Der Eden Effekt
»Wer ist das?«
Auf dem Foto war eine hübsche Asiatin mit hohen Wangenknochen und langem schwarzem Haar abgebildet. »Die Frau habe ich noch nie gesehen.«
»Und den Mann hier?«
Das nächste Foto zeigte einen grauhaarigen Mann mit einem kantigen Gesicht Ende vierzig.
»Den kenne ich auch nicht.«
»Er hinkt«, fügte Gunter hinzu.
Anika zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
»Und den hier?« Gunter zeigte ihr das Bild eines jungen Mannes Mitte zwanzig in einem Blaumann, der neben einem Motorrad stand.
»Den kenne ich auch nicht.«
»Und den hier?«
Auf dem Foto war ein großer, muskulöser Mann mit schwarzem Haar und einem dicken Schnurrbart Ende dreißig abgebildet. Er hatte ein gegerbtes Gesicht, als würde er sich oft im Freien aufhalten. »Ich kenne ihn nicht.«
»Und den hier?«
Anika versuchte angestrengt, sich zu entspannen, als sie auf Skip Murphys Foto schaute. Dann hob sie den Blick und tat so, als würde sie plötzlich vor Angst erstarren. »Jetzt verstehe ich!«
»Was?«, fragte Gunter.
»Das sind die Männer, die sich mit mir vergnügen dürfen, wenn ich an den Tisch gekettet werde, nicht wahr?«
Hoffentlich nehmen sie mir meine Panik ab! Bitte, lieber Gott, sie müssen glauben, dass ich aus Angst vor Kasperskis verdammtem Vergewaltigungstisch so reagiert habe.
Als Stephanie mit der flachen Hand auf den Tisch schlug, zuckte Anika zusammen. »Zum Teufel mit dir, Michail!«, sagte sie und starrte Anika an. »Kasperski hat nur damit gedroht.«
»Für mich hörte sich das aber ganz anders an«, flüsterte Anika mit gesenktem Blick.
Stephanie seufzte. »Die Fotos kannst du vergessen, Gunter.«
»Noch eins.« Gunter zeigte ihr noch ein Foto. »Wer ist diese Frau?«
Anika runzelte die Stirn. »Das ist die stellvertretende Außenministerin Amy Randall. Das wissen Sie doch mit Sicherheit selbst.«
»Erzählen Sie uns etwas über sie.«
»Was denn? Ich habe für sie an dem Modell gearbeitet.«
»Hat sie ECSITE erwähnt?«, fragte Gunter verärgert.
»Ja. Sie wusste, dass Mark Schott für ECSITE tätig ist. Ich sollte sie sofort informieren, sobald er Kontakt zu mir aufnimmt.«
Gunter entspannte sich. »Natürlich.«
Stephanie und Gunter kommunizierten schweigend miteinander, und dann zeigte Stephanie auf eine Mappe. »Gib ihr die Unterlagen!«
Gunter zog einen Stapel Blätter aus der Mappe. »Das hier sind technische Berichte, Studien des Energieversorgungsunternehmens Conn Edison und Berichte zur Verkehrsplanung.« Er griff unter den Tisch und hob eine Versandrolle vom Boden auf, die Anika nicht gesehen hatte. Er zog eine dicke Rolle Straßen- und Landkarten heraus, die er auf dem Tisch ausbreitete. Anika erkannte sofort Satellitenfotos von New York, New Jersey, Long Island und Connecticut.
»Wozu brauchen Sie das?«, fragte Anika und schaute Gunter argwöhnisch an.
»Wir starten zum Gegenangriff«, erwiderte Gunter freundlich. »Sie studieren die Berichte und Stadtpläne und sagen uns, wie wir New York City am besten lahmlegen können.«
»Ich verstehe nicht«, murmelte Anika leise.
Stephanie beugte sich vor und funkelte sie mit ihren blauen Augen entschlossen an. »Die Amerikaner machen uns das Leben schwer. Wir müssen ihnen begreiflich machen, wie dumm das ist, und sie dazu bewegen, die Restriktionen, die sie unseren Geschäftspartnern auferlegen, zu lockern.«
»Das ist nicht mein Problem.«
Stephanie lächelte spöttisch. »Doch, das ist es, Anika. Sie sind der Grund, warum sie uns unter Druck setzen. Daher werden Sie einen Weg finden, wie wir sie zur Umkehr bewegen können.«
»Warum sollte ich Ihnen helfen, meinem Land Schaden zuzufügen?«
Gunter zog ein letztes Foto aus der Mappe.
Als Anika auf das Foto starrte, begann ihr Herz zu rasen. Die Szene auf dem Bild war unmissverständlich. Vor einem Mann mit heruntergezogener Hose lag eine nackte Frau, die mit ausgestreckten Armen und Beinen an einen großen Metalltisch gefesselt war. Drei weitere Männer standen daneben und beobachteten alles. Einer beugte sich vor, um besser sehen zu können. Das Gesicht der Frau war der Kamera zugewandt. Ihre Augen waren geschlossen, der Mund verzerrt, und auf ihrem Gesicht spiegelte sich entsetzliche Angst.
Anika schob das Bild mit den Fingerspitzen von sich. »Wie viel Zeit habe ich?«
»Vierundzwanzig Stunden.«
»Und wenn ich es tue?«
»Dann kehren Sie in Ihre Wohnung zurück, und Ihr Vater wird nicht in einer einsamen Nacht erschossen, während er
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