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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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ein.
    Am nächsten Morgen kämmte ich ihr das Haar, flocht es zu zwei Zöpfen und brachte ihr Frühstück. Wie am Tag zuvor war sie schweigsam und hielt die ganze Zeit den Blick gesenkt. Sie war zwar schrecklich mager, aber von der Länge her passte ihr der Kaftan; sie war beinahe schon so groß wie ich. Als wir fertig gefrühstückt hatten, rief ich nach Najeeb.
    » Kannst du mich zu Aszulays Haus führen?«, fragte ich Falida. Ich war mir nicht sicher, ob ich von der Sharia Soura aus den Weg finden würde.
    Sie nickte, und gefolgt von Najeeb gingen wir durch die Medina, und als wir die Straße erreichten, in der Aszulay wohnte, erkannte ich sie wieder.
    Ich trat ans Tor und klopfte.
    Aszulay öffnete, und neben ihm stand Badou.
    » Falida!«, rief er erfreut und sah mich grinsend an. » Bonjour, Sidonie. Noch ein Zahn wackelt.« Er zeigte mir einen unteren Schneidezahn, den er mit dem Zeigefinger vor und zurück bewegte.
    Falida sank in die Hocke und schlang die Arme um ihn. Er drückte sie kurz, befreite sich wieder, und dann sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. » Wir haben gestern überall nach dir gesucht. Weißt du was? Onkel Aszulay hat gesagt, das nächste Mal, wenn wir ins bled fahren, kann ich einen Welpen mitnehmen. Dann bringen wir ihm bei, einen Stock zu holen, so wie Alis Hund. Und du kannst uns helfen, Falida. Stimmt doch, Onkel Aszulay, nicht wahr?«
    » Ja«, erwiderte Aszulay, ohne zu lächeln, und sah dabei mich an. Er trug eine einfache dunkelblaue dschellaba. » Geh mit Falida ins Haus und gib ihr von der Melone, die wir fürs Mittagessen vorbereitet haben, Badou.«
    Ich sah den Kindern nach, wie sie den Innenhof durchquerten und das Haus betraten. Meine Hände zitterten leicht. Ich wusste nicht, wie ich Aszulays Blick begegnen sollte, was ich sagen sollte.
    » Die armen Kinder«, sagte ich, noch immer im Eingang zum Innenhof stehend. » Was ist passiert? Falida hat erzählt, Manon sei mit Olivier fortgegangen.«
    » Sidonie«, sagte er, und die Art, wie er meinen Namen aussprach, ermutigte mich, ihn anzusehen. » Ich wusste nicht, ob ich …« Er hielt inne, und ein ernster, ruhiger Ausdruck lag auf seinem schönen Gesicht. Ich hätte es am liebsten berührt.
    Er warf einen flüchtigen Blich zu Najeeb, der hinter mir stand. » Möchtest du nicht hereinkommen? Ich will nicht hier zwischen Tür und Angel sprechen.« Noch immer war seine Miene unergründlich.
    Als ich nickte, sah ich, wie sich ein Muskel in seiner Wange unmerklich bewegte. Er sagte etwas zu Najeeb, woraufhin der Junge sich entfernte. Aszulay nahm mich beim Arm, zog mich in den Innenhof und machte das Tor hinter sich zu. Mit einem Mal war mir schwindelig, und ich musste mich anlehnen.
    » Ich habe es Etienne gesagt. Am Morgen nach meinem Besuch bei dir in der Sharia Soura. Ich habe ihm gesagt, dass er nicht Badous Vater ist.«
    Ich sah ihn abwartend an.
    » Natürlich war er erleichtert. Er sagte, er würde die Stadt augenblicklich verlassen. Als Onkel Verantwortung für den Jungen zu übernehmen, kam ihm wohl nicht in den Sinn. Jedenfalls hat er nicht vor, wieder nach Marrakesch zurückzukehren.«
    Noch immer sah ich ihn schweigend an.
    » Er bat mich … ich soll dir sagen, dass es ihm leidtut. Es tut ihm leid, dass er dir wehgetan hat. Und ich soll dir alles Gute wünschen, und dich bitten, ihm eines Tages zu verzeihen.«
    Ich sah zu Boden. Ich war mir über meine Gefühle nicht im Klaren, wollte aber nicht länger mit Aszulay über Etienne sprechen. Eine Weile standen wir schweigend da.
    » Und Manon?«, sagte ich schließlich, als ich mich in der Lage fühlte, seinem Blick zu begegnen.
    » Manon hat endlich erreicht, was sie schon immer wollte. Sie hat mir einen Brief hinterlassen. Sie hat den Verkauf ihres Hauses in die Wege geleitet, um mit Olivier nach Frankreich zu ziehen. Ich weiß nicht, wie lange es ihr gelingen wird, ihn zu blenden; er ist ihr hörig, wie alle Männer, die sie hatte, zumindest am Anfang. Doch wenn es ihm ebenso ergeht wie den anderen, wird er ihre Launen und Wünsche bald satthaben. Dann wird es nicht lange dauern, und ihre Reize werden erloschen sein.«
    » Und dann wird sie zurückkommen?«
    Er zuckte die Schultern. » Wer weiß? Aber hier wird nichts mehr auf sie warten. Kein Haus, kein Sohn, keine Freunde – ich jedenfalls will nichts mehr mit ihr zu tun haben, nach dem, was sie sich in letzter Zeit geleistet hat. Sie wird kein … wie heißt das, wenn man nicht länger nach Hause kommen

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