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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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auf die Wiese hinter dem Grundstück des Fisheagle zu fahren. Er sah den anderen mit seinem ungeduldigen, herrischen Blick an, während er seinen Bart wie ein Brotkügelchen zwischen Daumen und Zeigefinger drehte. Der Mann erhob sich, blieb einen Augenblick stehen und folgte dann dem anderen.
    »Du fährst zurück?« Bray meinte die Hauptstadt.
    »Die Armee macht mir keine großen Sorgen …« Shinza gab sich nicht die Mühe zu antworten. Bray grinste, Shinza richtetesich in dem quietschenden Bett auf und legte seine Arme um seine Knie, während er die Augenbrauen hob. »Nein, Moment mal. Mit der Armee kann ich vielleicht was machen. An der Spitze steht ein Weißer. Ein Mann Mwetas, ein Mann des Staates. Brigadier Radcliffe arbeitet mit der Konzernarmee zusammen – einer seiner Freunde hat sie ausgebildet, ein ehemaliger Kollege aus Sandhurst, den er empfohlen hat. O ja. Aber Radcliffes Offiziere sind Schwarze. Zumindest zwei aus den höheren Rängen mögen ihn nicht besonders, und sie sind ehrgeizig. Und er ist auf alle Fälle von ihnen allen abhängig, weil sie seine Befehle ausführen müssen. Sollten sie das eines Tages nicht tun … Es sind bloß dreitausend Mann, und Cyrus hat sehr vielversprechende Kontaktleute unter den Offizieren. Er arbeitet schon eine ganze Zeit daran.«
    »Guter Gott!«
    Shinza schwang seine Beine entschlossen über die eine Seite des Bettes. Bray konnte ihm nicht entkommen. Er machte weiter, so als könnte nichts ihn aufhalten; und je mehr Bray wußte, desto geringer wurde das Risiko, ihm etwas zu erzählen, desto gebundener war er.
    »Cyrus war ziemlich erfolgreich, das kann man wirklich sagen, James. Dhlamini Okoi ist auch nützlich. Sein Bruder sitzt im regionalen Hauptquartier der Armee hier. Man kann eine ganze Menge von ihm lernen. Du weißt, daß die Armee vor der Unabhängigkeit ein bißchen umgebaut wurde, dezentralisiert, so daß jetzt fast jede Ebene selbständig einsatzfähig ist. Wenn man die Kontrolle – egal auf welcher Ebene – übernehmen kann, dann werden die Befehle, die man ausgibt, auf allen Ebenen darunter befolgt, weil die verschiedenen Kommandanten nicht mehr wie früher gewöhnt sind, ihre Befehle direkt aus dem Obersten Hauptquartier zu erhalten. Man hat eine ziemlich gute Chance, auf allen Ebenen effektiv zu werden – ausgenommen natürlich die Divisions- und Bataillonsebene, denn die unterstehen dem Obersten Hauptquartier. Brigadier Okoi war auch in Sandhurst. Er meint, er kann, abgesehen von seiner eigenen, der DreiundzwanzigstenBrigade, auch auf die Offiziere der Sechsten Brigade zählen, und das bei einer eher kleinen Armee. Die Hauptsorge ist das Sonderkommando der Gesellschaft – so nennt er das. Es würde davon abhängen, wieviel das zu tun hätte … Aber die Polizei, das ist eine andere Sache.«
    »Onabu als Chef, aber eine Menge weißer Offiziere, die ihm zwar unterstellt sind, in Wahrheit aber den Laden schaukeln.«
    »Genau. Diese Weißen, das sind die echten Profis, die wollen genau das tun, wofür man sie bezahlt. Keine Aussicht, daß sich von denen einer für uns interessiert. Und es gibt mehr Polizisten als Soldaten.«
    »Onabu ist auch kein Narr. Roly hätte Mweta nicht geraten, ihm den Befehl zu übertragen, wenn er einer wäre. Er weiß, daß er sich auf seine weißen Offiziere verlassen muß, wenn es zu einer solchen Situation kommt. Er wird noch Gott danken, daß er sie hat.«
    »So ist es, James. Zu viele Polizisten. Und ihre Organisation hat Tradition, hm? Die Leute sind daran gewöhnt, auf sie zu hören. Über lange Zeit hinweg, als das, was sich als Armee bezeichnete, nur aus den paar Jungs aus dem Vereinigten Königreich bestand, die hier ihr militärisches Training absolvierten, hatten wir nichts außer ihnen. Die Polizei war immer paramilitärisch. Und die Jungpioniere übernehmen für sie die Dinge, von denen es nicht gut aussähe, wenn sie sie selbst erledigen würde. Ich weiß das alles. Aber es gibt ein paar Anzeichen, die nicht so ungünstig sind … Kennst du irgendeinen Coup der, sagen wir, letzten fünfzehn Jahre, bei dem die Polizeistreitkräfte ihre politischen Herren und Meister verteidigt hätten? Sie sind im Wesen bürokratisch … Und in einem Land von dieser Größenordnung und mit einer Bevölkerung, die noch immer hauptsächlich vom Ackerbau und in Dörfern lebt, da hält sich auch die größte Anzahl von Polizisten in den ländlichen Gebieten auf – kannst du dir vorstellen, daß Selufus Leute in die

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