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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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ein verzweifeltes, verweintes Gesicht zu.
    »Nach Mainz«, sagte er mit erstickter Stimme. »Ich hab gehört … ich hab gehört, es gibt jetzt doch einen Kreuzzug.«
    Konstanze hockte sich vor ihm nieder, um ihm in die Augen zu sehen. Die Äbtissin mochte das nicht billigen, sie spürte jetzt schon ihren unwilligen Blick im Nacken. Aber das war dem Mädchen in diesem Moment egal.
    »Peter, hast du das wirklich gehört, oder hattest du wieder eine Erscheinung?«
    Der Kleine schüttelte den Kopf. »Das hat mir der Michel erzählt. Auch dass sie sogar Tagelöhnerkinder mitnehmen. Genau wie der Engel gesagt hat …«
    Konstanze zwang sich zur Geduld. »Das mag ja sein, Peterchen. Aber warum willst du jetzt dorthin? Hatten wir uns nicht geeinigt, dass du lieber bei deiner Herde bleibst?«
    »Ja … schon …« Aus Peters runden Augen purzelten Tränen. »Aber … aber was wird der Herr dazu sagen? Wenn ich nun schon nicht predigen wollte, und dann geh ich nicht mal beten? Schickt er mich dann nicht in die Hölle?«
    Konstanze strich dem Kind übers Haar. »Peterchen, du weißt doch, was die erste Pflicht des guten Hirten ist, nicht? Der gute Hirte bleibt bei seiner Herde, egal, was geschieht. Und das verlangt der Herr jetzt auch von dir. Sonst hätte er dich noch einmal gerufen. Darüber hatten wir doch schon gesprochen, erinnerst du dich?«
    Peterchen nickte. »Er hat ja nun einen anderen«, murmelte er, und Konstanze meinte, so etwas wie Hoffnung in seiner Stimme mitschwingen zu hören.
    »Eben!«, bekräftigte Konstanze. »Auf dich hat er in seiner unendlichen Güte verzichtet. Also bleibst du, wo du bist. Versprichst du mir das?«
    Peter nickte zögernd.
    »Vor Gott und den Engeln, Peter?« Konstanze wusste nicht, warum sie so drängte. Oder wusste sie es doch? Sie hatte sich in der vergangenen Nacht die Strecke vergegenwärtigt, die diesem Kreuzzug bevorstand. Die Alpen … das Meer … die Wüste … Unendliche Strapazen. Dieses Kind musste davor bewahrt werden.
    »Auch wenn andere aus deinem Dorf gehen? Auch wenn sie dich drängen?«
    »Ich bleib bei meinen Schafen!«, versprach Peter.
    Konstanze küsste ihn erleichtert auf beide Wangen. Dann kletterte sie wieder auf den Wagen, antwortete aber nicht auf die neugierigen Fragen ihrer Mitschwestern. Sie betete und bat Gott um Verzeihung. Dafür, dass sie nur ein einziges Kind vor diesem Kreuzzug bewahrte. Dafür, dass sie Tausende von Leben opferte für ihre eigene Freiheit.

Dem Himmel nah
    Sommer 1212

Kapitel 1

    »Das meint Ihr wohl scherzhaft, Meister! Für das Geld bekäme ich auch ein Pferd!«
    Armand lauschte interessiert und belustigt, wie das zierliche, züchtig verschleierte Mädchen mit dem Pferdehändler feilschte. Das Objekt des Handels war eine schwarzbraune, stämmige Maultierstute – gut gebaut und gesund, als Saum- und Tragtier zweifellos geeignet. Wenn auch nicht den Preis wert, den der Händler forderte. Nur schien das Mädchen dies auch zu wissen. Es machte keine Anstalten einzulenken, sondern konterte seinerseits mit einem viel zu niedrigen Angebot. Der Händler schlug darüber theatralisch die Hände über dem Kopf zusammen und rief Gott und alle Engel als Zeugen dafür auf, dass er seine Kunden nie betrügen würde. Die junge Käuferin verdrehte die ausdrucksvollen grünen Augen und zählte dann gelassen unzählige versteckte Fehler auf, die es angeblich an der Maultierstute fand.
    Armand verfolgte den Handel mit zunehmender Faszination. Frauen verirrten sich selten auf einen Pferdemarkt – weder hier in Mainz noch anderswo. Und erst recht fand man dort keine so jungen und so hochgeborenen. Das Mädchen trug ein Reitkleid aus bestem Tuch und einen seidenen Schleier, unter dem vage zu erkennen war, dass es sein Haar offen trug. Dies war ein Privileg – zweifellos Zeichen einer Adelszugehörigkeit. Zumindest stammte sie aus einer reichen, sehr selbstbewussten Patrizierfamilie. Armand fragte sich, was sie ohne standesgemäße Begleitung hierher verschlagen hatte.
    Aber ganz allein war sie nicht! Der vierschrötige Junge in der einfachen Tracht eines Bauern oder Knechts, der peinlichberührt an ihrer Seite stand und eine elegante braune Zelterin am Zügel hielt, schien zu ihr zu gehören.
    Das junge Mädchen streifte ihn jetzt mit einem beiläufigen Blick und registrierte wohl seinen mürrischen Ausdruck. Offensichtlich wurde ihm klar, dass es ihn brüskierte, wenn es ihn nicht einbezog.
    »Aber sonst gefällt sie dir doch, Rupert, oder?«,

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