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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Seite hinab bis zu einem Dickicht aus dornigen Büschen. Dort zog Rafael sich aus.
    »Was machst du?«, fragte Marie verwirrt.
    »Ein Zelt«, sagte er. »Wäre gut, wenn du das bisschen Stoff, das du trägst, auch beisteuern würdest. Es wird ziemlich heiß
     werden heute, und wir werden für jedes bisschen Schatten dankbar sein.«
    Zögernd folgte Marie seinem Beispiel und gab ihm ihre Bluse und den Rock. Sie trug jetzt nur noch Unterwäsche. Rafael befestigte
     die Kleidungsstücke so in den Zweigen des Gebüschs, dass ein schattiger Hohlraum entstand.
    Darein zwängten sie sich nun. Es war stickig, und ihre warmen Körper lagen dicht aneinander gedrängt. So aber waren sie tatsächlich
     vor den sengenden Sonnenstrahlen |246| geschützt. Sie nahmen beide einen kleinen Schluck Wasser. Dann versuchten sie zu schlafen.
    Fast nackt neben Rafael zu liegen, machte die Sache nicht unbedingt einfacher. Marie konnte der Versuchung, mit der Hand sanft
     über seinen Arm zu streichen, kaum widerstehen. Wenn Rafael irgendetwas außer Erschöpfung empfand, zeigte er es jedoch nicht.
    Der Tag zog sich hin. Die Hitze war kaum zu ertragen. Marie unterdrückte den Wunsch, aus dem improvisierten Zelt in die vermeintlich
     frische Luft draußen zu flüchten. Sie konnte lange nicht einschlafen, doch irgendwann überwältigte sie die Erschöpfung, und
     sie fiel in einen trüben Dämmerzustand.
    Das dumpfe Wummern eines Helikopters ließ sie auffahren. Es näherte sich rasch, bis der Hubschrauber genau über ihnen zu schweben
     schien. Ihre Kleidung bewegte sich im Wind der Rotorblätter sanft hin und her. Doch der Helikopter landete nicht und verharrte
     auch nicht auf der Stelle, sondern flog rasch über sie hinweg. Offenbar hatten ihre Verfolger das Versteck nicht entdeckt.
     Ihr grauer Rock passte sich farblich gut in die karge Landschaft ein. Wer hätte gedacht, dass ihr bewusst unauffälliger Business
     Dress ihr einmal das Leben retten würde?

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    |247| 28.
    Peko sah die dunkle Rauchsäule über seinem Dorf schon von Weitem. Er wusste sofort, was geschehen war: Die Götter hatten ihn
     bestrafen wollen, und weil er fortgelaufen war, um sich feige zu verstecken, hatten sie ihre Wut an seiner Familie und seinen
     Freunden ausgelassen.
    Seine Beine fühlten sich an, als hingen große Steine daran. Die Sonne brannte ihm auf Kopf und Nacken, als wolle sie ihn mit
     ihren Strahlen auspeitschen. Am liebsten hätte er sich in den Schatten eines Busches gelegt, sich dort zusammengekauert und
     auf den Tod gewartet. Doch etwas trieb ihn weiter, auf den Ort des Grauens zu.
    Bald konnte er es riechen: den Geruch von verbranntem Holz, gemischt mit dem beißenden Gestank von Benzin und noch etwas,
     einem süßlichen Duft, in dem er den Hauch des Todes erkannte. Sein Magen verkrampfte sich.
    Er erreichte den Sandweg und folgte ihm, bis er die ersten Gebäude sah. Die Lehmhütte des alten Kuso, der keine Zähne mehr
     hatte, stand nicht mehr. Von ihr waren nur noch ein paar schwelende Holzbalken übrig. Auch das schöne Haus von Bauer Letai,
     dem reichsten Mann im Dorf, der ein Dutzend Ziegen und sogar vierzehn Rinder besessen hatte, war nur noch eine rauchende Ruine.
    Ein verkohlter Körper lag am Straßenrand, bedeckt von Fliegen, die in einem summenden Schwarm aufstoben, als Peko sich näherte.
     Es war eine Ziege.
    Mit klopfendem Herzen ging er weiter. Seine Kehle schmerzte. Er wollte weinen, aber die Götter verweigerten ihm sogar die
     Tränen.
    |248| Die meisten Häuser des Dorfes waren zerstört. Nur noch ein Haufen qualmender Trümmer kündete von den Lehmhütten, die vielleicht
     nicht so eindrucksvoll waren wie die Steinhäuser in der Stadt, in der Peko ein einziges Mal gewesen war, die aber doch Geborgenheit
     und Schutz vor der Hitze geboten hatten.
    Der Jeep des Dorfältesten stand am Straßenrand – der Jeep, mit dem seine Mutter nach ihm gesucht hatte. Hinter dem Wagen ragte
     ein menschliches Bein hervor. Vorsichtig kam Peko näher. Er wagte kaum zu atmen. Er wollte nicht sehen, wer dort lag, und
     doch konnte er nicht anders.
    Es war der Dorfälteste. Sein bärtiges Gesicht war zum Himmel gerichtet, die Augen weit geöffnet, als könne er noch im Tod
     nicht glauben, welch schreckliche Strafe die Götter über die Siedlung gebracht hatten. In seiner Brust klaffte ein hässliches
     rotes Loch. Einen Moment blieb Peko stehen und versuchte zu begreifen, dass dieser starke Mann, der ihn so oft aufs Knie genommen
     und

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