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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Dieses Land ist so anders als das, aus dem du kommst. Du brauchst Freiheit, hier wärst du eine Gefangene.«
    » Eine Gefangene?«
    Endlich sah er mich wieder an.
    » Eine Frau hier … das ist nicht das Gleiche wie in Amerika oder Spanien. Oder Frankreich. Oder irgendeinem Land auf der Welt, in dem eine Frau wie du tun und lassen kann, was sie will.«
    Ich hätte ihn gern gefragt, was er damit meinte – eine Frau wie du. Ich dachte an mein Leben in Albany. War ich dort frei gewesen?
    » Ich fühle mich hier nicht als Gefangene. Na ja, am Anfang war es schwierig. Ich … ich hatte Angst. Aber das lag zum Teil daran, dass ich allein war und weil ich nicht sicher war, ob sich meine Hoffnungen erfüllen würden, auch wenn ich mir das einredete. Aber seit ich weiß … seit ich Teil von Marrakesch geworden bin, seit ich hier in der Medina lebe, bin ich mir zwar immer noch ein wenig unsicher, was mein Verhalten angeht, aber nicht über meine Gefühle. Ich fühle mich lebendig. Sogar meine Malerei ist hier anders. Auch sie ist lebendig wie nie zuvor.«
    » Doch, wie du sagtest, gibt es keinen Grund mehr für dich, in Marrakesch zu sein.«
    » Jedenfalls spielt Etienne keine Rolle mehr für mich.« Ich wich Aszulays Blick aus und heftete ihn auf die Bodenfliesen. Wusste er nicht, was ich von ihm hören wollte? Warum sonst war er zu mir gekommen, hatte mich eingeladen, mit ihm in den Majorelle-Garten zu kommen, mit ihm aufs Land zu fahren? Warum sonst hatte er sich Sorgen um mich gemacht, nachdem er wusste, dass Etienne wieder in Marrakesch weilte? Gerade hatte Aszulay gesagt, dass Manon eifersüchtig sei, weil sie wusste, dass ich ihm etwas bedeute.
    Hatte ich ihn vollkommen falsch verstanden? Doch unsere Nacht im bled … die Art, wie er mich angesehen hatte. Wie wir uns gegenseitig unser Leben erzählt hatten. Wie er meine Füße berührt hatte. Wie er mich küsste …
    Und doch bat er mich nicht zu bleiben.
    Hatte ich mich so gründlich in ihm getäuscht?
    » Vielleicht bleibe ich noch, bis ich das begonnene Bild fertig gemalt habe, um es ins Hotel zu bringen«, sagte ich und zwang mich, ihn wieder anzuschauen.
    Er nickte.
    Ich wollte so sehr, dass er noch etwas sagte, aber das tat er nicht. Er stand auf und ging auf das Tor zu. Ich erhob mich ebenfalls und folgte ihm, legte ihm die Hand auf den Arm.
    » Sagen wir uns also Adieu, Aszulay? Ist dies das letzte Mal, dass wir uns sehen?« Ich konnte die Worte kaum aussprechen. Ich konnte ihm nicht Adieu sagen. Ich konnte einfach nicht.
    Er sah mich an, und seine ansonsten so leuchtenden Augen waren seltsam dunkel. » Willst du das?«
    Aszulay! Am liebsten hätte ich geschrien: Hör auf, so höflich zu sein – das war das einzige Wort, das mir einfiel. Ich schüttelte den Kopf. » Nein. Das will ich nicht. Ich will dir nicht Adieu sagen.«
    Ohne näher zu kommen, erwiderte er: » Und … glaubst du … du könntest tatsächlich an einem Ort wie diesem leben? Leben, Sidonie. Nicht nur als Touristin, die für eine Weile hier wohnt. Als eine Frau, der es nicht möglich ist, frei in den Souks herumzuspazieren oder in den Gärten vor sich hin zu träumen. Ich meine, wirklich hier zu leben.« Er unterbrach sich. » Kinder aufzuziehen.« Wieder hielt er kurz inne. » Und die Unterschiede zwischen den beiden Welten auszuhalten, der Welt, die du bisher kanntest, und dieser.«
    Ich brachte keinen Ton heraus. Er fragte mich zu viele Fragen, aber die richtige Frage hatte er noch immer nicht gestellt.
    » Hast du dieses Leben wirklich klar und deutlich vor Augen?«, fragte er weiter. Und wieder verwirrten mich seine Worte, und ich sah ihn nur wortlos an.
    Gerade als ich den Mund öffnete, um zu sagen: Ja. Ja, ja, ich kann es mir vorstellen, zusammen mit dir, kam er mir zuvor.
    » Du hast keine Antwort darauf«, stellte er fest. » Ich verstehe mehr, als du glaubst.« Er wandte sich um und verließ den Innenhof, ehe er das Tor leise hinter sich schloss.
    Ich setzte mich wieder auf die Bank und begriff nicht, was ich gerade erlebt hatte. Zum ersten Mal kam die rötliche Katze zu mir, strich mir um die Beine. Dann machte sie einen Satz und sprang neben mir auf die Bank, ehe sie sich auf ihre angezogenen Pfoten sinken ließ und mich ansah.
    Ich hörte ihr kehliges Schnurren.

NEUNUNDDREISSIG
    W ährend der nächsten Tage machte ich meine Ankündigung gegenüber Aszulay wahr. Ich stellte mein letztes Bild fertig, lieferte es bei Monsieur Henri ab und nahm den Betrag für die letzten Gemälde

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