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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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nickte und mich wieder meinem Vater zuwandte.
    Kurz vor Sonnenaufgang starb mein Vater, ohne noch einmal das Bewusstsein zu erlangen, ohne dass er mir hätte vergeben können. Ich war bei ihm im Zimmer, schlief jedoch im Moment seines Verscheidens.
    Eine Schwester, die hereingekommen war, bemerkte, dass er nicht mehr atmete. Sie weckte mich, indem sie mir die Hand auf die Schulter legte.
    » Es tut mir leid, Miss O’Shea«, sagte sie, während ich meinen Vater ansah und dann sie. » Es war nichts mehr zu machen.«
    Ich starrte sie noch immer an, als redete sie in einer Fremdsprache.
    » Er ist gestorben, meine Liebe«, sagte sie, die Hand noch immer auf meiner Schulter. » Nun kommen Sie. Kommen Sie mit und trinken Sie erst mal eine Tasse Tee.«
    Noch immer begriff ich nicht, wie es hatte geschehen können. So ruhig, so unbemerkt. Hatte mein Vater nicht mehr verdient – vom Leben und von mir?
    » Nun kommen Sie mit«, sagte sie wieder, und ich stand auf und folgte ihr, nachdem ich einen letzten Blick über die Schulter zum leblosen Körper meines Vaters geworfen hatte.
    Ich erinnere mich noch, wie ich mit einer Tasse Tee zwischen den Händen in einem kleinen Zimmer saß und der junge Arzt – wie hieß er noch mal?, fragte ich mich – mit mir sprach. Doch ich verstand ihn nicht. Als ich das Zimmer verließ, kam er hinter mir her und drückte mir eine Tube in die Hand. Dann legte er mir meinen Mantel um die Schultern. Ich nahm den Tabakgeruch meines Vaters wahr und schwankte einen Moment lang. Der Arzt ergriff mein Handgelenk, um mich zu stützen.
    » Sie müssen die Salbe auf Ihre Wange tun«, sagte er. » Die Salbe, da in Ihrer Hand. Jeden Tag. Und einen sauberen Verband. Besuchen Sie mich in einer Woche wieder. Wie werden Sie nach Hause kommen?« Ich blickte von meiner Hand zu seinem Gesicht und wieder zu meiner Hand. » Wer wird Sie nach Hause fahren, Miss O’Shea?«, wiederholte er seine Frage. » Gibt es jemanden, der Sie fährt und bei Ihnen ist, damit Sie nicht allein sind?«
    Ich konnte nicht klar denken. » Nach Hause? Ich … ich weiß nicht. Der Wagen … mein Wagen … ist er … wo ist er?«, fragte ich, als ob er es hätte wissen können.
    » Ich weiß nichts von Ihrem Automobil, aber ich denke, es ist besser, wenn Sie nicht fahren. Wir werden jemanden finden … Es ist noch sehr früh … Wo wohnen Sie, Miss O’Shea?«
    » In der Juniper Road.«
    » Ich werde jemanden bitten, Sie nach Hause zu fahren. Aber Sie müssen noch ein bisschen warten.«
    Während ich dastand, bemühte ich mich, die Bedeutung seiner Worte zu erfassen. Er war wirklich sehr nett und hilfsbereit. » Nein«, sagte ich, als ich endlich wieder einigermaßen bei Sinnen war. » Mein Nachbar, Mr Barlow, Mike Barlow, er wird mich abholen und nach Hause bringen.«
    » Hat er ein Telefon?«
    Ich nickte. Jetzt wollte ich nur noch weg von diesem Ort, an dem der leblose Körper meines Vaters lag. » Ja.« Plötzlich war mir schrecklich kalt. Ich fröstelte. » Aber, ich erinnere mich nicht mehr an seine Nummer.« Ich legte die Hand an den Mund. » Ich wusste sie«, sagte ich, » aber ich erinnere mich nicht.«
    Der Arzt nickte, ließ mein Handgelenk los und legte mir die Hand auf die Schulter. » Sie stehen unter Schock, Miss O’Shea. Bitte. Setzen Sie sich. Mike Barlow in Juniper Road? Ich werde seine Nummer herausfinden.«
    Ich ließ mich auf den Stuhl sinken. Mir war jetzt so kalt, dass ich mit den Zähnen klapperte, während ich zusah, wie er zu einem Schreibtisch ging und mit der Frau, die dahinter saß, sprach. Sie sah mich an und nickte, und auch er sah wieder zu mir herüber.
    » Ziehen Sie Ihren Mantel an, Miss O’Shea«, sagte er, und seine Stimme klang hohl über die kurze Entfernung hinweg. » Sie müssen sich warm halten.«

SECHS
    W ir fuhren durch das spärliche Morgenlicht. Der Himmel hatte aufgeklart, und die gerade erst aufgegangene Sonne schien zaghaft, als wäre sie sich ihrer nicht ganz sicher. Mr Barlow kurbelte das Fenster herunter, und die Luft, die hereinkam, trug das süße Versprechen des Frühlings. Unvermittelt pochte meine Wange so sehr, dass ich scharf einatmete und die Augen schloss.
    » Alles in Ordnung, Sidonie?«, fragte Mr Barlow.
    Ich öffnete die Augen und blickte in sein stoppliges Gesicht. Ich dachte daran, dass mich seine rötlich braunen Augenbrauen früher als Kind immer an Raupen erinnert hatten. Jetzt waren sie von weißen Haaren durchzogen, aber noch immer gleich dicht und struppig wie

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