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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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war, hatte eine Dringlichkeitssitzung des wieder ins Leben gerufenen UN-Sicherheitsrats in Genf stattgefunden. Dabei hatten die autorisierten Mitgliedsstaaten eine Resolution verabschiedet, in der sie erklärten, jedem weiteren Nuklearschlag mit »allen nötigen Mitteln« entgegenzutreten. Im Gegensatz zu den sonstigen diplomatischen Gepflogenheiten hatten die russischen und chinesischen Diplomaten unmissverständlich klargemacht, dass damit ein massiver Atomangriff auf Israel gemeint war.
    Kein anderes Land hatte Einspruch dagegen erhoben.

    »Wir wissen immer noch nicht, wo ihre anderen Atom-U-Boote sich verstecken«, sagte Ritchie.
    »Das ist nicht unser Problem«, sagte Franks. »Nicht mehr. Wir sind aus dem Großmachtspielchen raus. Sollen doch die Scheiß-Franzosen oder die Briten sie suchen. Die haben mehr zu verlieren.«
    Die kleine Gruppe der Offiziere begab sich in einen Konferenzraum, der für sie hergerichtet worden war. Franks, als neuer Vorsitzender der Oberkommandierenden, wies jedem der Eintretenden einen Sitzplatz zu. Er und Ritchie nahmen am Kopfende des Tisches Platz. Es gab keine Einführungszeremonie. Franks befahl den ersten Berichterstatter aufs Podium.
    Colonel Maccomb nickte und lächelte Ritchie dünn zu, als er um den Tisch herumging. Die beiden Männer waren in letzter Zeit mehr miteinander zusammen gewesen als mit ihren Familien, und Ritchie vertraute dem Urteilsvermögen des Mannes. Er konnte Jed Culver wie ein offenes Buch lesen, und er hatte vor der Möglichkeit eines israelischen Atomangriffs gewarnt, schon Tage bevor er geschehen war, was allerdings nicht sehr überraschend gewesen war, weil die gleiche Vorhersage viele Male in der Presse zu lesen war. Aber Maccomb hatte ein Szenario für einen Atomschlag ausgearbeitet, das dann den tatsächlichen Vorgängen ziemlich genau entsprochen hatte. Unglücklicherweise war der Bericht erst auf Ritchies Schreibtisch gelandet, nachdem Asher Warat ihn aufgesucht hatte. Daraufhin hatte der Admiral dem Kommandanten der 500. Geheimdienst-Brigade deutlich zu verstehen gegeben, dass er einen Bericht von Maccomb nie mehr derart verbummeln sollte.
    »Guten Morgen, meine Damen und Herren«, begann Maccomb. »Zunächst möchte ich auf die Situation in den verschiedenen Regionalkommandos eingehen, bevor wir die einzelnen Details gemeinsam erörtern. Erstens, der
Nahe Osten: Nach den letzten Berichten ist über die Hälfte der Bevölkerung ums Leben gekommen. Sehr wahrscheinlich werden drei Viertel der Überlebenden in den kommenden sechs Monaten ebenfalls sterben.«
    Es gab keine wahrnehmbare Reaktion auf diese Feststellung. Alle waren längst an die Horrormeldungen aus dieser Region gewöhnt.
    »Die massiven Kampfhandlungen sind überall eingestellt worden, sowohl zwischen unseren Streitkräften, die mittlerweile die Region verlassen haben, und den feindlichen Truppen, als auch zwischen Israel und seinen früheren Gegnern. In Israel herrscht weiterhin das Kriegsrecht, aber wir gehen davon aus, dass es innerhalb der kommenden achtundvierzig Stunden aufgehoben wird, wenn die ergriffenen Dekontaminierungsmaßnahmen es der Bevölkerung erlauben, wieder zur Arbeit zu gehen.«
    Maccomb nahm sich eine Fernbedienung und schaltete den breiten Bildschirm ein, der hinter ihm an der Wand hing. Die bekannte Landkarte des Nahen Ostens erschien. Jeder einzelne Zielpunkt des Atomschlags war markiert und die Bereiche der radioaktiven Verseuchung darum schraffiert.
    »Eine gemeinsame Einsatztruppe der Briten, Franzosen, Russen und Chinesen ist in Saudi-Arabien eingetroffen, um unsere abgezogenen Truppen zu ersetzen. Kleinere Einheiten wurden in verschiedenen Golfstaaten stationiert, um die Sicherheit der Erdöl-Infrastruktur zu sichern. Die Raketen der Russischen Föderation, die auf Israel gerichtet sind, bleiben in höchster Alarmbereitschaft. Britische und französische U-Boote bleiben vor Ort im östlichen Mittelmeer zur Abschreckung weiterer Atomschläge von Seiten Tel Avivs. Der zukünftige Status des französischen Atom-U-Boots Le Triomphant bleibt unklar und hängt von dem Ergebnis der Konflikte innerhalb Frankreichs ab.«

    Ritchie hatte Mühe, ein missbilligendes Schnauben zu unterdrücken. Colonel Maccomb hatte wirklich ein erstaunliches Talent zur Beschönigung. Der »Konflikt«, den er erwähnt hatte, war vom totalen Chaos in eine Art Bürgerkrieg übergegangen und inzwischen im Stadium eines einzigen blutigen Durcheinanders angekommen. Die Position der

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