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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gespürt, kurz bevor der Schuss gefallen war. Trotzdem hatte
     sie es sich in ihrer naiven Glückseligkeit erlaubt, unvorsichtig zu sein.
    Rafael hatte dafür bezahlt.
    Etwas in ihr weigerte sich, es als Tatsache hinzunehmen, dass er tot war. Vielleicht hatte einer der Spaziergänger im Park
     einen Notarzt gerufen. Vielleicht war sogar zufällig ein Arzt in der Nähe gewesen. Vielleicht hatte der Schuss Rafaels Herz
     verfehlt und nur die Lunge durchschlagen. Vielleicht hatte er nicht zu viel Blut verloren. Vielleicht.
    Diesmal ersparte sie es sich, mehrfach die U-Bahnlinie zu wechseln und kreuz und quer durch die Stadt zu hetzen. Sie wusste,
     wohin sie fliehen würde, und der Killer wusste |395| es wahrscheinlich auch. Es kam jetzt allein darauf an, schneller zu sein.
    An einer der nächsten Stationen, an der sich zwei Linien kreuzten, verließ sie die U-Bahn und nahm ein Taxi. Sie rief ihren
     Vater an und schilderte ihm in aller Kürze, was geschehen war. Der Taxifahrer sagte keinen Ton, aber Marie hatte das Gefühl,
     er fuhr schneller, als er es normalerweise getan hätte.
    Als sie das Haus ihres Vaters erreichte, stand bereits ein dunkler BMW mit Blaulicht vor dem Grundstück. Offenbar hatte der
     Name des bekannten Dirigenten bei den Behörden genug Eindruck hinterlassen.
    Ein ziemlich beleibter Polizist mit Vollbart und fettigem Haar stellte sich als Hauptkommissar Schneider vor. Mit skeptischer
     Miene kritzelte er gelegentlich etwas auf einen Notizblock, während Marie ihm von den Ereignissen erzählte.
    »Sie glauben also, islamistische Terroristen sind hinter Ihnen her?« Sein Tonfall zeigte, dass er es für ebenso wahrscheinlich
     hielt wie die Landung von Marsmenschen am Brandenburger Tor.
    »Nein. Ich sagte Ihnen doch, ich bin davon überzeugt, dass jemand anderes das Pheromon in die Finger bekommen hat. Nariv Ondomar
     hat mit dem Mordanschlag nichts zu tun.«
    Der Kommissar kritzelte etwas. »Und wie war noch einmal der Name des Kollegen, der angeb… der angeschossen worden ist?«
    »Rafael Grendel.«
    Der Kommissar notierte sich seine Adresse. »Also schön. Wir gehen der Sache nach. Ich melde mich wieder bei Ihnen. Bleiben
     Sie am besten im Haus und halten Sie Türen und Fenster geschlossen, dann wird Ihnen nichts passieren.« Er gab Marie keine
     Visitenkarte und bat sie |396| auch nicht, ihn anzurufen, falls ihr noch etwas einfiele. Es war offensichtlich, dass er ihr kein Wort glaubte und nur deshalb
     gute Miene machte, weil der berühmte Dirigent Lothar Escher die ganze Zeit neben Marie stand und ihn kritisch beäugte.
    Der Kommissar verabschiedete sich knapp und fuhr davon.
    Maries Vater umarmte sie und strich ihr Haar glatt. »Mein armes Schätzchen«, sagte er immer wieder. »Mein armes, armes Schätzchen.«
    Plötzlich riss Marie sich los und sah ihren Vater kritisch an. »Du glaubst mir auch nicht, stimmt’s? Hör zu. Ich bin nicht
     paranoid! Ich habe auch gedacht, dass ich das von Mama geerbt habe, dass ich Gespenster sehe. Aber es ist nicht so!« Ihr kamen
     die Tränen, und sie war für einen Moment unfähig zu sprechen. »Rafael ist … ist wirklich angeschossen worden. Da draußen ist
     ein Killer, und er weiß wahrscheinlich, wo ich bin. Er wird herkommen. Ich kann verstehen, dass das schwer zu glauben ist,
     aber es ist wahr! Bitte, du musst mir vertrauen! Unser Leben hängt davon ab!«
    »Natürlich glaube ich dir. Ich rufe noch mal den Oberstaatsanwalt an. Der soll dafür sorgen, dass wir Polizeischutz bekommen.«
    Tatsächlich dauerte es keine Stunde, bis die Polizei wieder an der Tür klingelte. Marie war sich immer noch nicht ganz sicher,
     ob ihr Vater ihr wirklich glaubte, aber Irene hatte offenbar gespürt, dass sie die Wahrheit sagte. Ohne ein weiteres Wort
     hatte sie alle Fenster geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Es war eine gespenstische Atmosphäre, als warteten sie auf
     den Weltuntergang. Marie war die ganze Zeit unruhig herumgelaufen und hatte gegen die Tränen und den Drang, in den Park zurückzukehren
     und Rafael zu helfen, gekämpft. Sie wusste, dass sie nicht das |397| Geringste tun konnte, dass ihr keine andere Wahl geblieben war, dass sie jetzt wahrscheinlich tot wäre, hätte sie nicht sofort
     die Flucht ergriffen. Und doch fühlte sie sich wie eine Verräterin.
    Irene spähte durch ein Seitenfenster, dann öffnete sie. Der dicke Kommissar war diesmal in Begleitung zweier uniformierter
     Polizisten und eines in Zivil gekleideten Mannes.
    »Wir

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