Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
alle Freunde von mir und Ronnie Drogen nehmen.
Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich gebeten wurde, ein derartiges Leumundszeugnis abzugeben. Ich war zwar gerührt, aber auch ein wenig misstrauisch und zweifelte etwas an Tinas Urteilsvermögen.– Äh, ich weiß nicht, ob ich unbedingt der Richtige für Elternbesuche bin. Hat Olly dir nicht erzählt, wie wir uns kennengelernt haben, wie sie mich damals mitgenommen hat?
– Schon, aber das war ja nicht deine Schuld. Du kannst wenigstens manchmal clean bleiben, sagte sie.
Wir trennten uns, und ne Zeit lang fühlte ich mich toll. Nachdem ich drüber nachgedacht hatte, warum ich mich so toll fühlte, fühlte ich mich plötzlich schrecklich. Es schien, als hätte mich der Drogenkonsum mit den Jahren auf die Summe der positiven oder negativen Züge, die mir von anderen zugeschrieben wurden, reduziert; eine große, leere Leinwand, die andere fertigstellten. Wann immer ich ein etwas allgemeineres Selbstgefühl zu finden versuchte, fiel mir der Ausdruck SCHLAUSCHEISSER wieder ein.
Ronnie war kaum noch ansprechbar, als wir uns alle in der Gorgie-Dalry-Oyster-Bar trafen. Die Fotze ist ja vielleicht drauf. Er war wach, hatte aber die Zunge halb aus dem Mund hängen und verdrehte die Augen, als hätte er irgendne Art Anfall. Ich war n bisschen sauer, in diese Lage gebracht worden zu sein. Olly und ich hatten am Nachmittag viel gefickt, und meine Genitalien waren wund und klebrig von unseren Säften. Auf Waschen hatte ich keine Lust gehabt. Ich war nach Sex immer desorientiert und wollte meine Ruhe haben. Wir hatten n bisschen Hasch geraucht, der Teil war auch gut gewesen, aber jetzt saßen in dieser Bar die ganzen Leute um mich rum.
In der Bar sagte ich kein Wort, auch nicht im Taxi nach Clermiston. Tina und Olly quasselten, ohne mich zu beachten, während Ronnie aus dem Fenster glotzte. Ich hörte ihn zum Fahrer sagen:– Clermiston, Mann, als wir schon halb da waren. Der Fahrer nahm keine Notiz davon; auch sonst niemand. Ronnie flüsterte trotzdem weiter:– Clermiston, Mann, und kicherte leise vor sich hin. Die Fotze ging mir langsam auf den Zeiger.
– Versuch dich wie n Mensch zu benehmen, zischte Ollymich an, weil sie mein saures Gesicht registrierte, als Tinas Ma uns öffnete.
Es war peinlich. Ron ließ sich nur aufs Sofa plumpsen, drehte den Kopf und verschaffte sich mit einem Auge einen Rundblick durch das Zimmer. Ich saß an seiner Seite, Olly neben mir, und Tina kauerte zu unseren Füßen. Ihr Vater saß in einem Sessel vor dem Fernseher, und ihre Mutter stellte n paar Drinks und Häppchen auf den Tisch. Dann setzte sie sich auch in einen Sessel und zündete sich ne Zigarette an. Der Fernseher lief noch und beanspruchte die volle Aufmerksamkeit von Tinas Dad.
– Haut rein, murmelte er,– in diesem Haus halten wir nich viel von Förmlichkeiten.
Ich nahm mir nen Somosa und n paar Schnittchen. Nach dem Joint, den ich mit Olly nach unserem Fickmarathon geraucht hatte, war ich ziemlich fressgeil.
Ronnie fing an zu schnarchen, aber Tina stieß ihn mit dem Ellenbogen an, und er schreckte wieder hoch. Ihr Alter blieb ungerührt. Ich hätte mir den Spaß in aller Ruhe ansehen sollen, aber ich war irgendwie total nervös.– Spätschicht, sagte ich dämlich,– das ist das Problem, hm, Ron? Die Spätschicht. Von der Spätschicht kommste immer wie n Zombie.
Ronnie sah verdutzt aus; oder eigentlich eher blöde und zurückgeblieben.
Tinas Vater schnaubte sie an:– Ich dachte, du hättest gesagt, er würd nich arbeiten?
– Er macht n bisschen was mit mir zusammen, nichts, was durch die Bücher geht und so, schaltete ich mich ein.– Montage von Rauchmeldern. Bei den ganzen Mietshausbränden wollen jetz ja alle welche. Wissen Sie, wir ham grad die ganzen Altenwohnsiedlungen für die Stadt gemacht. Doppelschichten, weißte.
Ihr Vater nahm es mit apathischem Nicken zur Kenntnis. Tina, ihre Mutter und Olly schwafelten über den Schlussverkauf, und der alte Herr schlief ein. Auch Ronnie war bald wieder im Land der Träume. Ich saß bloß rum und stopfte mich gelangweilt und haschverfressen voll. Es schien mir der schrecklichste Abend, den ich je erlebt hatte. Ich war überglücklich, als wir aufbrachen.
Nachdem wir im Taxi zurück nach Dalry gefahren waren, wollte Olly heim und bumsen. Ich wollte ins Ryrie’s und mich besaufen. Wir zankten uns, und unsere Wege trennten sich. Im Pub traf ich Roxy und den SCHIZO . Der SCHIZO wollte gerade gehen, um so ne Frau
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