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Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Titel: Der Durchblicker: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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unwählbare Labour Party. Die Antwort ist ein schallendes »Scheiß drauf«. Früh aufstehen, um in nem Einkaufscenter n paar Zeitungen zu verkaufen, ist nicht unbedingt meine Vorstellung von gelungenem Auschillen nach einem Rave. Wenn Leute wie Penman, Denise, Veitchy und Roxy irgendwann mal so weit sind, der Partei beizutreten, dann bin ich auch so weit. Das Problem ist, bei solchen Sachen sind immer zu viele Typen von Blindfischs Schlag dabei, Gott hab ihn selig. Ich glaube, ich bleib doch bei den Drogen, um mir die lange, dunkle Nacht des Spätkapitalismus zu verkürzen.
    Donny geht, wir beide haben uns mit unseren Argumenten völlig verausgabt. Doch er sieht fitter und fröhlicher aus als ich; er hat ein inneres Strahlen. Das Eingebundensein in den politischen Kampf mag tatsächlich schon an sich etwas Befreiendes haben, ungeachtet der Ergebnisse, die er bringt, oder besser: nicht bringt. Ich denke immer noch darüber nach, als eine Stunde später Ronnie auftaucht. Ich hab ihn seit dem bedauernswerten Vorfall letzte Woche nicht gesehen.
    Er berührt vorsichtig meine Nähte und lächelt mit müdem Mitgefühl. Dann schließt er die Augen und wackelt mit dem Finger in der Luft.
    – Ron, Mann, wegen neulich Abend tut’s mir wirklich leid … fang ich an, aber er legt den Finger an die Lippen und schüttelt langsam den Kopf. Er taumelt durch den Flur ins Wohnzimmer. Er findet die Couch mit derselben Sicherheit wie eine wärmegesteuerte amerikanische Rakete ein Waisenhaus in Bagdad. Gut gemacht, Ronnie.
    – Auf Valium, Ron?
    Er bewegt langsam den Kopf und prustet schwer durch fest aufeinander gepresste Lippen. Ich lege ein Video ein, und er döst weg. Ich lege das nächste ein und schlafe mittendrin selber. Ich merke, wie mir jemand an die Fußsohle tippt, und als ich aufschaue, sehe ich Ronnie gehen. Er hebt träge den Daumen, murmelt irgendwas und verschwindet in die Nacht.
    Deek kommt rein.– Wo is Dad? fragt er.
    – Weiß nich genau. Er ist mit Norma von oben weg.
    Deek verdreht die Augen und geht wieder.
    Ich schleppe mich rauf ins Bett.
    Am nächsten Tag bin ich mit Denise im Beau Brummel verabredet.
    Denise ist gerade im Stadium der Transformation von einem schwulen Klischee in ein anderes. Ist halt kein junger Hüpfer mehr, das wird’s sein. Ist ja keiner von uns. Das wird mir wieder klar, als er mit zwei kleinen Schwulen ins Beau Brummel kommt, die genauso aussehen wie Denise früher. Denise dagegen sieht in seiner Combatweste wie ein bösartiger Pfadfinderführer aus.
    – Drink für mein Freund. Nen Whisky, schnauzt er einen der jungen Schwulen an. Der kleine Arschficker springt sofort zur Bar. Ich wollte schon was sagen, weil ich eigentlich gar keinen Whisky mag, aber Denise liebt es immer, zu entscheiden, was das passende Getränk für seine Freunde ist, darauf basierend, wie sie seiner Ansicht nach aussehen, und ich hasse es, ihm seine dramatischen Auftritte zu verderben. Mein Bedürfnis, Denise diesen Hang zum Drama ausleben zu lassen, ist größer als mein Bedürfnis, beim Drogenkonsum von meinem Recht auf freie Willensentscheidung Gebrauch zu machen. Darin zeigt sich sehr anschaulich das größere Problem.
    – Hab neulich deine Ma gesehen, sage ich zu ihm.
    – Meine Ma! Wie geht’s ihr?
    – Ganz gut.
    – Wo war das? In der Siedlung?
    – Nee, in der Stadt.
    – Ich werd mich mit ihr mal zum Tee in der Stadt verabreden müssen. In die Siedlung zu kommen hab ich wirklich keinen Bock. Zu scheiß-deprimierend. Ich hasse das Drecksviertel.
    Denise hatte da nie richtig reingepasst. Zu camp, zu überheblich. Die meisten Leute hassten das, aber ich liebte ihn dafür. Einer von den Fickbubis begeht einen grässlichenVerstoß gegen das Protokoll und drückt Blondies »Denis«, wie in »Denise Denee«. Das regt Denise tierisch auf.
    – WER HAT DAS AUSGESUCHT?! WER?! Er steht auf und brüllt zur Jukebox rüber.
    Eine von den kleinen Schwuchteln zieht ne entschuldigende Schnute:– Aber Din-e-e-e-essse, du hast doch neulich gesagt, das wär dein Lieblingsstück. Weißt du nicht mehr, neulich Abend im Chapps?
    Der andere kleine Stricher beobachtet mit boshafter Freude das Unbehagen seines Freundes.
    Denise ballt die Fäuste, dann lässt er sie seitlich am Körper fallen.– DAS HEISST NUR, DASS ES MEIN LIEBLINGSSTÜCK IST! ICH BIN DER EINZIGE, DER DAS SCHEISSSTÜCK DRÜCKEN DARF! DU KRIEGST GLEICH WAS VORS MAUL, KLEINER! Er schüttelt wütend den Kopf.– Komm mir bloß nicht zu nahe, komm mir verdammt

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