Der dunkle Kuss der Sterne
voller Stolz präsentierte. Wir versanken fast bis zu den Knöcheln in kostbaren Teppichen. Umrahmt von goldenen Lüstern und Seidentapeten thronte Manoa in einem Sessel mit geschnitzten Löwenfüßen. An dünnen Ketten angeleint, lagen zwei junge Wüstenlöwen vor diesem Thron. Einer von ihnen fauchte der Grauen entgegen. Jetzt war ich froh, dass ich auf Juniper gehört und der Hündin eine Leine umgelegt hatte. Juniper konnte sie kaum halten. »Sag deiner Dienerin, sie soll draußen mit dem Hund warten«, wandte sich Manoa an mich. Juniper wartete auf meinen Wink, dann zog sie sich gehorsam zurück.
Obwohl die Händlerin blind war, schien sie mich zu mustern. »Moreno, hm? Scheinst meine Geschenke gut angelegt zu haben. Ich höre raschelnde Seide. Aber wo hast du deine zwei Toten gelassen?«
»Ich habe sie weggeschickt.«
»Und dafür hast du ein neues Licht eingefangen? Und dazu noch so ein kostbares, ein Vermögen wert. Schönheit will jeder haben.«
»Das mag sein. Aber sie gehört mir.« Kallas verharrte zwar reglos, aber trotzdem spürte ich, wie angespannt sie war.
Eine flirrende Minute war Stille. Jetzt wurde auch ich nervös. Gelbe Löwenaugen waren auf mich gerichtet, aber als ich diesem Raubtierblick auswich, fing ich an einer Kette ein Detail ein, das mich fast aus dem Konzept brachte: eine vielfarbige Haarsträhne. Amad! Sehnsucht wallte in mir auf wie ein jäher, heißer Schmerz, fast konnte ich seine Nähe spüren. Er und Tian waren hierhergebracht worden. Ich konnte mir denken, wie die Löwen zu Amad strebten und ihm über die Hände leckten. Und wie er unauffällig das Zeichen an mich um die Glieder der eisernen Löwenleine knotete, während Manoa mit den Soldaten verhandelte. Wir sind auf dem richtigen Weg.
»Also schön«, brach die Alte die Stille. »Genug der Höflichkeitsspielchen. Was willst du?«
»Ich bringe den Méganes eine Kundin. Juniper will eine Gabe kaufen.«
»Das Fischermädchen, aha. Was zahlt die Hungerleiderin dafür? Zwölf Heringe?« Manoa lachte rasselnd und hustete.
»Deine Provision wird hoch genug ausfallen. Sie zahlt mit der Haut eines Eisenhais. Dreimal zwei Meter siebenundzwanzig. Ich bürge für die Echtheit.«
Manoas Brauen zuckten nach oben. Jetzt war sie ganz Händlerin, hellwach und sachlich. »Wenn es stimmt, was du sagst, setze ich sie auf meine Warteliste. Aber sie wird Geduld haben müssen, wie alle meine Kunden. Ich bin gerade erst von meiner letzten Tour aus Ghan zurückgekehrt. Die nächste findet erst wieder in fünf Monaten statt.«
Jetzt kam es darauf, gut genug zu bluffen. »Ich weiß. Die Reisen sind sehr anstrengend. Du kannst deine Kunden zwar mit einem Wimpernschlag in die Wüste bringen, aber zurück musst du zu Fuß gehen und mit dem Zug fahren wie alle anderen auch.« Vielsagend senkte ich die Stimme. »Denn leider ist der blaue Weg von Ghan nach Tibris versperrt.«
Manoa wirkte völlig ruhig, aber ihre Schoßtiere fingen an, nervös zu werden, als würden sie etwas ganz anderes auffangen. Immerhin wusste sie jetzt, dass sie es mit einer Moreno zu tun hatte, die das Geheimnis der Wege kannte. »Du solltest lernen, wann man besser schweigt, Tochter der Stadt.«
»Darin bist du ja eine gute Lehrmeisterin«, erwiderte ich mit einem Lächeln. »Du hast sofort erkannt, dass ich eine Hohe bin. Und du sagtest mir zwar, deine Vorfahren seien Hautwanderer gewesen. Aber du hast ganz vergessen zu erwähnen, dass die Übersetzung für Hautwanderer Moreno lautet. Folglich sind wir verwandt. Und innerhalb der Familie sollte man doch niemals Geheimnisse haben.«
Ihre Miene verdüsterte sich. »Moreno!« Sie schnaubte und schüttelte den Kopf. »So nenne ich mich nicht, denn das sind wir doch schon lange nicht mehr. Wie du ganz richtig bemerkt hast, kann ich nur einen Weg gehen, einen einzigen, in eine Richtung. Und den habe ich nicht mal selbst durch die Weltenhaut gebahnt. Das Geheimnis meiner Ahnen starb mit den mächtigsten von ihnen. Meine ganze Kunst besteht darin, die Geister zu sehen. Ich kann nicht einmal mit ihnen sprechen, das glauben nur die Trottel, die auf Botschaften aus anderen Wirklichkeiten hoffen. Also konzentriere ich mich lieber darauf, Käufer und Ware zusammenzubringen.«
Wie Gänsehaut auf meiner Seele spürte ich den Hass und Widerwillen meiner Lichter, und auch ich musste mich zwingen, freundlich zu bleiben.
»Das scheint dir nicht viel auszumachen. Obwohl du siehst, dass die Lichter eigene Wesen sind?«
Manoa lachte
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