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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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einem Dank entgegen und nippte ein paarmal an der perlenden Flüssigkeit. Allmählich fiel ein Teil der Anspannung von ihr ab und die Gedanken an Angelo kehrten zurück.
    Das Glas in der Hand, drehte sie sich um und betrachtete die Gesichter der Menschen, die Fabioncello bis hierher begleitet hatten. Sie sah strahlende Männer und Frauen, mit vor Freude und Aufregung geröteten Wangen. Hier, im Kreise derer, die sie von klein auf kannte, fühlte sie sich wohl und geborgen.
    Gerade wollte sie ihr Glas erneut an den Mund führen, als ihre Bewegung gefror. Die tiefschwarzen Augen, die sie aus einem der Hauseingänge finster anstarrten, funkelten vor Hass. Maria zitterte und einige Tropfen Prosecco liefen über ihren Handrücken, während sie den Blick wie gebannt erwiderte.
    Als Gianluca merkte, dass Maria ihn ebenfalls gesehen hatte, beeilte er sich, in eine andere Richtung zu schauen. Doch bevor er sich abwandte, konnte Maria sehen, dass er ziemlich verprügelt aussah. Seine linke Wange war stark geschwollen und er trug einen Verband über dem Ohr. Fast tat er ihr ein bisschen leid, andererseits hoffte sie, er habe nun endlich kapiert, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Und gab ihr sein Verhalten nicht Grund zu dieser Hoffnung?
    Jemand umfasste von hinten ihre Taille und sie spürte einen fremden Atem an ihrem Hals. Der Geruch von After Shave stieg ihr in die Nase. Für den Bruchteil einer Sekunde hoffte Maria, es wäre Angelo. Doch zugleich war ihr klar, dass ihr Verlobter in diesem Moment sicherlich anderes zu tun hatte. Und außerdem spürte sie, dass dieser Mann, der sie so vertraulich in den Arm schloss, deutlich größer sein musste.
    »Salute«, sagte Alessandro, als Maria sich umwandte, und hob ihr sein Glas entgegen.
    »Alessandro!« Maria war überrascht, ihren Cousin zu sehen. »Was machst du hier? Ich hätte nicht gedacht, dass du dich für dieses Spektakel interessierst, geschweige denn, dass es für dich ein Grund zu feiern ist …« Vorsichtig stieß sie ihr Glas gegen seines.
    »Nun«, sagte er und grinste vielsagend. »Interessant ist das hier für mich auf alle Fälle! Wenn auch vielleicht aus anderen Gründen als für dich. Und was das angeht«, er hob sein Glas, trank einen Schluck und verzog genießerisch das Gesicht. »Wenn es einen Grund zum Trinken gibt, bin ich immer dabei. Das weißt du doch.«
    Maria schüttelte den Kopf, lächelte aber. »Stimmt«, sagte sie, »das hätte ich eigentlich wissen müssen.«
    »Mach dir nichts draus, Cousinchen«, scherzte Alessandro. »Ich freue mich doch, wenn ich dich hin und wieder überraschen kann. Und ich glaube, in dieser Hinsicht habe ich noch das ein oder andere in petto.«
    Maria zog es vor, darauf nicht zu antworten. Zweifeln tat sie an Alessandros Worten nicht im Geringsten. Doch hatte sie die Befürchtung, dass die Überraschungen, auf die Alessandro anspielte, nicht nach ihrem Geschmack sein würden. Sie konnte nur darum beten, dass Matteo seinen Job als barbaresco verantwortungsvoll machte und dafür sorgte, dass sich niemand, der nicht die Befugnis dazu hatte, Fabioncello in den nächsten Tagen näherte. Auch nicht Alessandro, der Neffe des capitano .
     
    »Gelb und schwarz leuchtet der Himmel!
    Unser Vogel ist der größte der Welt.
    Keiner kann sich mit ihm messen.
    Er kämpft mit seinem Schnabel
    und zwingt seine Gegner in den Staub!
    Der Sieg des Adlers ist sicher, weil er Flügel hat!
    Gelb und schwarz leuchtet der Himmel!«
     
    Aus voller Kehle sang Maria die Hymne des Adlers mit, während sie der Prozession ihrer Gemeinde durch die Via Rinaldini folgte. An der Ecke zur Banchi di Sotto trafen die Adler auf die Mitglieder der anderen Contraden und gemeinsam zogen sie weiter zur Piazza del Campo.
    Fabioncello, der von Matteo vorneweg geführt wurde, versuchte immer wieder auszubrechen. Die Rufe der Männer und Frauen und die hervorgestoßenen Parolen, die zwischen den hohen Mauern widerhallten, machten das Pferd nervös. Sobald es ausschlug, brachten sich die Menschen vor seinen Hufen in Sicherheit, indem sie sich an die Häuserwände drängten.
    Maria folgte in den Reihen der Frauen und Kinder. Sie alle trugen bereits ihr fazzoletto, das gelb-schwarze Halstuch mit dem Wappen des Adlers. Ihre neu erstandene gelbe Bluse wollte Maria jedoch erst am Renntag anziehen. Jetzt trug sie eine einfache Jeans und ein enges schwarzes T-Shirt, das ihre schlanke, fast knabenhafte Figur betonte.
    Die Männer reckten während des Singens die Arme in die

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