Der Durst nach Blut
.
»Du hast . diese Menschen von einer Hochzeit fortgelockt?« fuhr er Bahid an.
»Scheint so.«
»Das darf nicht wahr sein, du Narr!«
Borams Hieb streckte Bahid nieder und trieb ihn noch bis zur jenseitigen Wand.
Er wußte, wie hierzulande eine Heirat begangen wurde. Nicht selten mit Hunderten von Gästen! Und Bahid hatte vierzehn davon in seinen Bann gezogen und entführt - darunter die Braut! Wenigstens ein paar der anderen Feiernden mußten darauf aufmerksam geworden sein.
Und es war keineswegs so, daß in Kairo niemand an die Existenz von Vampiren glaubte. Wer diese Wahrheit zu akzeptieren bereit war, der wußte auch um die Möglichkeiten, wie man ihnen den Garaus machen konnte .
»Man wird deine Fährte finden und ihr bis hierher folgen!« prophezeite Boram dem am Boden Liegenden, dessen Wunde im Mundwinkel sich eben wieder schloß.
»Und wenn schon«, zischte Bahid.
»Man wird uns finden und ... wir werden gegen die Übermacht womöglich keine Chance haben!«
»Wahr gesprochen, Blutsauger!«
Boram benötigte zwei, drei Sekunden, um zu realisieren, daß nicht Bahid seine Worte erwidert hatte. Und als er das sich noch weiter vertiefende Grinsen des Bruders sah, ahnte er, welches Bild sich ihm bieten würde, noch bevor er sich umwandte.
Als er es dann endlich tat, fuhr ihm der Anblick dennoch wie ein glühender Dorn ins kalte Herz.
Genau dorthin, wo Boram schon jetzt die harte Spitze eines der Holzpflöcke zu spüren glaubte, die ihm gleich im Dutzend entgegengereckt wurden .
O ja, die Menschen, die da zur Tür in das leichenübersäte Kellergewölbe hereinquollen, wußten in der Tat, wie man Vampire zu bekämpfen hatte.
Und allein ihr Auftreten ließ keinen Zweifel daran, daß sie eisern entschlossen waren, es zu tun!
*
Sydney
Sie waren zu dritt. Und sie veranstalteten einen Radau, einen Höllenlärm wie eine ganze Meute!
Lilith blickte ihnen entgegen, ohne sich erklären zu können, warum ihre Instinkte ihr keine Warnung zugeschrien hatten. Warum ihre Witterung tot blieb - auch jetzt noch, da die Bestien bereits unübersehbar und unüberhörbar auf sie zuglitten .
Gelegenheit, ausgiebig darüber nachzudenken, erhielt sie zunächst nicht.
Sie war nackt - doch diese Nacktheit und die Erotik ihres blassen Körpers weckten bei ihren Feinden kein Begehren. Der Wunsch -oder die Lust - zu töten stand ganz im Vordergrund der rubinrot glimmenden Augen. Die Blicke besaßen eine solche Intensität, daß es aussah, als schürte jemand ein Fegefeuer in den Köpfen der Untoten.
»Wechselbalg!« klang es erneut auf. »Hurenkind!«
Heiser.
Bösartig.
Wahnsinnig vor Rachedurst, als gäben sie ihr die Schuld an der Zerstörungsorgie, die hier geschehen war.
Der erste Vampir erreichte Lilith, als sie gerade den halluzinoge-nen Rausch der Metamorphose ausgelöst hatte; jene Tötungsekstase, die ihr Gehirn nicht nur mit einer absurden Mixtur aus Adrenalin und Endorphinen überschwemmte, sondern auch ihren Körper für den schrecklichen Kampf stählte, vor dem es kein Entrinnen gab.
Für Bitterkeit war kein Platz.
Die Umwandlung ihres Körpers war abgeschlossen; er bot sich nun ähnlich martialisch dar wie der ihrer Gegner: Die Anmut war aus ihren Zügen gewichen, war ersetzt worden von einem Ausdruck, der jeden Menschen vor Entsetzen hätte versteinern lassen. Zwei elfenbeinfarbene Zähne drängten weit aus ihrem Mund und schoben sich weit über die Unterlippe. Leicht gebogen, besaßen sie feine Kanäle, durch die Lilith Blut zu saugen vermochte .
Menschenblut.
Aber dies waren nicht bloße Werkzeuge zur Nahrungsbeschaffung - es waren auch gefährliche Waffen! Wie ihre Hände, die sich zu Klauen mit rasiermesserscharfen Fingernägeln verformt hatten.
Ähnlich bewehrt war der Feind, der mit einem heiseren Schrei auf ihr landete und sie nun mit sich zu Boden riß ...
Ein verbissenes Ringen begann.
Lilith spürte, wie sich die Nägel des Vampirs in ihre Schulterblätter bohrten und dort zerrten, als versuchten sie ganze Fleischstücke herauszutrennen.
Der Schmerz drang ihr kaum ins Bewußtsein. Nur die Notwendigkeit, zu reagieren, bevor .
Fäulnisgeruch wehte ihr aus dem Rachen des männlichen Vampirs entgegen, dessen Absicht klar war: Er wollte ihr mit seinen Zähnen die Halsschlagader durchtrennen, wollte sie töten!
Sie konnte gar nicht anders. In diesem Zustand blieb ihr nichts anderes übrig, als ihre eigenen mörderischen Klauen in den Nacken dieses blutsüchtigen, rachelüsternen Killers zu
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