Der Duft
paar Meter von der Kurve entfernt, hinter der
sie aus dem Schussfeld kamen.
Es krachte zwei Mal. Die Frontscheibe zersplitterte. Gombali riss die Augen auf und fiel zur Seite. Der Wagen raste ungebremst
rückwärts und schoss geradeaus über die Kurve hinaus.
Für einen Moment waren sie von dichtem Blattwerk umgeben, dann spürte Marie das Fahrzeug absacken.
»Raus hier!«, brüllte Rafael. Er riss seine Tür auf.
Marie war wie gelähmt. Das Heck des Wagens prallte auf den Hang, und er überschlug sich mehrmals der Länge nach. Nach kurzer
Zeit wusste sie nicht mehr, wo oben und unten war. Sie schlug mit dem Kopf gegen das Wagendach, gegen die Seitenscheibe, gegen
den Boden.
Endlich blieb das Fahrzeug liegen. Es stand fast senkrecht, sodass Marie ausgestreckt auf der Lehne der Rückbank lag. Nathan
Gombali hing über ihr und starrte sie aus leeren Augen an. Blut tropfte aus seinem halb geöffneten Mund. Es wurde seltsam
ruhig. Nur der Dieselmotor tuckerte weiter vor sich hin.
Marie spürte keinen Schmerz, fühlte sich nur seltsam leicht. Sie wandte den Kopf zur Seite. Rafael war nicht da.
Seltsam. Sie hätte nie erwartet, in Afrika zu sterben. Mit diesem Gedanken legte sich Dunkelheit über sie wie ein warmes,
weiches Tuch.
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|157| 17.
Die großzügige, mit kostbarem Marmor ausgekleidete Lobby war menschenleer. Hinter der breiten Empfangstheke saß eine Frau
mittleren Alters mit heller Hautfarbe und fein geschnittenem Gesicht. Das Hotel wurde von einer amerikanischen Kette betrieben
und hauptsächlich von ausländischen Geschäftsleuten genutzt, deshalb galten die strengen Bekleidungs- und Verhaltensregeln
der Scharia hier nicht. Dennoch war ihr nussbraunes Haar von einem silbergrauen Kopftuch verhüllt, das einen stilvollen Kontrast
zu ihrem schlichten dunklen Kleid bildete.
Ein goldenes Namensschild identifizierte sie als Nancy Singh, Director of Guest Service. Sie lächelte Harrisburg warmherzig
an. »Willkommen im Hotel Al Mandhar. Was kann ich für Sie tun?« Ihrer Aussprache nach zu urteilen war sie New Yorkerin.
»Guten Tag. Mein Name ist Bob Harrisburg.« Er holte seinen Ausweis hervor. »Ich würde gerne Mr. Cricket sprechen.«
»Selbstverständlich, Mr. Harrisburg.« Sie sah auf das Computerdisplay hinter der Theke. »Wir haben ein Zimmer für Sie gebucht.
Möchten Sie gleich einchecken?«
»Ja, gern. Aber bitte informieren Sie zuerst Mr. Cricket über meine Ankunft.«
»Natürlich.« Sie wählte eine Nummer. »Der Empfang, Nancy Singh. Ich habe hier Besuch für Mr. Cricket. Mr. Harrisburg. Ja,
ist gut, ich sage es ihm. Auf Wiederhören.«
Sie legte auf. »Mr. Cricket ist momentan in einer Besprechung, aber eine Mitarbeiterin wird Sie gleich abholen. Soll ich Ihr
Gepäck aufs Zimmer bringen lassen?« Sie deutete |158| auf den kleinen Trolley aus strapazierfähigem schwarzen Nylon neben Harrisburg.
»Ja, bitte.«
»Wenn Sie dann noch hier unterschreiben würden.« Sie hielt ihm ein Anmeldeformular hin, das bereits alle Daten enthielt, inklusive
Harrisburgs Geburtsdatum und Privatadresse.
»Darf ich Ihnen vielleicht einen Fruchtsaftcocktail bringen lassen, während Sie warten?«, fragte sie, als er ihr das unterschriebene
Formular zurückschob.
»Nein danke.« Er wies auf ihr Namensschild. »Sie sind Angestellte des Hotels?«
Wieder zeigte sie ihr warmherziges Lächeln, das nicht professionell, sondern aufrichtig freundlich wirkte. »Ich bin die Leiterin
des Gästeservices. Ich arbeite seit mehr als sieben Jahren hier.« In ihrer Stimme schwang Stolz mit. Das Al Mandhar galt als
eines der besten Hotels im arabischen Raum. Es konnte vielleicht nicht ganz mit dem Burj al Arab in Dubai mithalten, aber
es war doch eine Adresse von internationalem Rang.
»Ich nehme an, die meisten Ihrer Mitarbeiter wurden durch CIA-Agenten ausgetauscht?«
»Darüber kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben. Vielleicht fragen Sie besser Mr. Cricket danach.«
Präsident Zinger war es irgendwie gelungen, die Araber davon zu überzeugen, dass allein die CIA für die Sicherheit der Konferenz
garantieren würde – eine Organisation, die sicher viele der Teilnehmer fürchteten und hassten. Harrisburg konnte sich nur
schwer vorstellen, welcher diplomatische Aufwand dafür notwendig gewesen war. Doch es war tatsächlich die einzig sinnvolle
Lösung – zu groß war die Gefahr, dass der Saudi-Arabische Sicherheitsdienst von Islamisten unterwandert wurde.
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