe macht dir zu schaffen«, sagte er. » Trink Wasser.« Ich nahm den Wasserschlauch aus Ziegenhaut, der hinter dem Sitz verstaut war, und trank. Dann ließ ich auch Badou trinken, doch als ich ihn Aszulay reichen wollte, schüttelte er den Kopf.
    Das Tal wurde schmaler und stieg leicht an. Und plötzlich endete die Piste. Als wir ausstiegen, hörte ich ein lautes Rauschen. Aszulay lud die Säcke von der Ladefläche des Lasters, schwang sie sich über eine Schulter und hob die Lattenkiste mit den Hühnern auf die andere. Dann bedeutete er mir, meine Tasche zu nehmen und mitzukommen. » Haik und Schleier kannst du getrost im Wagen lassen, die brauchst du hier nicht.« Nur im Kaftan folgte ich ihm mit Badou an der Hand in Richtung des rauschenden Wassers. Plötzlich sah ich, woher das Rauschen rührte: Es handelte sich um den Zusammenfluss von sieben Wasserfällen, die jenseits eines kleinen Dorfes eine Felswand hinabstürzten. Vorsichtig machten wir uns an den Abstieg über einen schmalen Trampelpfad, der von unzähligen Hufen und Füßen ausgetreten war.
    Als ich merkte, dass ich Mühe hatte, das Gleichgewicht zu halten, hob ich einen Ast vom Wegrand auf, um ihn als Stock zu benutzen. Badou, der in seinen kleinen babouches mit ihren glatten Sohlen rutschte, hielt sich an meinem Kaftan fest. Aszulay, der seine babouches ausgezogen hatte und den steilen Pfad barfuß hinunterging, drehte sich zu uns um.
    » Wartet«, sagte er und lief voraus, bis er etwa die Mitte des Pfads erreichte. Dort stellte er die Säcke und Hühnerkiste auf den Boden. Dann ging er in die Knie, nahm ein Bröckchen der roten Erde und führte es zum Mund. Ich beobachtete ihn neugierig. Ich hatte keine Ahnung, warum er die Erde kostete, war aber irgendwie berührt, denn sein Tun zeigte mir, wie tief er mit seinem Land verbunden war. Dann kam er zu uns zurück und hob Badou hoch, der den Arm um Aszulays Hals schlang. Dieser streckte die Hand nach mir aus, und ich ergriff sie, in der anderen Hand noch immer den Stock. Langsam gingen wir den unebenen Fußweg hinunter. Aszulays Hand umschloss meine mühelos; sie war warm und trocken. Ich wusste, dass meine feucht war, nicht nur weil es mich Mühe kostete, die Balance zu halten, sondern auch weil ich voll banger Erwartung war und nicht wusste, was mich im Dorf erwartete.
    Als wir am Fuße des Pfades ankamen, ließ er

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