Der dunkle Ritter (German Edition)
die rot gelockte junge Frau ihm gebracht hatte.
»Ich dachte, Ihr könntet hungrig sein, Mylord«, sagte sie und betrat, ohne auf seine Aufforderung zu warten, das Zimmer.
Cabal hatte mit dem Essen und Trinken kurzen Prozess gemacht und war zu müde, um zu protestieren, als Jane auf das Bett geklettert war, sich hinter ihn gekniet und sich an seinen Schultern zu schaffen gemacht hatte. Mit erfahrenen, geübten Händen hatte sie seine Anspannung wegbekommen. Er kannte Jane vom Hörensagen; Garrett hatte ihm und den anderen Kreuzrittern oft von ihrem Können und ihrem erotischen Appetit erzählt. Deshalb war es für Cabal keine Überraschung gewesen, als sie vorgeschlagen hatte, sie zu seiner Geliebten zu nehmen, während er auf Fallonmour war.
Was ihn hingegen überrascht hatte, war sein mangelndes Interesse an Jane gewesen. Zuerst hatte er ihr lüsternes Geplänkel amüsant gefunden, hatte sich sogar von ihr küssen lassen, als sie nach seinem Kinn gefasst und ihren Mund auf seinen gedrückt hatte. Aber für sein Empfinden waren ihre Lippen zu bereitwillig gewesen; ihre feuchte, geübte Zunge erregte in ihm nicht mehr als ein anfängliches Aufflackern von Verlangen, und die provokanten Worte, die sie an seinem Mund murmelte, klangen viel zu abgenutzt, um sein Begehren zu wecken. Sein Körper sehnte sich nach der unschuldigen Berührung und kühlen Aufmerksamkeit einer dickköpfigen, ernsten jungen Witwe, die sich vermutlich niemals etwas aus ihm machen würde. Und deshalb hatte Cabal das Mädchen ohne viel Federlesens aus dem Zimmer geschickt.
Doch so ausgehungert, wie er war, hatte er diese Entscheidung seitdem durchaus bereut. Allerdings nur bis zu diesem Augenblick. Jetzt, da er Lady Emmalyns Reaktion auf die Vorstellung, er habe eine andere Frau mit in sein Bett genommen, erlebt hatte, wusste Cabal, dass er sie anzog. Mochte sie auch noch so sehr versuchen, das zu leugnen. Er hatte die Erklärung für ihren so offensichtlichen Abscheu ihm gegenüber heute Morgen gefunden. Eifersucht war etwas, für das er Verständnis hatte. Vollstes Verständnis, fühlte er sich doch von der Reaktion Lady Emmalyns geradezu geschmeichelt.
Emmalyn warf ihm einen erzürnten Blick zu, als sie den Stall verließ. Doch anstatt sich darüber zu ärgern, wie es wohl ihre Absicht gewesen war, stellte Cabal fest, dass dieser Blick seine Lebensgeister mehr belebte, als irgendetwas anderes es hätte tun können.
11
Pete wartete bereits ungeduldig auf dem Übungshof auf Cabal, als dieser mit geschwellter Brust aus dem Stall trat. Als der Junge seinen Lehrmeister sah, stürmte er los und kam ihm auf halbem Wege entgegen. »Mylord, warum war Lady Emmalyn so aufgebracht? Als ich ihr sagte, dass ich Euch suche, antwortete sie: ›Kann denn niemand in dieser Burg einen Augenblick lang ohne diesen Mann auskommen?‹ Sie ist dann ärgerlich an mir vorbeigelaufen und war ganz rot im Gesicht.«
»War sie das?«
»Ja, das war sie.« Pete sah ihn ratlos an, vermutlich verwirrte ihn Cabals Gleichmut. Er beugte sich vor und senkte die Stimme, als erforderte der freundliche Rat von Mann zu Mann, den er ihm geben wollte, ein gewisses Maß an Vertraulichkeit. »Am besten, Ihr seid auf der Hut, Mylord, und haltet Euch für eine Weile von ihr fern. Sie scheint heute Morgen selten schlechter Laune zu sein.«
Cabal musste lächeln. »Ja, Pete, das ist sie. Selten schlechter Laune.« Er schlug dem Jungen auf die Schulter. »Nun, bist du bereit, mit deinen Übungen zu beginnen?«
Zusammen rüsteten sich die zwei Männer zum Übungskampf, Cabal mit seinem Breitschwert und Pete mit seinem Sarazenen-Säbel. Heute trug Pete Cabals Kettenhemd, was ihm ein Maß an zusätzlichem Schutz verlieh, sollte er einen Schlag abbekommen. Wenn man den Jungen in Aktion sah, schien diese Vorsichtsmaßnahme fast unnötig zu sein, denn sein intensives Üben am Vortag hatte ihn zu einem Meister der Abwehr und des Ausweichens gemacht. Petes lange Glieder und seine große Wendigkeit leisteten ihm heute Vormittag gute Dienste; er tänzelte jedes Mal flink zur Seite, wenn Cabal ihn angriff, und wenn er sich von der Gefahr nicht wegdrehen oder wegducken konnte, blieb er stehen und wehrte den Hieb mit der flachen Seite der Klinge aus starkem Sarazenenstahl ab.
Aber bei all seiner Gelassenheit und Geschicklichkeit wurde auch deutlich, dass Pete nicht geneigt war, von sich aus anzugreifen. Dieses Widerstreben war in der Tat eine schlechte Voraussetzung für seine Chancen, wenn er
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