Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
Vom Netzwerk:
werden, schimmern nun im Licht der Straßenlaternen. Ich genieße es, mit Milo alleine zu sein. Keine Blicke, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Endlich können wir uns ungehetzt unterhalten.
    »Linda hat mir das Lederband abgenommen. Das war vielleicht eine blöde Situation.«
    Milo schaut auf mein Handgelenk und verzieht den Mund. »Autsch.«
    »Ich kam mir vor wie im Kindergarten, als hätte ich der Erzieherin etwas aus der Schublade gestohlen«, erkläre ich.
    »Ja, Linda kann knallhart sein. Was hast du ihr erzählt?«
    »Dass ich das Band gefunden habe.«
    Milo grinst zufrieden. »Ich kaufe dir ein neues.«
    »Ich will kein neues.« Ich lege meine Füße auf das Armaturenbrett und umschlinge die Knie mit meinen Armen. Die Straßen sind vollkommen leer und wir lassen die Kleinstadt hinter uns, fahren über die Landstraße. Die Scheinwerfer tauchen die Bäume und Büsche vor uns in unheimliches Licht.
    »Und du trinkst also nichts?«, frage ich Milo und drehe die Musik wieder leiser.
    »Doch. Kaffee, Tee, Cola, Wasser.«
    »Bist du ein Abstinenzler oder so?«
    Milo schüttelt den Kopf und grinst amüsiert. »Ist dir aufgefallen, dass Robert Alkoholiker ist?«
    »Was?« Das ist mir nicht aufgefallen, ich habe ehrlich gesagt bisher nicht viel auf Robert geachtet.
    »Musst du mal beobachten. Ohne Bier geht gar nichts.« Milo beugt sich nach vorne, um ein plötzlich vor uns auftauchendes Schild besser lesen zu können.
    »Wir sind auf Konzert-Tour, gehört das nicht irgendwie dazu? Ich meine, alle trinken doch Bier, jedenfalls fast alle.« Ich habe auf meinen Videoaufnahmen diverse Bierflaschen drauf.
    »Aber Robert trinkt mehr als alle. Jeden Tag«, erwidert Milo.
    Ich überlege, versuche mir in Erinnerung zu rufen, wo es Anzeichen für Milos Behauptung geben könnte. Ja, schon, Robert ist immer mit einer Bierflasche unterwegs, und natürlich sind mir auch die zwei leeren Bierkästen aufgefallen, die hinten im Bus stehen. Ich habe nicht weiter darauf geachtet, weil ich dachte, dass es zu einer Rockband dazugehört.
    »Manchmal sehe ich auf der Straße diese fertigen Typen …«, fängt Milo wieder an, »… die langhaarigen in ihren Holzfällerhemden und Westen und Lederhosen, ein paar von denen waren auch heute auf dem Konzert. Sie torkeln immer aus einer Kneipe raus oder in eine rein und das ist deren Hauptbeschäftigung. Robert wird auch so einer.«
    »Aber das kann man doch jetzt noch nicht wissen«, widerspreche ich.
    »Die Chance stehen gut.« Wir bleiben an einer Kreuzung stehen, obwohl grün ist, und Milo überlegt, welche Richtung er einschlagen soll.
    »Aber wenn das jetzt schon absehbar ist, was ich immer noch nicht glaube, dann seid ihr doch seine Freunde und müsst ihm das sagen. Fahr links«, sage ich und ziehe mir die Kapuze meiner Strickjacke über den Kopf. Der Fahrtwind lässt mich frösteln.
    »Ich bin nicht sein Vater.« Milo setzt den Blinker und fährt mit quietschenden Reifen nach links. »Außerdem habe ich ihm das schon gesagt. Ein, zwei Mal. Er tut genauso ungläubig wie du.«
    Ich wende mich ab und sehe aus dem Fenster. Ein paar einsame Häuser ziehen an uns vorüber. Ich denke darüber nach, was Milo gesagt hat. Warum ausgerechnet Robert? Die anderen trinken auch viel, besonders die Techniker-Jungs. Und in meiner Klasse gibt es welche, die nehmen noch ganz andere Drogen, sind aber deshalb noch keine Junkies.
    »Hey, bist du jetzt sauer?«, fragt Milo.
    »Quatsch«, sage ich, kurble auch mein Fenster runter und hänge den Arm in den Wind. Die kühle Luft ist eine Abwechslung zu diesen verqualmten Kneipen. Milo greift sich meine andere Hand und drückt meine Finger.
    »Stopp!«, rufe ich.
    »Was ist?« Milo tritt erschrocken auf die Bremse und ich falle nach vorne. »Was ist los?«
    »Da drüben ist ein See.« Ich zeige in die Richtung, wo hinter ein paar Bäumen Wasser im Mondlicht glitzert. Milo legt den Rückwärtsgang ein, setzt zurück und biegt dann vorsichtig auf den Feldweg. Kleine Steine prasseln gegen die Wagentüren und ich höre die Grillen zirpen.
    Milo parkt den Wagen mitten auf dem Feld und ich springe hinaus. Als die Scheinwerfer ausgehen, bleibt nur das schwache Mondlicht, um uns den Weg zu leuchten. Wir fassen uns an den Händen und laufen zum See. Weiter entfernt bellt ein Hund. Äste knacken unter unseren Füßen und Milo stößt sich seinen Fuß an einem Stein. »Scheiße.« Er lacht. Ich lasse seine Hand los und laufe voraus, schleudere die Schuhe von meinen

Weitere Kostenlose Bücher