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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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völlig überfüllte Tasche und mühe mich mit dem Reißverschluss ab.
    »Gib her.« Edgar nimmt die Tasche und nimmt einige Sachen raus, um sie neu einzupacken, bis alles passt. »Und du willst dich nicht einmal verabschieden?«
    »Ich will jetzt echt kein Aufsehen erregen. Wir hatten hier genug Theater für die nächsten paar Jahre. Irgendwann ist gut.«
    »Ich rufe dir ein Taxi.«
    »Okay.«
    Während Edgar wieder drin verschwindet, um von Jenny die Taxinummer zu holen, laufe ich nervös die Treppen rauf und runter. Irgendwo in mir ist immer noch die Hoffnung, dass Milo jetzt zufällig rauskommt, mich sieht und ihm dann alles schrecklich leid tut. Er könnte mich in den Arm nehmen und nicht mehr loslassen, und während alle morgen nach Leipzig aufbrechen, könnten wir endlich nach Las Vegas durchbrennen und überhaupt alles noch mal neu angehen. Gleichzeitig bin ich wütend und traurig und will überhaupt nie wieder mit ihm sprechen. Soll er sich mit Linda versöhnen, soll er irgendeine Verehrerin abschleppen, die ihm ihre Telefonnummer zugesteckt hat, mir egal.
    Edgar kommt wieder raus, drückt mir einen Apfel und eine eingepackte Brezel in die Hand und setzt sich auf die Treppe. »Das Taxi ist gleich da.«
    »Danke. Ich hoffe für dich, dass Karin morgen wirklich kommt.« Ich lächle ihn an.
    »Ich glaube, sie kommt.«
    »Cool.«
    »Ich bin nervös«, gesteht er.
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Ich habe Dan davon erzählt.«
    »Ausgerechnet? Ich dachte, du kannst ihn nicht leiden!«
    »Tja, er ist ein Idiot, stimmt schon, aber seit er diese Mandy hat, redet er gern von Liebe und dem ganzen Zeug.« Edgar zieht eine Grimasse. »Hey, soll ich Milo was von dir ausrichten?«
    »Nein. Ich habe ihm schon alles gesagt.«
    Ich sehe das Taxi um die Ecke biegen und greife nach meiner Tasche. Jetzt wäre der letzte Moment, in dem Milo noch auftauchen könnte. Mit einem Blick zur Tür zähle ich innerlich bis fünf, seufze und laufe dann die Treppe runter. Edgar hat seinen Arm um meine Schulter geschlungen, bis der Taxifahrer meine Tasche im Kofferraum verstaut hat. Ich umarme ihn fest zum Abschied.
    »Zum Bahnhof bitte«, sage ich, als ich vorne einsteige.
    Der Taxifahrer stellt seinen Zähler ein und ich winke Edgar wehmütig zu. Ich drehe mich um und schaue, wie er da steht, mit den Händen in den Hosentaschen, und plötzlich zur Kneipe schaut, weil dort die Tür aufgeht. Aber bevor ich sehen kann, wer da rauskommt, biegt das Taxi um die Ecke.
    Mein Herz klopft noch die ganze Fahrt über und die Gedanken in meinem Kopf überschlagen sich, aber jetzt den Fahrer zu bitten zurückzufahren, wäre noch kindischer, also blicke ich schweigend in die Nacht hinaus.

Ich habe keine Ahnung, wann und ob noch ein Zug nach Berlin fährt, und als ich den Fahrschein kaufe, habe ich ganze zwei Stunden Zeit, die ich totschlagen muss. Mein Magen knurrt, aber ich kann nicht sagen, ob vor Hunger, vor Aufregung oder einfach weil ich traurig bin. Ich ziehe mir am Automaten einen überzuckerten Cappuccino, setze mich auf die harte Bank am Gleis und starre auf die Schienen.
    Ich dachte, ich würde nur einen Film drehen, nette Leute kennenlernen und dabei meinen Spaß haben. Stattdessen war es kompliziert, aufregend, und dann wunderschön, schlaflos und auch voller Verunsicherung. Ich habe diesen Film gedreht, aber das war am Ende eine Nebensache in diesem ganzen anderen Chaos.
    Und so sehr ich gerne einen Schlussstrich ziehen würde, fürchte ich doch, dass ich mich ernsthaft in Milo verliebt habe. Als wir beide nachts auf dem Dach des VW -Busses lagen, hatte ich das großartige Gefühl, dass wir noch oft so zusammenliegen werden. Dass es ausreichen würde, nahe bei den Sternen zu sein, nur er und ich, weil ich diese besondere Verbindung zwischen uns beiden gespürt habe, die, wenn ich ehrlich bin, schon von Anfang an da war – auch schon, als ich nur das Filmmädchen war.
    Die Vorstellung, zu Hause wieder in meinem gewöhnlichen Leben anzukommen, erscheint mir plötzlich unerträglich, sodass ich aufstehe, am Gleis auf und ab laufe, meine Schritte zähle, damit ich nicht mehr weiter darüber nachdenken muss.
    Ich studiere den Fahrplan von oben bis unten, lese die Fahrgastinformationen durch und auch die Hausordnung, packe meine Tasche aus und wieder ein, sortiere die Zettel in meinem Portemonnaie, lösche die Nachrichten in meinem Handy, hole mir noch so einen Cappuccino, nur damit einige Minuten verstreichen.
    Wenn man sich an die ganzen

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