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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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später ging ich nach Spanien.«
    » Nach Spanien?« Ich sah ihn an.
    Er nickte. » Zuerst lebte ich in Malaga, dann Sevilla und schließlich in Barcelona. Spanisch zu lernen, fiel mir nicht schwer, denn es ist mit dem Französischen verwandt. Ich fuhr oft nach Frankreich hinüber. Es war eine gute Zeit damals. Ich habe viel über die Welt entdeckt und über die Menschen. Einen Freund in Marrakesch hatte ich gebeten, das Geld, das ich regelmäßig schickte, meiner Mutter zu bringen. In Spanien verdiente ich in einem Jahr mehr, als ich in Marokko in vielen Jahren verdient hätte. Es gab überall Arbeit.«
    Mit seinem dichten, welligen schwarzen Haar, der schmalen Nase und den gesunden weißen Zähnen in dem dunklen Gesicht hätte er leicht als Spanier durchgehen können. Ich stellte ihn mir als Europäer gekleidet vor.
    Mein Bild von ihm wurde immer klarer. » Und wie lange hast du in Spanien gelebt?«
    Eine Zeit lang war er still, dann erwiderte er: » Fünf Jahre.«
    » Das ist eine lange Zeit. Hast du je daran gedacht, für immer dort zu bleiben?«
    Er streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern über die Flammenspitze. » Zwei Jahre davon saß ich in Barcelona im Gefängnis.«
    Ich schwieg, wartete, dass er fortfuhr.
    » Damals war ich ein Hitzkopf. Ich war in eine Schlägerei geraten, bei der einer der gegnerischen Gruppe schwer verletzt wurde.« Seine Stimme klang emotionslos, während er noch immer die Hand über der Flamme hin- und herbewegte. » Ich weiß nicht, wer die schlimmsten Fausthiebe austeilte, niemand hätte es hinterher sagen können. Es war ein gewaltvoller, sinnloser Kampf, eine Schlägerei zwischen jungen Männern, die außer Kontrolle geraten war. Und weil einer der Beteiligten schwer verletzt wurde, steckte man uns alle hinter Gitter.«
    » Für zwei Jahre«, sagte ich.
    » Im Gefängnis hat man Zeit zum Nachdenken. Ich hatte nur noch einen Gedanken: nach Marokko zurückzukehren. Ich sagte mir, wenn ich das Gefängnis überleben und meine Heimat wiedersehen würde, dann würde ich in die Wüste zurückgehen und wieder ein Leben als Nomade führen. Nach dem, was ich im Gefängnis erlebte, wünschte ich mir nur noch dieses einfache Leben zurück. Hinzu kam, dass meine Mutter nicht wusste, was mir zugestoßen war. Der Gedanke, dass sie mich möglicherweise für tot hielt, tat mir in der Seele weh. Ich hegte bittere Schuldgefühle, weil ich mein Leben einfach so vergeudet hatte – zumindest diese zwei Jahre meines Lebens.«
    » Also hast du nach deiner Freilassung deinen Plan in die Tat umgesetzt?«
    Er nickte. » In Marokko angekommen, fuhr ich als Erstes in mein Dorf. Ich besuchte meine Mutter und meine Schwestern mit ihren Familien. Und dann zog ich in die Sahara, wie ich es mir gelobt hatte.«
    » Aber?«, sagte ich, denn ich spürte, dass es ein Aber gab.
    » Ich war ohne Geld aus Spanien zurückgekommen. Also konnte ich es mir nicht leisten, Kamele für eine eigene Karawane zu kaufen. Andererseits fiel es mir schwer, unter einem anderen Karawanenführer zu arbeiten. Und natürlich war es ganz anders als damals mit meinem Vater. Vieles hatte sich geändert. Nach einer langen, unbefriedigenden Karawanenreise nach Timbuktu kehrte ich desillusioniert in mein Dorf zurück. Ich wollte nur noch eines: sesshaft werden. Ich wollte meine eigene Familie, ein Haus. Ich heiratete Iliana, und binnen drei Jahren bekamen wir zwei Kinder. Einen Sohn und eine Tochter.« Unvermittelt hielt er inne, als wäre seine Stimme abgeschnitten worden.
    Ich wartete, ohne etwas zu sagen.
    Er räusperte sich. » Ich liebte meine Frau und Kinder, doch ich machte die gleiche Erfahrung wie damals, als ich versucht hatte, mir ein neues Leben in der Wüste aufzubauen: Ich war zu lange fort gewesen. Außerdem hatte ich das Leben in den Städten kennengelernt und während meiner Reisen zu viel erlebt. Sosehr ich auch versuchte, mich wieder in das Dorfleben einzugewöhnen, gemeinsam mit den anderen Männern auf dem Feld zu arbeiten, so merkte ich doch, dass ich nicht mehr dazugehörte. Es lag nicht an der Arbeit, harte Arbeit macht mir nichts aus. Viel mehr hatte ich das Gefühl, isoliert zu sein. Obwohl das Dorf mit seiner Umgebung wunderschön ist – du hast es ja gesehen –, die Menschen äußerst freundlich, so erinnerte es mich, so merkwürdig es sich auch anhört, an das Gefängnisleben. Die Berge glichen für mich Gefängnismauern. Ich konnte nicht über sie hinweg- oder an ihnen vorbeisehen. Ich fragte Iliana, was

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