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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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mit seinem stahlharten Blick durchbohren, während er auf die Estrade zuging. Ein unbehaglicher Moment verstrich, während Emmalyn – und in der Tat jeder, der bereits am Herrentisch Platz genommen hatte – darauf wartete, dass Cabal sich vor der Königin verbeugte.
    Doch Cabals Rücken blieb gerade aufgerichtet. Sein finsterer Blick war auf Emmalyn gerichtet, und es brannte etwas Beunruhigendes und Unbeschreibliches darin. Sie lachte nervös und beeilte sich, ihn vorzustellen. Sie neigte den Kopf als Hinweis für ihn, sich mit dem nötigen Respekt zu verhalten. »Eure Majestät, es ist mir eine große Ehre, Euch Sir Cabal vorzustellen, Fallonmours geschätzten Verteidiger.«
    Seine Lippen verzogen sich höhnisch bei Emmalyns höflicher Vorstellung, aber er richtete seine Aufmerksamkeit jetzt auf die Königin und verneigte sich so vor ihr, wie jeder andere es an diesem Abend auch getan hatte. »Ein Vergnügen, Euch zu begegnen, Eure Majestät«, murmelte er, wobei seine Sprache für Emmalyns empfindsames Ohr ungewohnt verwaschen klang. Sie roch Wein in seinem Atem und erkannte bestürzt, dass er getrunken hatte.
    Die Königin sah Cabal aus schmalen, prüfenden Augen an. Sie betrachtete ihn so eingehend, als sei sie ihm irgendwo zuvor schon einmal begegnet, als habe sie ihn wiedererkannt. »Ich hörte, dass Ihr meinem Sohn, dem König, im Krieg gegen Saladin gedient habt.«
    Er nickte lässig. »Das habe ich.«
    »Eure Treue und Ehre sind gelobt worden, Sir.« Königin Eleanor bedachte ihn mit einem Lächeln, das Legionen von Soldaten bezaubert hätte, aber Cabal blieb unbeeindruckt. »Wusstet Ihr, dass auch ich für meinen König das Kreuz auf mich genommen habe? Während des zweiten Krieges der Kirche gegen die Ungläubigen sind meine Hofdamen und ich nach Jerusalem gereist. Das war vor vielen, vielen Jahren, als ich in Frankreich lebte. Aber ich erinnere mich noch daran, als wäre es erst gestern gewesen, dass wir das Schiff verließen und ich dieses wahre Meer aus Sand gesehen habe. Und ebenso«, fügte Eleanor leiser hinzu, »erinnere ich mich gut daran, wie dankbar ich war, wieder zu Hause zu sein.«
    »In der Tat, Eure Majestät.«
    Verärgert über Cabals unverantwortlichen Zustand und seine offensichtliche Gleichgültigkeit, die er den Bemühungen der Königin entgegenbrachte, ihn in eine leichte Unterhaltung zu ziehen, mischte sich Emmalyn eifrig ein. »Sir Cabal hat König Richard nicht nur auf dem Kreuzzug gedient, Eure Majestät, sondern er hat auch einst Euren Gatten gekannt, König Heinrich.«
    »Ist das wahr?«, entgegnete die Königin und zog interessiert die feinen Augenbrauen zusammen. »Dachte ich es mir doch, dass mir etwas an Eurem Gesicht bekannt vorkommt, Sir Cabal. Gehörte Eure Familie dem Hof an? Vielleicht habe ich Eure Eltern gekannt.«
    Cabals lautes bellendes Lachen war nur einen Hauch weit von einer Beleidigung entfernt. »Nein … das glaube ich nicht, Eure Majestät. Meine Mutter ist dem König nur kurz begegnet, und mein Vater … nun, mein Vater ist mir nicht bekannt. Ich fürchte, dass Lady Emmalyn in ihrem Eifer mehr daraus gemacht hat, als es war –«
    »Der König hatte veranlasst, dass Cabal nach London gebracht wurde, nachdem er früh zur Waise geworden war«, ergänzte Emmalyn, die versuchte, sich nicht über sein despektierliches Benehmen zu ärgern, sondern sich bemühte, seinen ungeheuerlichen Verstoß gegen die Etikette wiedergutzumachen. »Es war König Heinrichs eigener Befehl, Cabal als Soldat in die königliche Garnison aufzunehmen, Eure Majestät.«
    »Wie interessant«, bemerkte die Königin, deren neugieriger Blick Cabals Gesicht jetzt sehr aufmerksam musterte. »Es war gewiss kein leichtes Unterfangen, die Gunst meines Gatten auf diese Weise zu gewinnen. Er war nicht unbedingt für seine Nächstenliebe bekannt, besonders nicht gegenüber jenen außerhalb seines Kreises. Und manchmal nicht einmal gegenüber jenen, die dazugehörten.«
    Eleanor bezog sich vermutlich auf ihre zehnjährige Einkerkerung – befohlen von Heinrich selbst. Es war die harte Bestrafung für die Mutter seiner Kinder gewesen, die er beschuldigt hatte, seine Söhne gegen ihn aufzuhetzen. Emmalyn empfand Mitleid mit einer Königin, zu deren Erinnerungen an ein erhabenes Leben wie dem ihren auch eine erniedrigende Erinnerung gehörte. Aber vielleicht war noch schlimmer für sie gewesen, dass alle Welt von den vielen Affären ihres Mannes während der Zeit ihres Eingesperrtseins gewusst hatte.

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