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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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darum, im Einzelnen zu verstehen, woran Olfana arbeitete. Sie wollte einfach ein Gefühl für die Arbeitsweise
     insgesamt bekommen.
    Ihr erster Eindruck war, dass die Firma recht systematisch vorging und eine Menge Fachkompetenz vorhanden war. Aber es war
     auch zu spüren, dass viele Projekte noch sehr weit von einer Marktreife entfernt waren.
    Zwanzig nach sieben betrat Scorpa den Teamraum. »Ich sehe, Sie sind noch beschäftigt«, sagte er. »Darf ich Sie trotzdem an
     unsere Verabredung erinnern?«
    »Selbstverständlich!« Marie fuhr ihren Laptop herunter. Sie war ein wenig verunsichert, fast wie ein Schulmädchen, das zum
     ersten Mal von einem Verehrer ausgeführt wird. Rico warf ihr einen kurzen Blick zu, in dem so etwas wie Spott zu liegen schien,
     sagte aber nichts.
    Scorpa führte sie zu seinem Wagen, einem schwarzen Porsche 911. Er öffnete ihr die Tür. Seine offensichtliche Erfahrung im
     Umgang mit Frauen und seine Selbstsicherheit machten Marie nur noch nervöser.
    »Ich kenne einen kleinen, aber feinen Landgasthof in der Nähe. Ist Ihnen das recht?«
    »Ja, natürlich, gern.«
    Er lenkte den Wagen vom Firmenparkplatz und beschleunigte, sodass Marie in den bequemen Ledersitz gepresst wurde. Der Ledergeruch
     mischte sich mit seinem |78| markanten, aber nicht unangenehmen Duft. »Hat Ihnen Dr. Borg helfen können?«, fragte er, als sie mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit
     über die Landstraße jagten.
    »Nun, er war … etwas nervös, denke ich.«
    »Ja, Borg ist ein bisschen eigenwillig. Eben der klassische Forscher. Man muss ihn behutsam anfassen. Aber er ist brillant,
     glauben Sie mir. Eine wichtige Stütze unserer Firma.«
    »Natürlich.«
    Scorpa sah ihr direkt ins Gesicht. Es wäre Marie lieber gewesen, er hätte seinen Blick auf der Straße behalten. »Frau Escher,
     Ihr Mitarbeiter, der neulich in dem Gespräch dabei war …«
    »Sie meinen Herrn Kemper?«
    Scorpa sah wieder nach vorn und musste stark bremsen, um nicht in einen LKW zu rasen, der hinter einer Kurve aufgetaucht war.
    »Ja, genau. Ich möchte nicht, dass er mir die Mannschaft verunsichert, verstehen Sie? Ich kenne diese Typen. Wenn eine schöne
     Frau wie Sie in der Nähe ist, meinen die, sie müssen sich produzieren. Aber ich kann nicht dulden, dass sich jemand aufspielt
     und wie ein Elefant im Porzellanladen durch die Firma trampelt. Die Stimmung ist ohnehin angespannt, denn jeder weiß, dass
     wir Verluste machen und dass es der Oppenheim AG nicht gut geht.«
    Marie spürte, wie sie rot anlief. War es denkbar, dass Rico sich wegen ihr so aufführte? »Selbstverständlich«, sagte sie.
     »Ich werde dafür sorgen, dass er sich in Zukunft rücksichtsvoller verhält.«
    Scorpa gab Gas und überholte den LKW. Er lächelte. »Ich kann ihn ja fast verstehen. Sie sind eine bemerkenswerte Frau! Aber
     ich bin sicher, das haben Ihnen schon viele Männer gesagt.«
    Marie wusste darauf keine Antwort. Scorpas Komplimente verursachten ein leichtes Unwohlsein.
    |79| Doch im Laufe des Abends ließ die Unsicherheit allmählich nach und wich einer entspannteren, fröhlichen Stimmung, wie sie
     sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Das Essen in dem idyllischen Gasthof war hervorragend und Scorpa ein charmanter
     Gastgeber, dem es immer wieder gelang, sie zum Lachen zu bringen. Er war ein Kavalier der alten Schule, aber er hatte auch
     einen trockenen Humor. Er erzählte Geschichten aus seiner Heimat Andalusien und Anekdoten aus seiner Zeit an der Universität.
    Nach einer exzellenten Creme Brulée zum Dessert merkte Marie, dass sie den ganzen Abend kein Wort über Olfana und das Feldlabor
     verloren hatten. Außerdem war ihr ein wenig schwindelig. Als aufmerksamer Tischherr hatte ihr Scorpa immer wieder Rotwein
     nachgefüllt. Sie war normalerweise sehr zurückhaltend mit Alkohol, doch heute hatte sie mehr getrunken als üblich.
    Scorpa ließ sich die Rechnung geben und führte sie zum Wagen. Sie war etwas wackelig auf den Beinen. Er bemerkte ihre Unsicherheit
     und stützte sie galant.
    »Das war ein wunderschöner Abend«, sagte Marie, als der Wagen über das Kopfsteinpflaster vor dem Gasthof rollte. »Vielen Dank!«
    »Ich habe zu danken, Frau Escher. Ich glaube, es ist schon lange her, dass ich einen Abend in so charmanter Begleitung verbringen
     durfte.«
    Er beschleunigte und jagte über die dunkle Landstraße. Marie sah ihn von der Seite an. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie attraktiv
     er war – trotz oder vielleicht

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