Der dunkle Herzog
gehalten, und ich liebte ihn.«
»Ich weiß.«
Hart sah sie an, seine Augen schimmerten dunkel im Schein der Laterne. »Ich habe nicht gewusst, dass ich so lieben kann. Ich weiß bis heute nicht, woher diese Gefühle kamen. Aber ihn anzusehen – so klein, so vollkommen … in jenem Moment habe ich begriffen, dass ich nicht ganz und gar so bin wie mein Vater. Ich habe mich mein Leben lang davor gefürchtet, wie er zu sein, und ich habe dagegen angekämpft, aber als ich Graham angesehen habe, wusste ich, dass ich nicht so sein würde. Weil ich diesem kleinen Jungen niemals hätte wehtun können.«
Eleanor berührte seinen Arm, der sich unter seiner Jacke stahlhart anfühlte. »Nein.«
»Er war so zerbrechlich. Ich hätte alles auf der Welt getan, um ihn zu beschützen. Alles. Aber ich konnte es nicht.« Der Schmerz in seinen Augen traf sie wie ein Messerstich. »Ich konnte ihn nicht retten, El. Ich hätte dazu fähig sein müssen. Ich bin ein starker Mann, der stärkste, den ich kenne. Und ich konnte ihn trotzdem nicht retten.«
Eleanor lehnte die Stirn an seine Schulter. »Ich weiß, Hart. Es tut mir so schrecklich leid.«
Er lachte leise, aber es klang bitter. »Weißt du, dass die Leute mir gesagt haben, Grahams Tod sei ein Teil von Gottes Plan und dass er an einen besseren Ort gegangen wäre? Ich hätte jemanden fast dafür geschlagen, als er das sagte. Einen besseren Ort. Was für ein Blödsinn! Ich brauchte ihn hier.«
»Ja.«
»Als ich Graham ansah, habe ich begriffen, zu was ich geworden war. Du hast mir einen Teil der Wahrheit gezeigt, als du mich verlassen hast, aber dieser winzig kleine Junge hat mich dazu gebracht, mich selbst zu sehen. Den dunkelsten, verderbtesten Teil von mir.«
Seine Worte verklangen. Hart schwieg lange und starrte mit gesenktem Kopf auf seine Hände.
Eleanor trat vor ihn und nahm ihn bei der Hand. »Komm ins Haus«, sagte sie. »Es ist viel zu kalt hier draußen. Du musst dich aufwärmen.«
Eleanor mag den Verband tragen, aber der Verletzte bin ich, dachte Hart, als er die Decke von Eleanors frisch gemachtem Bett zurückschlug.
Unter Eleanors schwerem Mantel trug sie eines der alten Baumwollnachthemden, die sie von Glenarden mitgebracht hatte. Sie sah sein Stirnrunzeln, als sie den Mantel ablegte, und schüttelte den Kopf. »Hast du gedacht, ich laufe nachts in einem Satinhemd durch das Gras? Das ist das Ärgerliche an den Kleidern der Frauen: Sie sind schrecklich ungeeignet für einen Fußmarsch.«
»Und warum zum Teufel machst du dann mitten in der Nacht einen Fußmarsch?« Hart half ihr, den Arm aus der Schlinge zu nehmen. »Wollest du wieder krank werden?«
»Mir geht es sehr gut, vielen Dank, und ich habe dich gesucht.«
»Du hast mich gefunden.« Mit wehem Herzen und gefangen in einer tiefen Krise. Er hatte sich umgedreht, und da war sie gewesen.
Sag ihr alles,
hatte Ian geraten.
Es tut mir leid, Ian. Ich hatte genug Herzschmerz für eine Nacht.
»Ich will dir nicht wehtun«, sagte Hart.
Eleanor stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund. »Das wirst du nicht.«
Sagte sie das, weil sie ihm vertraute, oder weil sie sich ihrer selbst so sicher war?
»Ich werde dich allein lassen, damit du schlafen kannst.«
Eleanor drückte noch einen Kuss auf seine Lippen. »Nein, bleib. Schlaf mit mir.«
Sie wandte sich ab und ging zum Bett. Im Wärmekreis des Feuers knöpfte sie ihr Nachthemd auf und ließ es fallen, dann legte sie das Wenige ab, das sie darunter trug. Sie hatte sich nicht mit einem Korsett oder Unterhosen oder Unterröcken aufgehalten, bevor sie zu ihrem nächtlichen Ausflug aufgebrochen war. Ihr runder Po wölbte sich, als sie sich bückte, um das Hemd vom Boden aufzuheben. Sie lächelte Hart über die Schulter an, als sie sich wieder aufrichtete.
Gott stehe mir bei.
Hart zog sich die Jacke und die verdreckten Schuhe gleichzeitig aus, und zerriss in seiner Eile fast die Jacke. Er streifte Weste und Hemd, Unterhemd und Socken ab, während Eleanor die Bettdecke zurückschlug und ins Bett stieg. Sie lehnte sich in die Kissen zurück, ihr bandagierter Arm ruhte auf der Decke, und sah zu, wie Hart seinen Kilt öffnete und fallenließ.
Ihr Lächeln wurde tiefer, als ihr Blick ungeniert von seinem nackten Begehren angezogen wurde. Sie hob die Decke an. »Komm ins Bett und wärm dich.«
Hart legte sich neben sie, auf die rechte Seite, um nicht an ihren verletzten Arm zu stoßen. Er strich mit den Fingern über ihre schmale Schulter und
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