Der dunkle Highlander
unbeteiligt fühle, hilft mir aus unerfindlichen Gründen der Sex mit einer Frau - danach habe ich wieder das Gefühl, ein Mensch zu sein. Es funktioniert besser als alles andere.«
»Ah, deshalb hast du sie mitgebracht.«
Dageus sah ihn düster an. »Sie sträubt sich.«
Drustan verschluckte sich fast an seinem Whisky. Dageus brauchte Sex, um das grässliche Monster in Schach zu halten, und trotzdem reiste er mit einer Frau, die sich weigerte, in sein Bett zu schlüpfen? »Warum hast du sie nicht verführt?«, rief er aus.
»Ich arbeite daran«, brummte Dageus.
Drustan blieb der Mund offen stehen. Dageus konnte jede Frau verführen. Wenn nicht auf die sanfte Tour, dann freite er auf wilde, rohe Art, und das schlug niemals fehl. Drustan hatte beobachtet, wie das kleine Mädchen seinen Bruder angesehen hatte. Sie brauchte nur noch einen kräftigen Schubs. Warum, verdammt, hatte Dageus sie nicht geschubst? Plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Bei Amergin, sie ist diejenige, welche, hab ich Recht?«, flüsterte er.
»Diejenige, welche?« Dageus ging zu einem der großen Fenster, schob die Vorhänge beiseite und schaute hinaus in die Nacht. Er öffnete das Fenster und atmete tief und gierig die süße, kühle Highland- Luft ein.
»In dem Moment, in dem ich Gwen zum ersten Mal sah, wusste ich instinktiv, dass sie die Meine werden würde. Es war, als hätte mir das eine innere Stimme gesagt. Und von da an habe ich, ohne es selbst zu begreifen, alles getan, um sie zu behalten. Es ist, als ob uns das Druiden-Wissen hilft, unsere Lebensgefährtin auf den ersten Blick zu erkennen - diejenige, mit der wir die bindenden Gelübde austauschen können. Ist sie diese Frau für dich?«
Dageus fuhr herum, und der unverhohlen erschrockene Ausdruck auf seinem Gesicht war Drustan Antwort genug. Sein Bruder hatte dieselbe Stimme gehört wie er. Mit einem Mal keimte trotz allem, was er vorhin gesehen hatte, Hoffnung in ihm auf. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass die Liebe oft Wunder wirkte, wenn alles andere versagte. Dageus mochte zur Dunkelheit verurteilt sein, aber wundersamerweise war er noch nicht verloren.
Und Drustan vermutete, dass die Liebe im Kampf mit dem Bösen die stärkste Waffe sein konnte.
Als sich Gwen kurze Zeit später zu ihnen gesellte und Chloe nicht mitbrachte, war Dageus in Alarmbereitschaft. Er hatte Drustan noch nicht von dem Anschlag auf ihr Leben und von den Draghar erzählt - wer immer sie auch sein mochten.
Sie ist diejenige, welche, hab ich Recht?, hatte Drustan gefragt.
O ja, sie war es. Jetzt, da Drustan davon gesprochen hatte, verstand Dageus, was er vom ersten Augenblick an geahnt hatte - Chloe war ein Mädchen, das ein Mann behielt. Kein Wunder, dass es ihm widerstrebt hatte, ihr Gedächtnis mit einem Zauber zu trüben und sie wegzuschicken. Er hätte es niemals fertig gebracht, sie gehen zu lassen. Nun war ihm auch verständlich, dass er sich nicht damit zufrieden gab, sie nur in sein Bett zu bekommen.
In dieser dunkelsten Zeit seines Lebens hatte ihn das Schicksal mit seiner Gefährtin beschenkt. Welch eine Ironie! Wie sollte ein Mann unter diesen Umständen um eine Frau werben? Er wusste ja gar nicht, wie man so etwas anstellte. Er kannte nur die Verführung und die Eroberung. Zärtliche Gefühle, sanfte Worte und Liebesschwüre, das alles war ihm vor langer Zeit verloren gegangen. Als der jüngere Sohn, der weder Titel noch Ländereien erben würde und außerdem als Ketzer galt, hatte er viele seiner jugendlichen Gespielinnen dabei erwischt, wie sie seinen Bruder für sich gewinnen wollten.
Eine hatte verschämt ein Liebesspiel zu dritt vorgeschlagen - und zwar nicht mit einer anderen Frau, sondern mit seinem eigenen Zwillingsbruder.
Viermal hatte Dageus miterlebt, wie Drustan versucht hatte, sich eine Frau zu nehmen - und gescheitert war.
Dageus hatte schon früh und gründlich gelernt, dass er etwas besaß, was die Frauen wollten, und er hatte diese Fertigkeiten perfektioniert. Hatte Trost darin gesucht, dass die Frauen ihn nicht von ihrer Bettkante stießen, auch wenn sie sich darüber hinaus nicht auf ihn einlassen wollten. Als Liebhaber war er immer willkommen, auch wenn sich die Ehemänner im Zimmer nebenan aufhielten - eine Tatsache, die seinen Zynismus, was Herzensangelegenheiten betraf, nur gesteigert hatte.
Nur bei Chloe war es anders. Sie war die Einzige, die seinen Verführungskünsten widerstanden hatte. Und dennoch war sie bei ihm geblieben.
Ja, aber wie lange noch,
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