Der Dunkle Code
Operation keine Probleme gegeben. Genügt das, um deine sprudelnde Neugier zu befriedigen?«
Achim schwieg. Er wusste, dass Dietrich Gruber es nicht mochte, wenn man unnötige Fragen stellte. Den Rest des Weges nach La Storta fuhren sie, ohne ein Wort zu wechseln. Dabei fragte sich Achim, was ihm eigentlich bliebe, falls Dietrich dem Verbindungsmann aus dem Vatikan ebenso freigebig das andere Aerangis- Paket.überließe.
Diesmal täuschte sich der Boss, denn Achims Neugier war absolut nicht befriedigt. Würden die Geheimnisse, die sich hinter dem Gemälde verbargen, wirklich zu einem noch größeren Schatz führen? Am liebsten wäre es Achim gewesen, schon hier in Rom wenigstens ein kleines Honorar zu bekommen. Plötzlich fiel ihm ein, wie sich Lorenzo in Faleria bei ihm nach den weiteren Plänen erkundigt hatte. Er hatte versucht, behutsam vorzugehen, aber Achim hatte einen Hauch von Habgier und Frustration aus den Worten des Italieners herausgehört. Er hatte ihm nichts über die weiteren Pläne erzählt, denn er wusste nichts darüber. Lorenzo hatte ihn daraufhin in Ruhe gelassen, aber am nächsten Tag hatte Giuliano ihm einen Zettel mit einem Namen gegeben, über den Achim jederzeit Kontakt zu den italienischen Brüdern herstellen konnte. Er hatte das mit Gleichgültigkeit hingenommen, jedoch ohne Gruber etwas davon zu sagen.
Sebastiano Lagos, der in der Buchhaltung des Vatikans arbeitete, war ein kleines, dunkelhaariges Männchen mit den Augen einer Maus. Er saß in einem kühlen Café am Bahnhof La Storta und trank einen Cappuccino. Als er Dietrich Gruber und Achim sah, wäre er fast vom Stuhl aufgesprungen, aber dann erinnerte er sich an die Abmachung und blieb sitzen.
Achim blieb am Bahnsteig und passte auf, während Gruber auf die Bahnhofstoilette ging. Er hatte das in Plastik gewickelte Päckchen in die Tasche seines Trenchcoats gesteckt. Wenig später tauchte Lagos in der Toilette auf, drehte den Wasserhahn auf und wusch sich wie wild die Hände. Die Geste erinnerte so deutlich an Pontius Pilatus, dass Gruber nur schwer ein Lächeln unterdrücken konnte.
Dennoch verwünschte er innerlich den nervösen Buchhalter. Ohne dessen Hilfe wären sie niemals an die Hintergrundinformationen über das Sicherheitssystem gekommen, aber Lagos war ein Spieler, durch Pferdewetten bis über die Ohren verschuldet, und alle Spieler waren in Grubers Augen unzuverlässig. Seiner Ansicht nach konnte man sich nur dann jenseits des Gesetzes bewegen, wenn man mit scharfem Verstand und eiserner Logik bewaffnet war.
Sie warteten ab, bis sie alleine im Waschraum waren. Dann legte Gruber umstandslos das Päckchen auf den Rand des Waschbeckens. Lagos schnappte es sich und schob es in die Papiertüte von Gucci, die er am Handgelenk hängen hatte. Innerhalb von fünf Sekunden war die Übergabe geschehen.
Gruber hielt es für das Beste, dem spielsüchtigen Pfarrer eine letzte Warnung mit auf den Weg zu geben: »Vergessen Sie nicht den letzten Teil unserer Abmachung«, flüsterte er mit bedrohlich schnurrender Stimme. »Wenn Sie auch nur ein Wort darüber verlieren, wird Achim Sie umbringen.«
Er beendete den Satz, indem er aus Zeigefinger und Daumen eine Pistole formte. Lagos nickte und verschwand mit seiner Papiertüte im Menschengewimmel. Er war das schwächste Glied in der Kette, aber Gruber wusste aus Erfahrung, dass es bei jeder Operation eines gab. Jetzt galt es, so schnell wie möglich aus Italien zu verschwinden.
Achim und Gruber stiegen schweigend in den Wagen, den Achim sodann durch den lebhaften Verkehr lenkte. Er wartete darauf, dass der Boss als Erster etwas sagte, und erst auf der Autobahn in Richtung Norden, als sie bereits Viterbo hinter sich gelassen hatten, fasste Achim den Mut, die Stille zu brechen. »Wie es aussieht, haben wir kein einziges Orchideenblütenblatt für uns behalten.«
Gruber konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Für Achim war es schwer, die Genialität der Operation zu erfassen. Der Caravaggio war bloß Nebensache gewesen, ein Werk, das Dietrich Grubers Vater zufällig benutzt hatte, um seinen Code zu verstecken. Aber mithilfe des Caravaggio hatte Gruber dem Vatikan genügend Geld abgepresst, um die Honorare für den Kunstraub bezahlen zu können. Er selbst behielt keinen Cent von dem schmutzigen Geld, sein Gewissen war rein. Darauf achtete er genau.
Er dachte an den Stoffstreifen, den er von der Rückseite des Gemäldes abgetrennt und in seinem Gepäck versteckt hatte. »Von dem
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