Der dunkle Ritter (German Edition)
und keuchte. »Bei allen Heiligen! Was hat dieser Hundesohn getan – Euch gezwungen, mit ihm zu baden?« Sein prüfender Blick verweilte einen Herzschlag zu lange auf Emmalyns gerötetem Gesicht, und seine Augen verengten sich. »Oder lässt die Röte auf Euren Wangen eher freien Willen vermuten, Mylady?«
Emmalyn starrte Arlo nur wortlos an. Sie würde seine Fragen nicht beantworten. Ihre Probleme waren weit größer als die gehässigen Machenschaften von Garretts verabscheuungswürdigem Seneschall. Sie trat einen Schritt zur Seite, doch Arlo verstellte ihr den Weg. »Ihr könnt doch nicht wirklich die andauernde Anwesenheit dieses Wächters hier auf Fallonmour dulden wollen«, sagte er herausfordernd. »Besonders da Ihr wisst, dass Ihr nur eine Nachricht an Lord Hugh schicken müsstet, um Richards Gefolgsmann auf Befehl des Prinzen von hier zu vertreiben.«
»Ich dachte, Ihr hättet Sir Cabal Unterstützung geschworen«, entgegnete Emmalyn ätzend. »Obwohl ich nicht sagen kann, dass Eure Doppelzüngigkeit mich überrascht, Arlo.«
Der Seneschall kicherte. »Und was ist aus Eurem Ehrgefühl geworden, Mylady? Enteignet und bewacht. Wie sehr muss doch dieser Gedanke an Euren hochfahrenden Idealen kratzen«, fügte er verschlagen hinzu. »Ich dachte, Ihr würdet in Anbetracht dieser neuen Umstände nur zu sehr darauf bedacht sein, Lord Hugh um Schutz zu ersuchen.«
»Was Hugh und der Prinz mir anbieten würden, wäre nicht Schutz«, sagte Emmalyn. »Haltet mich nicht einen Augenblick lang für so naiv zu glauben, dass Garretts Bruder auch nur einen Gedanken an mein Wohlergehen verschwenden würde, da ihn meine Rechte in den vergangenen drei Jahren recht wenig geschert haben. Sollte ich Fallonmour verlieren, sähe ich es lieber an einen ausgesuchten Vasallen des Königs fallen, als dass ich Hugh auch nur auf eine Meile herankommen ließe, damit er seinen Anspruch anmelden kann. Fallonmour hat bereits einen tyrannischen Lord erduldet; ich werde es nicht in die Hände eines weiteren fallen lassen.«
»Das Schicksal einer Märtyrerin – ist es das, Mylady?«, fragte Arlo höhnisch. »Ich frage mich, wie weit Ihr bei diesem lächerlichen Spiel gehen würdet, Lord Hugh seinen rechtmäßigen Anspruch auf Fallonmour zu verweigern. Würdet Ihr Euch Richards Handlanger opfern, wenn Ihr glaubtet, er könnte Euch helfen?« Er kicherte boshaft. »Vielleicht habt Ihr das ja schon getan.«
Erbost holte Emmalyn mit der Hand aus und schlug Arlo ins Gesicht. Ohne ein weiteres Wort raffte sie ihre Röcke und ging an ihm vorbei die Treppe hinauf.
»Ihr machtet heute einen großen Fehler«, knurrte Arlo ihr hinterher. »Ich hätte mich überreden lassen, bei Hugh um Nachsicht für Euch zu bitten, aber jetzt nicht mehr. Ihr habt Euren Weg gewählt, Mylady; Ihr geht ihn allein.«
Emmalyn weigerte sich, die Warnung des Seneschalls zur Kenntnis zu nehmen, obwohl sie sehr genau wusste, dass seine unheilvollen Worte der Wahrheit entsprachen. Sie stand allein da in ihrem Kampf, Fallonmour zu halten, jetzt mehr denn je. Sie fühlte diese Aufgabe zentnerschwer auf sich lasten, als sie die restlichen Stufen hinaufging, um sich in ihrem Zimmer einzuschließen und den Brief an die Königin zu schreiben.
Eine Stunde später stand Emmalyn auf dem Burghof und schaute dem Karren hinterher, der von zwei bewaffneten Wachen begleitet durch das massive Burgtor davonfuhr – und mit der Truhe beladen war, in welcher der größte Teil der im Frühjahr erzielten Einkünfte lag. Sie hatte dem Kutscher eine Extramünze für sein Versprechen gegeben, dafür zu sorgen, dass ihr versiegelter Brief direkt zum königlichen Palast gebracht werde. Jetzt konnte sie nur noch warten … und hoffen.
Zufrieden darüber, dass sie bei der Gestaltung ihrer Zukunft doch noch ein Eisen im Feuer hatte, betrat Emmalyn den Wohnturm. Unter dem Arm trug sie einen großen Korb mit Wolle, der vom Dorf gebracht worden war. Der Wollertrag war in diesem Jahr höher, als sie zu hoffen gewagt hatte, und die Qualität der Wolle gehörte zu der besten, die sie je gesehen hatte. Sie würde auf dem Markt in Lincolnshire in der nächsten Woche einen ansehnlichen Preis dafür erzielen können. Bei diesem Gedanken stieg Stolz in Emmalyn auf. Das Wagnis, das Garrett sich geweigert hatte einzugehen und das Arlo ein unverantwortliches Risiko genannt hatte, war inzwischen zu einem einträglichen Geschäft geworden.
Emmalyn stellte den Korb in der Kammer ab, die den Frauen als Arbeitsraum
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