Der Effekt - Roman
begleichen?«
»Ja und nein«, sagte Shah. »Wir müssen unsere Sachen holen, aber die letzte Woche unseres Aufenthalts wurde nicht in Rechnung gestellt, da wir für die Sicherheit des Hotels verantwortlich waren.«
Dann wird das Hotel ja nicht mehr lange stehen, dachte Jules.
»Eins noch, Mr. Shah. Oder soll ich besser ›Sergeant‹ sagen?«
»Das dürfen Sie selbst entscheiden, Miss.«
»Also gut. Bitte entschuldigen Sie, dass ich das frage, ich möchte nicht respektlos sein, aber sprechen ihre Männer gut Englisch? Ich frage nur, weil es in einer brenzligen Situation wichtig werden könnte.«
Shah grinste breit. »So gutes Englisch wie die Königin selbst. Mit einem leichten Londoner Einschlag, der von ihrem Ausbilder kommt.«
»Ausgezeichnet.« Jules lächelte. »Dann wäre ja alles geklärt. Wenn Sie jetzt eine kleine Gruppe zusammenstellen wollen, um Ihre Sachen aus dem Hotel zu holen, könnte ich unterdessen einen Vertrag aufsetzen, den Sie lesen und unterschreiben können. Dann bräuchte ich Ihre Hilfe, um die Kisten da hinter Ihnen zum Boot zu bringen. Dort können Sie sich mit den anderen bekanntmachen und für die Sicherheit des Schiffs sorgen. Anschließend werden Sie und ich und Mr. … Thapa, richtig? Wir werden dann wieder an Land gehen und eine verlässliche Crew anheuern.«
Shah stimmte zu, hatte aber noch eine letzte Frage.
»Haben wir ein Ziel, Miss?«
»Bitte sagen Sie Jules zu mir. Nein, wir haben kein Ziel. Zunächst einmal wollen wir so schnell wie möglich von hier weg und viel Raum zwischen uns und diese verdammte Energiewelle bringen.«
Es war schon spät, als sie zum Hafen zurückkamen. Shahs Männer beluden den Cruiser in weniger als einer Stunde, aber die Hin- und Rückfahrten zur Aussie Rules dauerten sechs Stunden. Der Sicherheitsdienst des Hafens, zu dem einige Muskelprotze gehörten, passte zwar auf ihr Boot auf und verscheuchte potenzielle Plünderer, aber es war nicht damit zu rechnen, dass sie so wachsam blieben. Jules war sehr erleichtert, als Thapa sich um die Sicherheit der 14-Meter-Jacht kümmerte, während sie mit Mr. Shah die nächsten Schritte in die Wege leiten konnte.
Es war jetzt kurz vor zehn Uhr abends, und der Jacht-Club war noch immer hell erleuchtet. Der Strom kam von einem Diesel-Generator, der irgendwo in der Nähe vor sich hinsummte. Erstaunlicherweise hörte man Musik und Gelächter und das Klirren von Gläsern von den teureren Ankerplätzen herüberschallen. Dort lagen eine ganze Menge Luxusjachten, einige davon waren so groß wie Jules’ Boot. Offenbar hatten die Besitzer und ihre Gäste genug Geld und Leibwächter, dass sie glaubten, die Ereignisse jenseits des Hafens könnten ihnen nichts anhaben. Nicht alle Ankerplätze waren belegt. Jules schätzte, dass ein Drittel des Hafens leer war, weil die Boote, die dort normalerweise lagen, bereits fort waren. Auf den verbliebenen Schiffen schienen alle damit beschäftigt zu sein, die grausame Realität zu ignorieren oder mit Champagner darauf anzustoßen, gut bewacht von bewaffneten Bodyguards.
Das eigentliche Acapulco aber war ein Flickenteppich aus hellen und dunklen Bereichen. Vom Flugdeck der
Jacht aus betrachtet, wirkten manche Teile der Stadt ganz alltäglich. In Mietshäusern und Villen waren die Fenster erleuchtet, der Verkehr auf den Straßen an der Küste bewegte sich flüssig, und durch ihr Fernglas konnte sie eine Menge Menschen am Ufer erkennen. Aber in anderen Gegenden regierte das Chaos. Häuser brannten, und man hörte das andauernde Knattern von Schusswaffen. In den ersten Nächten waren zahllose Sirenen zu hören gewesen, inzwischen ertönten sie nur noch sporadisch. Tatsächlich konnte Jules sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal eine gehört hatte. Sie schenkte drei Tassen Kaffee ein und dankte Gott leise dafür, dass die gigantische Giftwolke, die von den brennenden amerikanischen Städten verursacht wurde, nach Osten gezogen war und nicht nach Süden. Sie war überzeugt davon, dass diese Stadt hier völlig dem Chaos anheimfallen würde, falls ein nuklearer Winter ähnlich wie in Europa ausbrach.
»Thapa, komm her und trink deinen Kaffee«, rief Shah und reichte dem schwer bewaffneten Mann auf dem Deck unter ihm einen dampfenden Becher. Thapa nahm sein Getränk mit einem höflichen Kopfnicken entgegen und lächelte Jules zu. Sie war erleichtert, dass die Krieger, die sie angeheuert hatte, über gute Umgangsformen verfügten.
Sie fragte sich, wie Pete die ganze Sache
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