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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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angrenzenden Büschen und warf sie in einer offensichtlichen Demonstration seiner Macht in die Luft. Dann wandte er ihnen den
     Rücken zu und trottete zurück zu seiner Sippe.
    »Die Botschaft war eindeutig«, sagte Rafael. »Wir sollen ihnen nicht zu nah kommen.«
    Die Nebelschwaden verflüchtigten sich allmählich, und die Morgensonne malte helle Flecken auf das dichte Unterholz. Etwa eine
     halbe Stunde lang beobachteten sie die Gruppe, die friedlich Blätter kaute und sich gegenseitig das Fell von Ungeziefer befreite.
     Die Tiere schienen sich an der Beobachtung durch die Menschen nicht zu stören. Im Gegenteil hatte Marie den Eindruck, dass
     sich die beiden Jungtiere vor ihnen produzierten, eine regelrechte Show |181| abzogen. Sie balgten sich, tollten herum, rasten um die Wette über den Hang und wandten sich dabei immer wieder zu Marie und
     Rafael um, als wollten sie sichergehen, dass ihr Publikum auch zusah.
    »Schade, ich hab meine Kamera verloren«, flüsterte Rafael. »Das hier glaubt mir zu Hause garantiert keiner!«
    Marie fielen die Bilder aus dem Labor ein. Wut stieg in ihr auf, als sie daran dachte, wie Borg diese herrlichen Tiere für
     seine Versuche quälte. »Hast du noch den Speicherchip?«
    »Ja. Und das hier auch.« Er hielt das kleine Fläschchen mit der Aufschrift »Charge 42/2« in die Höhe. Es grenzte an ein Wunder,
     dass es bei dem Unfall nicht zerbrochen war.
    Einen Moment lang spielte Marie mit dem Gedanken, den Stopfen herauszuziehen, um an der Flüssigkeit zu riechen. Doch in diesem
     Augenblick wurde die Gorillagruppe unruhig. Der Silberrücken richtete sich auf und spähte in Richtung des Tals. Die Jungtiere
     liefen zu einem der Erwachsenen, der aufgeregte Rufe von sich gab. Dann flüchteten alle den Hang hinauf.
    »Ich frage mich, was sie so erschreckt hat«, sagte Rafael.
    Auf die Antwort brauchte er nicht lange zu warten. Sie hörten ein tiefes Brummen, das rasch näher kam und sich zum pulsierenden
     Knattern eines Hubschraubers steigerte, der dicht über die Baumkronen jagte und das Blätterdach mit dem Wind seines Rotors
     aufriss.
    »Lass uns hier verschwinden«, sagte Rafael. Sie sprangen von ihrem Ast. Marie hatte nicht einmal Zeit, die steifen Glieder
     zu strecken. Sie folgten der Gorillagruppe den jetzt wieder steil ansteigenden Hang hinauf, ohne jedoch auch nur annähernd
     deren Geschwindigkeit zu erreichen. Sie stolperten mehr, als dass sie liefen, rutschten immer wieder auf dem nassen Untergrund
     aus, stießen sich Knie und Knöchel an scharfkantigen Steinen.
    |182| Der Nebel war nun vollständig verschwunden, und das Blätterdach der riesigen Bäume mit den breiten Ästen war bei Weitem nicht
     so dicht, wie Marie es sich in diesem Moment gewünscht hätte. Dafür war der Waldboden von riesigen Farnen und dichtem Unterholz
     überwuchert. Das erschwerte das Vorwärtskommen, doch es bot ihnen wenigstens einen gewissen Sichtschutz. Marie lauschte einen
     Moment auf Hundegebell oder die Rufe eventueller Verfolger von der Straße her, hörte jedoch nichts. Doch das bedeutete nicht,
     dass sie hier in Sicherheit waren.
    »Komm, weiter«, rief Rafael.
    Sie kletterten, so schnell sie konnten. Der Hubschrauber schien seine Kreise immer enger über dem Waldstück zu ziehen, in
     dem sie sich befanden.
    Sie erreichten eine Lichtung, an der der Hang etwas abflachte. Auf der anderen Seite erhoben sich dichte Büsche. Dahinter
     ragte die gewaltige, nur karg bewachsene Flanke eines der Vulkane empor.
    »Da, das Gebüsch!«, rief Rafael. »Da drin finden sie uns nicht so schnell!«
    Der Helikopter war gerade nicht zu sehen, doch sein Knattern klang erschreckend nah. Wenn sie über die Lichtung liefen, bestand
     eine beträchtliche Gefahr, entdeckt zu werden. »Warte noch!«, rief Marie.
    Genau in diesem Moment erschien der Hubschrauber über der Freifläche. Marie und Rafael schoben sich hinter einen dicken Baumstamm
     und spähten vorsichtig auf die Lichtung.
    Der Helikopter verharrte einen Moment in der Luft wie ein lauernder Raubvogel. Deutlich konnte Marie zwei Männer erkennen.
     Einer davon hielt ein Maschinengewehr aus dem Seitenfenster.
    Der Hubschrauber flog weiter, genau auf das Gebüsch zu, in dem Rafael sich hatte verstecken wollen. Der Wind |183| des Rotors wirbelte die Zweige durcheinander. Plötzlich schien das Gebüsch zu explodieren. Eine brüllende, tobende Masse brauner
     Körper stob daraus hervor. Büffel! Sie hatten dunkelbraunes, zottiges Fell und

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