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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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hennaverzierten Hand hinab, dann ergriff er sie und sah mich an. Wieder dachte ich an den Blick, den wir in der Nacht zuvor getauscht hatten, und konnte ihm nicht länger in die Augen sehen. Er fuhr mit dem Daumen über meinen Handballen und berührte sanft die verheilte Wunde.
    Als ich den Kopf wieder hob, sah er mich noch immer an.
    Im flackernden Kerzenschein wirkten seine hohen Wangenknochen wie gemeißelt. Am liebsten hätte ich sein Gesicht berührt. Er beugte sich näher zu mir und schaute auf Badou hinunter.
    » Er schläft tief und fest«, sagte ich leise, weil ich nicht wollte, dass er sich von dem Kind abhalten ließ.
    Und als sich Aszulay wieder aufrecht auf seinen Platz zurücksetzte, durchfuhr mich ein Stich der Enttäuschung. » Wie wär’s, wenn du mir eine Geschichte erzählst, um uns die Zeit zu vertreiben«, sagte er sanft. Seine Hand umschloss meine fester. » Eine Geschichte aus Amerika. Die von einer amerikanischen Frau handelt.«
    Ich wagte kaum zu atmen und schüttelte den Kopf. » Nein, du zuerst. Erzähl du mir zuerst von dir.«
    » Da gibt es wenig zu erzählen.«
    » Ach komm, eine kleine Geschichte, nur um die Zeit zu vertreiben, wie du selbst gesagt hast. Und dann erzähle ich dir meine.«
    Mit der anderen Hand streichelte er über Badous Haare. » Als ich dreizehn war, hat Monsieur Duverger mich gekauft, um Manons Mutter bei der Arbeit zu helfen.«
    Ich sog scharf die Luft ein. » Du warst also ein Sklave?«
    » Nein, ein Sklave war ich nicht. Ich bin ein Tuareg, wie du weißt.«
    » Aber … du sagtest, er hätte dich gekauft?«
    Er zuckte die Schultern. » Kinder werden oft vom Land in die Stadt geschickt, um dort zu arbeiten. Die Kinder aus dem bled sind harte Arbeit gewohnt. Sie beklagen sich nie und sprechen nur wenig.«
    » Aber ich kann keinen Unterschied zu Sklaverei entdecken.«
    » Früher wurden aus anderen Teilen Afrikas Sklaven ins Land gebracht. Die Karawanen transportierten Salz, bisweilen Gold, Bernstein oder Straußenfedern, aber auch schwarze Sklaven aus Mali und Mauretanien. Doch heute gibt es keine Sklaven mehr. Die Kinder und Jugendlichen vom Land, die in der Stadt arbeiten, das ist etwas anderes. Ihre Familien bekommen zwar eine gewisse Summe, und die Kinder arbeiten als Dienstboten, erhalten aber einen kleinen Lohn und dürfen ein paar Mal im Jahr zu ihrer Familie zurückkehren, sofern sie wissen, wo sie sich gerade aufhält. Wenn die Kinder ein gewisses Alter erreicht haben, ist es ihnen freigestellt, ihre Stelle zu verlassen. Manche tun es und kehren ins bled zurück, andere bleiben in der Stadt und nehmen eine andere Arbeit an, und wieder andere bleiben jahrelang derselben Familie treu. Für manche wird sie eine Art Ersatz für die Familie, die sie auf dem Land zurückgelassen haben.«
    Noch immer schaukelte der Lastwagen leicht vor und zurück, ein steter Rhythmus. Doch nun, da ich im sanften Kerzenschein mit Aszulay dasaß, meine Hand in seiner und zwischen uns der schlafende Badou, empfand ich es als tröstend.
    » Ich habe dir ja erzählt, dass mein Vater früh starb, als wir noch als Nomaden lebten«, fuhr Aszulay fort. » Mit zwölf war ich noch zu jung, um allein eine Karawane anzuführen, und ich wollte mich auch nicht einer anderen anschließen. Als Junge wäre ich von den erwachsenen Männern nicht respektiert worden. Also beschloss ich, unsere Kamele zu verkaufen und in der Stadt zu arbeiten. Meine Mutter war zunächst dagegen. Doch ich wusste, dass sie für mich eine gewisse Summe bekommen würde und ich sie mit meinem Lohn aus der Stadt fortwährend unterstützen könnte, um sich und die beiden Mädchen zu ernähren. Außerdem war sie im Dorf gut aufgehoben.«
    » Aber werden Kinder nur an Franzosen oder auch an Marokkaner verkauft?«
    » Sowohl als auch, obwohl die Nomadenkinder bei den Franzosen nicht so gern gesehen sind, aufgrund der kulturellen Unterschiede und weil sie eine andere Sprache sprechen. Wie auch immer, es war kein schlechtes Leben, Sidonie. Wir Menschen vom Land sind es gewohnt, hart zu arbeiten, und so können wir auch die Arbeit in der Stadt gut ertragen. Arbeit ist Arbeit. Mit dem Unterschied, dass man in der Stadt nie hungern muss. In meinem früheren Leben war das nicht so. Wenn Kamele starben oder die Ziegen aus irgendeinem Grund keine Milch gaben, hatten wir manchmal nicht genügend zu essen.«
    Ich dachte an den Jungen im Hôtel de la Palmeraie, der Orangensaft auf mein Zimmer gebracht hatte, als Aszulay und Badou mich

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