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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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in Ordnung?« Der Bürgermeister, ein großer Mann, dessen Haar in der Mitte über einem Gesicht gescheitelt war, das unverwechselbar seine Herkunft aus Gala verriet, war für irgendeinen offiziellen Anlaß angezogen; oder vielleichtmachte es ihm nur Spaß, in seinem schönen Wagen und in Gesellschaft von Verwandten oder Freunden, die ebenfalls ihre besten Kleider angelegt hatten, Besuche zu machen.
    Kleine Jungen rannten dem Wagen nach, als dieser elegant davonfederte. Leute grinsten Bray zu – er war jemand, der ihnen zu einer Auszeichnung verholfen hatte. Irgendwer sagte: »Das ist der größte Wagen in Gala«, und der alte Mann, der wieder aufgetaucht war, sagte: »Der Bürgermeister – wissen Sie, wer das war? Das war der Bürgermeister!« Die Frauen kicherten über seine Begriffsstutzigkeit. »Er weiß das. Er weiß das.« Keiner beneidete den Bürgermeister um seinen tollen Wagen, der seine privilegierte Stellung bezeugte; sie waren nur stolz.
    Es war noch hell, als Bray wieder zu Hause ankam, und er wanderte im Garten auf und ab und dann hinaus in den Busch, vielleicht weil er sich an die weit zurückliegenden Verhaltensweisen erinnerte, die das Leben in Wiltshire mit sich gebracht hatte – er und Olivia hatten für ihre körperliche Ertüchtigung ebenso regelmäßig gesorgt wie Städter für die ihres Hundes. Die Fledermäuse begannen, über den Golfkurs zu streichen, und aus dem Clubgebäude strömte bereits das orangene, durch Lampenschirme gedämpfte Licht. Sonntagabend; der Großteil der weißen Einwohnerschaft hatte sich da versammelt, um nach dem Sport noch etwas zu trinken. Er hatte sich wieder um die Mitgliedschaft beworben; das Gesicht des Sekretärs war wie platt von der Anstrengung, sein Staunen zu verbergen, als er das Formular ausfüllte. Aber es war nicht die Geste eines Draufgängers gewesen, geschweige denn die des Wunsches, es seinen Landsleuten – im »Triumph« seiner Rückkehr – unter die Nase zu reiben. Er hatte Dinge immer mit einer Direktheit getan, die mißverstanden wurde; es war nicht einmal »die Hand der Freundschaft«, die er ausstreckte – sondern einfach ein Hinnehmen der Tatsache, daß er wieder in Gala lebte, unter diesen Leuten, und er sah in ihnen ebensowenig Ausgestoßene, wie er zu anderen Zeiten ihren Standpunkt, daß die Eingeborenen jenseits der Grenzen der Gemeinschaft lebten, geteilt hatte.Wenn Olivia kam, dann würde sie ohnehin den Swimmingpool des Clubs benützen wollen, den einzigen im ganzen Bezirk. Man mußte nützen, was vorhanden war. Und dann hatte der Club nach der Unabhängigkeit des Landes natürlich die übliche Geste dieser Art sterbender Einrichtungen gemacht; der Bürgermeister hatte die Mitgliedschaft erhalten,
ex officio
, Aleke ebenfalls, als P. O. – nicht, daß er annahm, sie hätten jemals einen Fuß über seine Schwelle gesetzt.
    Unter den Bäumen waren dreißig oder vierzig Wagen geparkt; hinter einem der geschlossenen Wagenfenster bellte ein Schäferhund. Erregt von der rasch einfallenden Dämmerung, kreischten die auf den Wiesen herumlaufenden weißen Kinder. Das Gebäude war vielseitig nutzbar. Als Bray die Stufen hinaufstieg und sich hie und da an den Verandatischen vor der Bar Köpfe hoben, überlegte er, daß es sich bestens für ein Erwachsenenbildungszentrum eignen würde. In den kleinen Räumlichkeiten konnten die Gewerkschaften Abendkurse für Lehrlinge abhalten, Sampson Malemba konnte Lese- und Schreibkurse durchführen, und der große Speisesaal mochte als Halle für die Vorführungen von Schulchören und dergleichen dienen.
    Er grüßte ein paar Leute, die er kannte. Eine schöne Blondine mit einem Kind auf der Hüfte und einem zweiten an der Hand wartete geduldig am Empfangspult, während sich ihr Mann und ein zweiter – beide im Clubblazer – nicht vom aufgeregten Gefühl der Kameradschaft trennen konnten, die von einem Sieg auf dem Tennis- oder Golfplatz herrührte. Bray bat um Entschuldigung und drückte sich an ihnen vorbei, aber keiner nahm ihn wahr – außer den Kindern, deren blaue, vor Müdigkeit geweitete Augen ihn bis zum Anschlagbrett verfolgten. Sein Name stand zwar da, nicht aber ein zweiter, der seinen Antrag unterstützt hätte. Abgerissene Gesangsfetzen klangen so, als wäre eine Party im Gange; die Wiederholung von Eröffnungstakten, auf einem Klavier gespielt, machte ihm bewußt, daß es sich um eine Probe handeln mußte: die Theateraufführung, die Joosab erwähnt hatte.
    In dieser Woche nahm er ein

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