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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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sich auf dem Stahlträger im Schädel des Bären. Susannahs Kugel traf genau in die Mitte, und die Radarschüssel barst in hundert glitzernde Bruchstücke. Der Träger selbst war plötzlich in knisterndes blaues Feuer gehüllt, das sich netzförmig ausbreitete und einen Augenblick das Gesicht des Bären seitlich zu umklammern schien.
    Dieser erhob sich auf die Hinterfüße, stieß ein Heulen des Schmerzes aus und schlug mit den Vorderpfoten ziellos durch die Luft. Er stolperte in einem großen Kreis und ruderte mit den Armen, als hätte er plötzlich beschlossen wegzufliegen. Er versuchte wieder zu brüllen, aber statt dessen kam ein unheimliches Heulen wie von einer Luftschutzsirene heraus.
    »Das war sehr gut.« Roland hörte sich erschöpft an. »Ein guter Schuß, bedacht und zielsicher.«
    »Sollte ich noch einmal schießen?« fragte sie unsicher. Der Bär taumelte immer noch seine irren Kreise, aber jetzt kippte der Körper langsam seitwärts und in sich zusammen. Er stieß gegen einen kleinen Baum, prallte ab, kippte fast um und stapfte wieder im Kreis.
    »Nicht nötig«, sagte Roland. Sie spürte, wie er mit den Händen ihre Taille umklammerte und sie hob. Einen Augenblick später saß sie mit unter dem Körper verschränkten Beinen auf dem Boden. Eddie kletterte langsam und schlotternd die Pinie herunter, aber sie sah ihn nicht. Sie konnte die Augen nicht von dem Bären nehmen.
    Sie hatte Wale im Seeaquarium in der Nähe von Mystic, Connecticut, gesehen und war der Meinung, diese waren größer als das hier gewesen – möglicherweise viel größer –, aber dies war mit Sicherheit das größte Landlebewesen, das ihr jemals untergekommen war. Und es lag eindeutig im Sterben. Sein Brüllen war zu blubberndem Röcheln geworden, und obwohl es die Augen offen hatte, schien es blind zu sein. Es stolperte orientierungslos durch das Lager, stieß ein Gestell mit zum Trocknen aufgehängten Fellen um, trampelte das kleine Zelt nieder, das sie mit Eddie teilte, und prallte von Bäumen ab. Sie konnte den Stahlpfosten aus seinem Kopf ragen sehen. Rauchwölkchen stiegen um das Tier herum auf, als hätte ihr Schuß das Gehirn entzündet.
    Eddie erreichte den untersten Ast des Baumes, der ihm das Leben gerettet hatte, und setzte sich zitternd darauf. »Heilige Maria, Mutter Gottes«, sagte er. »Ich sehe ihn vor mir und kann trotzdem nicht glauben…«
    Der Bär drehte sich zu ihm herum. Eddie sprang erschrocken von dem Baum herunter und schlich zu Susannah und Roland. Der Bär achtete nicht auf ihn; er stapfte wie trunken zu der Pinie, die Eddies Zuflucht gewesen war, versuchte sie zu umklammern, was ihm nicht gelang, und sank auf die Knie. Jetzt konnten sie andere Geräusche aus seinem Innern dringen hören, Geräusche, bei denen Eddie an einen gewaltigen Truckmotor denken mußte, dessen Gänge eingelegt wurden.
    Der Bär wurde von einem Zucken geschüttelt, er krümmte den Rücken. Die Vorderkrallen schnellten in die Höhe und zerkratzten wie von Sinnen das Gesicht. Wurmbefallenes Blut spritzte und strömte. Dann stürzte er um, brachte den Boden mit seinem Sturz zum Erbeben und blieb still liegen. Nach all seinen seltsamen Jahrhunderten war der Bär, den das Alte Volk Mir genannt hatte – die Welt unter der Welt –, endgültig tot.
     
     
    9
     
    Eddie hob Susannah hoch, hielt sie mit hinter ihrem Po verschränkten klebrigen Händen und küßte sie innig. Er stank nach Schweiß und Pinienholz. Sie berührte seine Wangen, seinen Hals; sie strich mit den Händen durch sein nasses Haar. Sie verspürte den irrsinnigen Drang, ihn überall zu berühren, bis sie sich absolut versichert hatte, daß er wirklich war.
    »Er hätte mich fast erwischt«, sagte er. »Es war wie bei einer irren Jahrmarktsfahrt. Was für ein Schuß! Herrgott, Suze – was für ein Schuß!«
    »Ich hoffe, ich muß so etwas nie wieder machen«, sagte sie – aber eine leise Stimme in ihrem Innern widersprach. Diese Stimme behauptete, sie konnte es gar nicht erwarten, so etwas wieder zu machen. Und sie war kalt, diese Stimme. Kalt.
    »Was war…«, begann er und drehte sich zu Roland um, aber Roland war nicht mehr da. Er ging langsam auf den Bären zu, der jetzt auf dem Rücken lag und die zottigen Knie angezogen hatte. Aus seinem Innern drangen eine Abfolge gedämpfter Quietsch- und Blubberlaute, während seine seltsamen Eingeweide langsam den Dienst versagten.
    Roland sah, daß sein Messer tief in einem Baum in der Nähe des narbigen Veteranen

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