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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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verkneifen.
    »Hör bloß auf! Und ich will das nicht im Film haben, verstanden?« Er wackelt mit dem Zeigefinger.
    »Ich bin gegen Zensur. Ich fürchte, du musst dich damit arrangieren.«
    »Das werde ich dir dann aber irgendwann heimzahlen.« Er packt mich an der Hüfte.
    »Völlig unhaltbare Drohungen!« Ich lache und lasse mich noch ein paar Mal küssen.
    Dann muss Milo auch schon wieder gehen. Schade, gerade fing dieses Bauchkribbeln wieder an. Ich hätte ihm gerne sein T-Shirt ausgezogen … aber wir wollen keinen Verdacht erregen, bloß kein Risiko eingehen. Besonders nicht, wenn Linda jeden Moment ins Zimmer platzen könnte – was ich Milo noch gar nicht gesagt habe. Worauf habe ich mich da bloß eingelassen?
    »Meine Damen und Herren, ich bin stolz, Ihnen heute ein Sahnehäubchen der Country-Musik präsentieren zu können! Aus unserer wundervollen Hauptstadt, kurz vor ihrer Europa-Tournee, noch einmal hier bei uns! Neuruppin! Freut euch auf die Caaaaaaaash Cover Combooooo, oder wie wir Freunde sagen: CCC !«, grölt Ecki ins Mikrofon. Der Schweiß tropft ihm von den Schläfen.
    Edgar klopft sich vor Freude auf die Schenkel, Matse, Christian, Dan und Linda schämen sich in Grund und Boden, als ein ungeheures Gejaule einsetzt, Pfiffe, Klatschen, Rufe. Das Publikum rastet aus. Jetzt schon. Wenn die BlackBirds als CCC versagen, werden sie aus dem Saal geprügelt werden. Dabei fällt mir auf, dass ich große Ansammlungen von wild gewordenen Menschen eher gruselig und anstrengend finde. Ich kann nur hoffen, dass die Jungs überzeugen können.
    Die drei schleichen nicht ganz so lässig wie sonst auf die Bühne.
    Ich bin aufgeregt. Für Milo. So aufgeregt, dass ich fast nicht hinschauen mag. Jetzt ist es also schon so weit. Ich leide mit. Das ist dumm, für eine Kamerafrau ist das völlig unprofessionell.
    Ich werde angerempelt, von Leuten die nach vorne zum Tanzen drängen. Schützend halte ich meine Hände vor die Kamera.
    Edgar kommt auf mich zu und lacht sich kaputt.»Nimm das ja auf! Damit kann man sie später erpressen!«
    »Das ist schlimm, echt, richtig, richtig schlimm«, sagt Linda und setzt sich an einen freien Tisch. Dan setzt sich niedergeschlagen dazu, stützt den Kopf in die Hände und starrt auf die Tischplatte, er trauert Mandy aus Brandenburg hinterher.
    Es ist der absolute Tiefpunkt der Tour.
    Die BlackBirds verkaufen sich für ein paar Euro, das Publikum ist total prollig, die Begleiter der Band schämen sich oder leiden an gebrochenem Herzen und ich stecke fest in heimlichen Liebesdingen.
    Aber dann sehe ich zur Bühne, höre hin und stelle fest, dass die Jungs sich da oben plötzlich amüsieren. Es scheint, als würden sie das Beste daraus machen wollen. Gute Miene zum bösen Spiel. Milo macht einen auf Johnny Cash. Das hat er sich gut abgeguckt. Ich bewundere, wie gut er in Rollen schlüpfen kann, und obwohl er diesen Auftritt hier nicht machen wollte, gibt er jetzt alles. Sein Cowboyhut, den Ecki ihm aufgedrängt hat, wirft Schatten auf seine Augen.
    Die Menge flippt aus, pfeift ununterbrochen, singt mit, und die Frauen schwingen die Hüften, einige wackeln sogar mit ihren Brüsten. Das muss ich unbedingt noch filmen.
    Dann drücke ich Dan die Kamera in die Hand, dränge nach vorne an die Bühne, stürze mich rein ins peinliche Vergnügen. Ich schließe die Augen und hüpfe auf und ab zum drängenden Sound der Cash Cover Combo! Ich remple aus Versehen meine Tanznachbarn an, aber keiner ist böse, alle grinsen verzückt, nicken mit den Köpfen, pfeifen durch die Finger. Milo dreht seine Gitarre noch ein wenig lauter. Die Scheinwerfer tauchen sein Gesicht abwechselnd in Rot und Blau, und er könnte wirklich aus einer anderen Zeit hergebeamt sein, ganz in Schwarz gekleidet, mit seinen Schlaghosen, dem engen Jackett und dem Cowboyhut. Neben mir verschüttet eine Frau mit Dauerwelle ihr Bier und rutscht beinahe darin aus, aber der Typ hinter uns kann sie noch rechtzeitig auffangen und dabei wie aus Versehen ihre Brust streifen. Die ganze Meute gerät außer Rand und Band, als die ersten Klänge von »Walk the Line« ertönen. Eigentlich hören sich die Lieder für mich alle gleich an, aber ich lasse mich gerne von der Euphorie anstecken, werfe meine Hände in die Luft und versuche, so mit den Hüften zu wackeln wie die Frau vor mir. Edgar hat sich zu mir durchgekämpft, umarmt mich und drückt mir einen Kuss auf die Haare. »Du bist echt genauso peinlich wie die anderen hier, nur müsstest du es

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