Der Dunkle Turm 3 - Tot
Bahn Kratzer auf dem Pflaster. Er dachte, daß dieser spezielle Kanaldeckel oft bewegt worden war. Er kniff die Augen zusammen, als er einen Klumpen blutigen Schleims in einer Furche zwischen zwei Pflastersteinen in der Nähe sah.
»Der Dreckskerl schlägt ihn ständig«, murmelte er.
Er zog den Kanaldeckel auf, sah hinunter und löste die Wildlederschnüre, die sein Hemd zusammenhielten. Er hob den Bumbler hoch und steckte ihn in das Hemd. Oy fletschte die Zähne, und Roland konnte einen Moment spüren, wie seine Krallen gleich scharfen Messern über die Haut von Brust und Bauch strichen. Dann zog Oy sie ein, sah mit seinen klugen Augen aus Rolands Hemd und schnaufte wie eine Dampflok. Der Revolvermann konnte den schnellen Herzschlag des Tiers an seinem eigenen spüren. Er zog die Wildlederschnur aus den Ösen des Hemds und holte eine andere, längere aus der Tasche.
»Ich muß dich anbinden. Das gefällt mir nicht, und dir wird es noch weniger gefallen, aber da unten ist es stockdunkel.«
Er band die beiden Wildlederschnüre zusammen und bildete mit einem Ende eine Schlinge, die er über Oys Kopf legte. Er rechnete damit, daß Oy wieder die Zähne fletschen, vielleicht sogar nach ihm schnappen würde, aber Oy blieb ruhig. Er sah nur mit seinen goldumrandeten Augen zu Roland auf und bellte wieder »Ake!« mit seiner ungeduldigen Stimme.
Roland nahm das lose Ende seiner behelfsmäßigen Leine in den Mund und setzte sich an den Rand des Kanalisationsschachts… wenn es sich darum handelte. Er tastete nach der obersten Sprosse der Leiter und fand sie. Er stieg langsam und vorsichtig hinunter und mußte schmerzlicher denn je spüren, daß ihm eine halbe Hand fehlte und die Sprossen glitschig von Öl und einer dicklichen Substanz waren, bei der es sich wahrscheinlich um Moos handelte. Oy war eine schwere, warme Last zwischen Hemd und Bauch und hechelte unablässig und harsch. Im düsteren Licht leuchteten die Goldringe seiner Augen wie Medaillons. Schließlich trat der tastende Fuß des Revolvermanns ins Wasser auf dem Grund des Schachts. Er sah kurz zu der Münze aus weißem Licht über sich hinauf. Ab jetzt wird es schwierig, dachte er. Der Tunnel war warm und feucht und roch wie ein uraltes Beinhaus. Irgendwo in der Nähe tropfte Wasser hohl und monoton. Weiter entfernt konnte Roland das Dröhnen von Maschinen hören. Er hob einen überaus dankbaren Oy aus dem Hemd und setzte ihn in dem seichten Rinnsal ab, das träge durch den Kanalisationstunnel floß.
»Jetzt liegt es ganz bei dir«, murmelte er dem Bumbler ins Ohr. »Zu Jake, Oy. Zu Jake!«
»Ake!« bellte der Bumbler und verschwand plätschernd in der Dunkelheit, wobei er den Kopf auf dem langen Hals wie ein Pendel hin und her schwang. Roland folgte ihm und hielt das Ende der Wildlederschnur in der verstümmelten rechten Hand.
24
Die KRIPPE – die groß genug war, daß sie sie im Geiste schon mit Großbuchstaben schrieben – stand im Zentrum eines Platzes, der fünfmal größer war als der, auf dem sie die gesprengte Statue gesehen hatten. Als sie die Krippe ruhig und eingehend betrachten konnte, stellte Susannah fest, wie alt und grau und durch und durch trostlos der Rest von Lud wirklich war. Dieses Gebäude war so sauber, daß es den Augen fast weh tat. Keine Reben wuchsen an der Fassade; keine Graffiti verunzierten die grellweißen Wände und Stufen und Säulen. Der gelbe Staub der Ebene, der alles andere überzog, fehlte hier völlig. Als sie näher kamen, sah Susannah den Grund: Wasserbächlein strömten endlos an den Mauern der Krippe hinab; sie kamen aus Öffnungen im Schatten kupferverkleideter Erker. Intervallspülungen aus anderen verborgenen Ventilen wuschen die Stufen und verwandelten sie in regelmäßigen Abständen in Wasserfälle.
»Mann«, sagte Eddie. »Dagegen sieht Grand Central wie ein Greyhound-Busbahnhof in Kuhdorf, Nebraska, aus.«
»Was bist du doch für ein Dichter, Liebster«, sagte Susannah trocken.
Die Stufen reichten um das ganze Gebäude herum und führten zu einer großen, offenen Halle. Hier hingen keine undurchsichtigen Matten verfilzter Vegetation herab, aber Eddie und Susannah mußten feststellen, daß sie trotzdem nicht gut nach drinnen sehen konnten; die Schatten, die das überhängende Dach warf, waren zu dunkel. Die Totems des Balkens verliefen um das Gebäude, stets in Zweiergruppen, aber die Ecken waren Wesen vorbehalten, wie sie Susannah niemals außerhalb von gelegentlichen Alpträumen sehen
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