Der einzige Sieg
Ähnlichkeiten mit Südfrankreich ein. Ihm kam der etwas absurde Gedanke, die Kolonialzeit könnte nicht nur auf dem Speisezettel, sondern auch in der Landschaft Spuren zurückgelassen haben; Jordanien wäre demnach ein hervorragendes Beispiel, um die britische Küche zu illustrieren: überwiegend Wüste.
Carl fuhr ruhig und entspannt, genau so, wie er sich fühlte. Bei dem Gedanken, wie der Ministerpräsident das Ganze wohl aufgenommen hatte, mußte er leise lachen.
Bei der Rückkehr aus Washington – Carl hatte das Gefühl, als wäre das vor rund einem Jahr gewesen – hatte er gleichsam nebenbei erzählt, daß er während seiner privaten Fortsetzung der Reise mit Colin Powell gegessen habe. Der Ministerpräsident hatte sich natürlich sofort auf eine Weise interessiert gezeigt, der seine Wut deutlich anzumerken war. Er hatte ihn regelrecht verhört, und Carl hatte erklärt, daß es um verschiedene Optionen bei einem künftigen Krieg gegangen sei. Dann erwähnte er pflichtschuldigst, man habe ihn gefragt, ob der militärische Nachrichtendienst Schwedens noch immer über gute Verbindungen zu dem palästinensischen Nachrichtendienst verfüge. Sofort hatte der Ministerpräsident ihn empört angestarrt und eine fast wörtliche Wiedergabe dieses sensiblen Teils der Unterhaltung gefordert.
Carl antwortete unschuldig, »soweit er sich erinnere«, habe er nur gesagt, was den Nachrichtendienst angehe, seien weder besonders anti-palästinensische noch pro-israelische Direktiven ergangen, weshalb er annehme, es werde wie gewohnt weitergehen, business as usual.
Von business as usual, brauste der Ministerpräsident auf, könne keine Rede sein. Mit diesen Figuren sei keinerlei Verbindung aufzunehmen, ohne daß erst die Regierung gefragt werde. Carl hatte das mit einem gespielt erstaunten Achselzucken akzeptiert und versichert, man habe ohnehin schon sehr lange nichts mehr mit den palästinensischen Kooperationspartnern zu tun gehabt. Der Ministerpräsident verbat sich den Begriff »Kooperationspartner« in diesem Zusammenhang. So war es noch eine Zeitlang weitergegangen, während Carl sich vorwiegend dumm stellte.
Es war ohnehin nicht mehr wichtig, denn er hatte die palästinensische Karte schon bei Colin Powell gespielt. Entweder mit Erfolg, und dann konnte der Ministerpräsident reden soviel er wollte, wie wenig er Sozialdemokraten möge, die Arafat geküßt hätten. Oder es ging daneben, und dann spielte es auch keine Rolle mehr.
Ein paar Wochen später war es folglich zu einer Art Wettbewerb in Selbstbeherrschung gekommen, als der Ministerpräsident Carl zu sich rief. Er hatte seine sehr intelligente Miene aufgesetzt und vage von bestimmten Überlegungen gesprochen, die »man« mit dem Weißen Haus angestellt habe; es klang so, als hätten der Ministerpräsident und George Bush persönlich miteinander gesprochen. Während dieser Überlegungen sei »man« jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß alle nur denkbaren Ressourcen der Nachrichtendienste eingesetzt werden sollten, um Ghaddafis Bombe zu lokalisieren. Auch Schweden müsse seinen Beitrag dazu leisten; darauf habe »man« sich schließlich geeinigt.
Es gehe also darum, die Möglichkeit zu untersuchen, ob die Palästinenser bereit seien, sich mit Hilfe ihres Agentennetzes in Libyen darum zu bemühen, den Standort der Bombe zu lokalisieren. Der Ministerpräsident hielt Carl eine kurze Privatvorlesung des Inhalts, daß in Libyen vermutlich der palästinensische Nachrichtendienst derjenige sei, der am besten funktioniere. Auf jeden Fall sei er sowohl dem amerikanischen als auch dem israelischen überlegen. Carl nickte nachdenklich über diese Weisheit, als hätte ihn sein Chef über einen bislang unbekannten Sachverhalt aufgeklärt.
Die Frage sei also ganz einfach: Ob Carl sich vorstellen könne, die Botschaft der schwedischen Regierung an geeignete Personen der palästinensischen Führung in Tunis zu übermitteln?
Carl konnte der Versuchung nicht widerstehen, naiv zu fragen, ob es nicht die Botschaft der amerikanischen Regierung sei. Er erhielt eine Reihe komplizierter Erklärungen der internationalen Staatengemeinschaft und der neuen Weltordnung zur Antwort. Das ließ sich nach Belieben deuten, und Carl hatte sich ohnehin schon sehr genau überlegt, wie die Botschaft übermittelt werden sollte. Vor allem mußten alle Formulierungen vermieden werden, die sich so deuten ließen, als wären die Palästinenser Laufburschen des Weißen Hauses; doch das würde sich schon
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