Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Augenaufschlag an. »Ich kann dir zeigen, wie man sie für 72
    98 Cent dazu kriegen kann, die Beine breit zu machen.«
    »Ich will sie gar nicht flachlegen. Ich will nur bei ihr kaufen.« Freck fühlte sich unbehaglich. Barris hatte eine Art an sich, die ihm stets ein flaues Gefühl bescherte.
    »Wieso gerade für 98 Cent?« sagte er. »Sie würde kein Geld dafür nehmen; so eine ist sie nicht. Und überhaupt, schließlich ist sie Bobs Puppe.«
    »Nun, es wäre nicht im eigentlichen Sinne eine finanzielle Transaktion«, sagte Barris in seinem präzisen, ge-lehrten Stil. Er beugte sich zu Charles Freck hinüber.
    Seine haarigen Nasenlöcher zuckten vor heimtückischem Vergnügen. Und nicht nur das – auch seine Sonnenbrille schien plötzlich in einem intensiveren Grün zu leuchten.
    »Donna schnieft Coke. Sie würde ganz unzweifelhaft die Beine für jeden breitmachen, der ihr ein Gramm Coke gibt – besonders, wenn diesem Coke durch streng wissenschaftliche Prozeduren ganz bestimmte, exorbitant seltene chemische Substanzen beigemengt worden wä-
    ren. Und meine gewissenhaften Grundlagenforschungen haben mich zu einem Spezialisten für eben diese raren Stoffe werden lassen.«
    »Ich wäre froh, wenn du nicht so reden würdest«, sag-te Charles Freck. »Über Donna, meine ich. Und über-
    haupt wird ein Gramm Coke derzeit für über hundert
    Dollar gehandelt. Wer hat schon so viele Flöhe?«
    Barris unterdrückte ein Niesen und verkündete triumphierend: »Ich kann ein Gramm reines Kokain derivieren, ohne daß die Gesamtkosten für die Ingredienzien, die ich dazu benötige – die Apparaturen in meinem Labor nicht eingerechnet – mehr als einen Dollar betragen.«
    73
    »Du tickst wohl nicht mehr richtig. «
    »Ich kann es dir auf der Stelle vorführen.«
    »Und woher kommen diese Bestandteile?«
    »Aus dem 7-11-Kolonialwarenladen«, sagte Barris
    und kam stolpernd auf die Füße. In seiner Erregung
    wischte er ein Stückchen vom Patty Melt vom Tisch.
    »Bezahl die Rechnung«, sagte er, »und ich werd’s dir zeigen. Ich hab’ mir zu Hause ein provisorisches Laboratorium eingerichtet, mit dem ich arbeite, bis ich mir ein besseres leisten kann. Du kannst mir dabei zusehen, wie ich ein Gramm Kokain aus gesetzlich erlaubten Stoffen extrahiere, die im 7-11-Laden für weniger als einen Dollar öffentlich feilgeboten werden.« Er marschierte auf den Durchgang los. »Komm.« Seine Stimme klang drängend.
    »Okay«, sagte Charles Freck. Er nahm die Rechnung
    und folgte Barris. Der Knabe hat ja ‘n Schlag schräg, dachte er. Oder etwa doch nicht? Schließlich macht er dauernd chemische Experimente – und was er so alles in der Bezirksbücherei liest … Vielleicht ist ja doch etwas an der Sache dran? Stell dir mal den Profit vor, sagte er sich. Stell dir vor, wie wir absahnen könnten!
    Er eilte an der Kassiererin vorbei hinter Barris her, der im Gehen die Schlüssel für seinen Karmann Ghia aus den Taschen seines modischen Anzugs holte.

    *

    Sie stellten den Wagen auf dem Parkplatz des 7-11 ab, stiegen aus und gingen hinein. Wie gewöhnlich stand ein 74
    großer, schweigsamer Bulle an der vorderen Theke und tat so, als sei er in die Lektüre eines Sportmagazins vertieft; Charles Freck wußte, daß der Bulle natürlich in Wirklichkeit alle Eintretenden genau musterte, um abzuschätzen, ob sie vielleicht vorhaben mochten, den Laden zu überfallen.
    »Was willst du hier eigentlich kaufen?« fragte er Barris, der scheinbar ziellos durch die Korridore zwischen den Bergen von Konservendosen schlenderte.
    »Eine Sprühdose«, sagte Barris. »Solarcaine.«
    »Ein Sonnenschutzspray?« Charles Freck glaubte
    nicht wirklich daran, daß diese ganzen Ereignisse Realität waren. Aber andererseits, was wußte er schon? Wer konnte sich da sicher sein? Er folgte Barris zur Kasse; dieses Mal bezahlte Barris.
    Sie kauften die Dose Solarcaine, schlängelten sich an dem Bullen vorbei und gingen zurück zum Wagen. Barris steuerte den Karmann rasch vom Parkplatz und lenkte ihn die Straße hinunter. Er fuhr fast pausenlos mit Vollgas, ohne sich um die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu kümmern, bis er schließlich den Wagen auf der Auffahrt vor Bob Arctors Haus ausrollen ließ, wo unzählige alte Zeitungen, die nie jemand gelesen hatte, im hohen Gras des Vorhofes herumlagen.
    Als sie ausstiegen, nahm Barris einige Gegenstände, von denen Kabel herabbaumelten, vom Rücksitz, um sie nach drinnen mitzunehmen – Voltmeter, andere elektronische

Weitere Kostenlose Bücher