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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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es ein einziges Gemetzel gewesen. Niemand hatte eine Ahnung von den Verlusten des Feindes, aber allein in diesem Sektor musste die Zahl in die Tausende gehen. Vielleicht waren es sogar zehntausend inzwischen.
    Lieutenant Euler tauchte neben ihm auf und reichte seinem Funker den Hörer.
    »Haben Sie alles mitbekommen?«, fragte er. »Damit Sie den Leuten zu Hause alles schön erklären können?«
    Es war der Versuch, einen kleinen Scherz zu machen, aber seine jungen Offiziere waren zu müde, um ihn lustig zu finden. Schlafen können wir, wenn wir tot sind, war das inoffizielle Motto der Truppe geworden. Bret Melton nickte abwesend und spuckte auf den Boden. Er spürte, wie das Nikotin des Kautabaks sich langsam in seinem Körper ausbreitete.
    »Hat es Opfer gegeben?«, fragte er.
    Euler schüttelte den Kopf.
    »Keine ernsten Verletzungen. Keine beschissenen Treffer im Oberkörper oder abgetrennte Beine, wir können uns glücklich schätzen. Diese Fedajin-Mistkerle schießen so schlecht, dass man sich fragt, ob sie darauf hoffen, dass wir sie einkassieren.«
    Saddams Freiwilligenarmee hatte ihre Hauptangriffe in den Städten unternommen, und auch wenn sie hier und da einige Erfolge erzielt hatte, schien es doch so, als würde sie auf Zeit spielen und die Koalitionsstreitkräfte zum Verschießen ihrer Munition provozieren wollen. Da die Truppen nicht genug Männer hatten, um ordnungsgemäße Quartiere für Kriegsgefangene einzurichten, wurde von den Offizieren die inoffizielle Parole ausgegeben, dass keine Gefangenen gemacht werden sollten. Einige Einheiten waren daraufhin dazu übergegangen, schwarze Fahnen zu hissen, um diesen Umstand zu signalisieren. Es hatte sicherlich nicht lange gedauert, bis die Iraker verstanden hatten, was damit gemeint war.

    Als Taktik, fand Melton, machte es durchaus Sinn, zuerst die wertlosen Truppen voranzuschicken, um sie als Kanonenfutter zu verheizen. Allen war klar, dass sie nicht auf Bagdad marschierten, das wäre Wahnsinn gewesen. Die britischen und amerikanischen Streitkräfte im Süden des Irak wollten das verwüstete Land möglichst bald wieder verlassen und sich nicht weiter dort engagieren. Jedenfalls wollten sie so schnell wie möglich wieder verschwinden, was nur möglich war, wenn die Kuwaiter und die Saudis ihnen den Weg frei machten. Die kleinen polnischen und australischen Einheiten waren schon fort, weil für sie die Grundlage ihres Einsatzes verlorengegangen war. Nun konnte sich Saddam von Bagdad aus über die Koalitionstruppen lustig machen und sich von der Bevölkerung der arabischen Staaten angesichts dieses Sieges über die »Kreuzfahrer« feiern lassen.
    Aber nicht öffentlich, nicht, seit wir unsere Bombe auf Uday abgefeuert haben.
    Saddam trat zwar noch in der Öffentlichkeit auf, aber diese Auftritte wurden nie direkt im Fernsehen übertragen, und sie dauerten nie besonders lang. Trotzdem trafen sie ins Schwarze. Dennoch fanden die Luftangriffe der Alliierten fast genau so statt wie geplant, zumindest hatte Melton das von einem Verbindungsoffizier der Air Force gehört. Sie versuchten die Kommandostruktur und die Führung des irakischen Militärs zu zerstören. Der einzige Unterschied zur ursprünglichen Strategie war, dass die Luftwaffe jetzt auch Brücken zerstörte, die sie ursprünglich für den Vormarsch benötigt hätte. Aber so lange dieser Mistkerl noch lebte und sie verhöhnen konnte, wurde sein Ansehen nur noch mehr gefestigt. Inzwischen verglich er sich schon mit Sultan Saladin und erklärte sich selbst zum wiedergeborenen Führer der Gläubigen im Kampf gegen die Christen.

    Das Knattern von Gewehrschüssen kam über die Dächer der noch stehenden Gebäude aus westlicher Richtung. Dort war eine Einheit der Infanterie damit beschäftigt, den Weg frei zu machen, damit die nachfolgenden Truppen nicht plötzlich in einen Hinterhalt von Heckenschützen oder Selbstmordattentätern gerieten oder von diesen arabischen Ninjas, die sich selbst Saddams Fedajin nannten, angegriffen wurden.
    Eulers Männer bewegten sich auf eine übrig gebliebene Brücke zu, gemeinsam mit einem zweiten Trupp, der den gleichen Weg parallel zu ihnen zwei Straßen weiter einschlug. Helikopter der Kavallerie begleiteten sie, bereit, jeden aufkommenden Widerstand zu ersticken. Als die Operation begonnen hatte, hatten sie die bis dahin geltenden Regeln in den Müll geworfen. Melton erinnerte sich noch an Captain Lohbergers Worte: »Scheiß auf die Regeln!«, bevor er vor ein paar Tagen

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