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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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gebe ich zu.
    »Es ist sogar noch weniger als das.« Er nimmt eine Haarsträhne von mir zwischen die Finger und rollt sie zu einer Locke, zupft verträumt daran.
    »Dann musst du dir eben was überlegen.«
    Er hebt seinen Blick und schaut mir in die Augen. »Ja. Du hast recht. Total. Und trotzdem …« Er hält inne.
    »Was?«, frage ich.
    »Keine Ahnung. Es ist scheiße schwer, einen großen Schritt zu machen.« Er streckt seinen Zeigefinger aus und fährt damit an meinem Nasenrücken entlang. »Ich würde dich jetzt auch viel lieber wieder küssen, als solche Depri-Gespräche zu führen.«
    »Wir können das ja auf später verschieben.«, schlage ich vor und beuge mich über sein Gesicht. Wir sehen uns an, wie um auszukosten, wie lange diese Sehnsucht auszuhalten ist. Unsere Lippen bewegen sich nur ganz langsam aufeinander zu, so langsam, dass mein Körper anfängt verrückt zu spielen und warme Schauer in alle Glieder schickt. Milos Blick wandert zu meinen Lippen und ich öffne sie leicht, voller Spannung, wie dieser Kuss wohl werden wird.
    Kurz nach fünf, es fängt schon an zu dämmern, brechen wir schließlich auf, packen die feuchten Klamotten ins Auto und fahren schweigend die einsame Landstraße zurück nach Neuruppin. Das einsetzende Tageslicht holt mich in die Realität zurück. Ich bin so unglaublich müde, dass in meinem Kopf völlige Leere herrscht. Die unersättliche Lust auf Küssen ist auch verschwunden und ist durch Vorfreude auf mein Bett ersetzt worden. Einfach nur schlafen. Es wäre schön, wenn ich mit Milo zusammen einschlafen könnte, aber das wird wohl nicht gehen.
    Im Autoradio werden die Frühaufsteher begrüßt, doch ich will mir gerade absolut nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die jetzt tatsächlich im Bad stehen und sich für die Arbeit fertig machen.
    Milo parkt den Wagen in der Seitenstraße. Ich ziehe Lindas T-Shirt aus und lege es an seinen Platz zurück, während ich meines hervorsuche und den Reißverschluss meiner Strickjacke hochziehe.
    »Du kennst Linda schon aus dem Kindergarten?«, frage ich dann doch, obwohl ich eigentlich viel zu müde für solche Gespräche bin.
    »Hat sie das gesagt?« Milos Augenbrauen schnellen nach oben.
    »Ja.«
    »Na ja, das war wahrscheinlich eher sprichwörtlich gemeint. Wir kennen uns seit der sechsten Klasse. Sie war neu dazugekommen. Die Freundschaften waren schon geschlossen. Sie hatte es schwer, Anschluss zu finden.«
    »Und du hast dich um sie gekümmert?« Ich versuche, mir Milo als elfjährigen Jungen vorzustellen.
    »Ich habe sie mal dabei überrascht, wie sie Steine gegen die Schulfenster geworfen hat, danach sind wir zusammen losgezogen, haben auf Spielplätzen rumgehangen und ziemlich viel Blödsinn gemacht. Seitdem sind wir so.« Er kreuzt seinen Mittel- und Zeigefinger. Ich warte, ob er noch weitererzählt, aber er reibt sich nur die Augen, scheint auch müde zu sein, und ich beschließe, nicht weiter nachzubohren.
    Wir schleichen uns durch den Hintereingang rein. Alles ist still, die Party ist vorbei. Auf der Treppe bleiben wir stehen, für einen letzten Kuss.
    »Das sollten wir öfter machen.« Er streicht mir eine Haarsträhne hinter das Ohr.
    »Ich fürchte, ich muss drei Nächte schlafen«, flüstere ich.
    »Nur müssen wir morgen … was sag ich, es ist ja heute, schon wieder weiter.«
    »Ohne mich.« Ich schließe die Augen und lehne meine Stirn an Milos Brust.
    »Bitte nicht.« Er greift um meine Beine, wirft mich über seine Schulter und trägt mich die Treppe rauf. »Boah, so schwer siehst du gar nicht aus.«
    Ich fange an zu kichern.
    »Pssst.« Er kneift mich in die Seite, bis ich anfange zu zappeln. »Pssst, hab ich gesagt.«
    Vor meinem Zimmer lässt er mich runter, ich stolpere über meine eigenen Füße und falle mit einem lauten Knall gegen die Tür.
    »Frieda?« Das ist Lindas Stimme.
    »Was macht sie da drin?«, wispert Milo und reißt erschrocken die Augen auf.
    »Sie schläft bei mir.« Ich schiebe ihn zur Seite. »Los, verschwinde!«
    Er macht ein paar Schritte rückwärts, dann kommt er schnell wieder zurück, um mich zu küssen. »Gute Nacht.«
    Ich bleibe noch kurz stehen und sehe ihm nach, wie er über den Flur huscht und sich ein paar Mal zu mir umdreht, lächelt, mir zuzwinkert und seinen Finger auf die Lippen legt. Schließlich bleibt er vor seinem Zimmer stehen und kramt in den Hosentaschen nach seinem Schlüssel. Ich schicke ihm noch ein letztes Lächeln, dann öffne ich vorsichtig die Tür und

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