Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
Brian, fick mich weiter …
– Kein Problem für Bri, Süße, kein Problem …
5.42 Uhr
SC2 Arbroath 3 Stenhousemuir 0
D2 Southend United 0 York City 0
… Bri, wenn ich erst mal richtig dran bin, kann ich die ganze Nacht ficken …
SPL Hibernian 3*
… ooh ooh OOOHHH OOOHHHH !
SPL Hibernian 3 St Johnstone 1
… AAAGGGHHHHH!!! OH, DU GEILE SAU!
Gott, die Erde bebte. War das vielleicht gut. Hi-hi-hi-bees vor!
Abends aßen wir in einem Chinaimbiss und sahen uns Gameshows in der Glotze an. Es war genau das, was ich brauchte. Entspannung.
Was ich brauchte.
Was brauchte sie?
Olly hatte sich um mich gekümmert. Freundlichkeit war das, was ich brauchte. Was hatte sie davon? Vielleicht sind manche Menschen einfach von Natur aus gut und freundlich. Ich dachte an sie und Denise. Und daran, wie sie mich damals hatte abfahren lassen.
– Warum hast du mich damals abfahren lassen?
– Du warst völlig breit und absolut unausstehlich, erwiderte sie.– Einfach so scheiß-lang-wei-lig.
Schätze, das war ein triftiger Grund.
Sie war gar nicht glücklich, als ich Denises Namen erwähnte.
– Ich hasse diese kranke kleine Ratte. Mieser, kranker Homo. Er hat rumerzählt, ich wär mit ihm mitgegangen. Warum sollte ich wohl mit ner Schwuchtel gehen? Ich steh nicht auf Schwuchteln. Das hat er geträumt, der dreckige kleine Wichser. Was glaubt er, was er damit beweist, wenn er so was erzählt?
Ich beschloss, das Thema fallen zu lassen. Mein Gesicht spannte und war taub. Es war eine wunde Taubheit, keine angenehme Taubheit. Mein Gesicht fühlte sich an wie schlimm von der Sonne verbranntes Gewebe, das notdürftig mit Klebeband zusammengeflickt worden war. Es hatte sich trotzdem gelohnt. Ja, es hatte jetzt definitiv mehr Charakter, und ja, es würde ein interessantes Gesprächsthema sein. Und da war auch noch die Aussicht auf Mitgefühl. Unterm Strich hatten sich die Dinge doch zum Besten entwickelt.
10
Junge Tunten
Ich hab versucht, meinen Alkohol- und Drogenkonsum einzuschränken, damit ich mal n paar Runden schlafen kann und weniger para bin. Mein alter Kumpel Donny Armstrong ist vorbeigekommen, um meinen Alten zu besuchen. Sie haben über Politik diskutiert. Als Revolutionär ist Donny immer hinter Leuten her, die sich in Bürgerinitiativen engagieren, und versucht, sie zu richtiggehend revolutionärer Politik zu bekehren.
– Schöne Schramme hast du dir da zugelegt, Alter, meint Donny.
– Du solltest mal den anderen sehen, sage ich großkotzig. Hört sich gut an. Der andere, Hobo, hat ein Gesicht wie n frisch gepuderter Babyarsch und ist über die Möglichkeit, dass ich auf der Suche nach ihm sein könnte (und ich suche nicht besonders intensiv), etwa so besorgt wie die großen Clubs auf dem Kontinent darüber, dass die Hearts wieder im europäischen Fußball mitmischen.
Der Alte treibt ihn jedenfalls zur Verzweiflung. Donny muss sich diesmal geschlagen geben. Norma steckt ihren Kopf durch die Tür, und mein Vater verdrückt sich unauffällig. Donny wendet seine Aufmerksamkeit mir zu, versucht, mich für die »Partei« zu gewinnen.– Du kannst nicht dein ganzes Leben lang über die soziale Realität hinwegsehen, sagt er. Das deprimiert mich, es heißt in der Sprache der Revolution: Du kannst nicht dein ganzes Leben lang den Schlauscheißer spielen.
Die Lösung ist laut Donny der Aufbau der revolutionären Partei. Das geschieht durch militante politische Aktion an den Arbeitsplätzen und in den Gemeinden, am Ort der Unterdrückung. Ich frage ihn, für wie effektiv er das bisher hält und ob die ganzen Studenten, Sozialarbeiter, Journalisten und Lehrer, aus denen sich seine Partei hauptsächlich zusammenzusetzen scheint, einen repräsentativen Querschnitt der Arbeiterklasse darstellen.
– Zugegeben, Mann, aber das liegt an der Rezession, antwortet er, als sei damit alles klar.
– Wie kommt es dann, dass die Militanten offenbar in der Lage sind, die kleinen Leute zu erreichen, während bei euch nur die Mittelschichtstypen landen?
– Hör mal, Mann, ich will Militant nicht niedermachen, denn es gibt schon genug Sektierertum in der Linken, aber …
Er lässt eine lange und bittere Tirade auf die Politik und die Repräsentanten der Scottish Labour Militant vom Stapel. Ich denke, was kann ich schon für die Emanzipation der arbeitenden Menschen in diesem Land tun, von den Reichen beschissen, zur politischen Untätigkeit verdammt durch das servile Vertrauen in eine reaktionäre, dahinsiechende und immer noch
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