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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ungewöhnlichen Namen Dimitrij Gogol, der an Literatur denken läßt. Wer von Ihnen ist es?«
    »Das bin ich«, erwiderte die Stimme rechts von Carl, der sich zwischen die beiden Männer gesetzt hatte.
    »Nun, und wer hat den eher an Sport erinnernden Namen Boris Petrow? Das müssen dann wohl Sie sein, mein Herr«, sagte Carl munter und versetzte dem links von ihm sitzenden Mann einen Rippenstoß.
    »Ja, richtig, aber wieso Sport?« knurrte der so Angesprochene.
    »Sie enttäuschen mich, Herr Professor. Interessieren Sie sich nicht für Eishockey, oder liegt es nur daran, daß Schweden jetzt Weltmeister ist?« sagte Carl mit sichtlich gespielter Entrüstung.
    »Ach so, Sie meinen diesen Petrow«, sagte Petrow mürrisch.
    »Der Mittelstürmer von CSKA, ja, der war ein sehr guter Eishockeyspieler.«
    »Gut«, sagte Carl mit etwas geschäftsmäßigerem Tonfall.
    »Lassen Sie uns jetzt von der Zukunft sprechen. Ich meine, wenn wir diese vorübergehenden Unannehmlichkeiten überstanden haben.«
    Er leitete seinen kurzen Vortrag scherzhaft mit der Äußerung ein, er wolle den Herren die allerbesten Empfehlungen mitgeben, wenn er sie einem westlichen Nachrichtendienst übergebe. In erster Linie werde es dann um die Frage gehen, wie russische Wissenschaftler mit strategisch gefährlichem Wissen in Libyen hätten landen können. Vor allem die Antwort auf diese Frage sei sehr viel Geld wert.
    Wohl von bedeutend größerem Informationswert für die beiden sei nach Erreichen westlichen Territoriums die folgende Tatsache: Es werde dann unmöglich sein, sie hinzurichten. Was in der Wüstenbasis mit ihren Kollegen geschehen sei, lasse sich damit nicht vergleichen; auf libyschem Territorium könnten westliche Nachrichtendienste jeden x-beliebigen Menschen töten. In den USA, Frankreich oder Schweden sei so etwas aus juristischen wie moralischen Gründen unmöglich. In der libyschen Wüste seien ihr Leben und ihr Wissen nicht mehr wert als auch nur ein halbes dieser Kamele, welche die Voraussetzung für die Freiheit seien. In Washington sei ihr Leben und ihr Wissen unendlich wertvoll und zudem durch das Gesetz geschützt. So sei es nun mal. Das sei möglicherweise nicht ganz logisch, von der Moral ganz zu schweigen, aber eben eine Tatsache.
    Er habe den »Herren« – er benutzte absichtlich und konsequent die höfliche altrussische Anrede statt des Worts »Genossen« – einen einfachen Rat zu geben, nämlich sich so teuer wie möglich zu verkaufen. Mit einer wichtigen Einschränkung jedoch: Sie dürften nicht lügen.
    Dann drehte er sich um, wühlte sich in den lauwarmen und, wie zu hoffen stand, skorpionfreien Sand, um eine bequeme Schlafstellung zu finden, und schlief sofort ein.
    Der Sandsturm legte sich früh am nächsten Morgen wie durch Zauberhand. Die GPS-Instrumente zeigten mit unerbittlicher Genauigkeit, daß sie sich bisher nur ein paar Dutzend Kilometer von dem zerstörten Kernwaffenlabor entfernt hatten.
    Carl war früh aufgewacht und machte einen Rundgang zu den kleinen Schlafgruben der anderen, die aussahen, als wären sie eingeschneit. Er suchte Mouna, zog sie mit gespielter Brutalität hoch und reichte ihr einen großen Wasserkanister. Verschlafen wusch sie sich den fast weißen Puder des feinen Sandes ab, der ihr ganzes Gesicht bedeckte und ihr schwarzes Haar getönt hatte.
    »Nun«, sagte er freundlich, nachdem sie sich frisch gemacht hatte und ihn freundlich mit zwei großen, klaren Augen anblinzelte. »Die Stunde der Entscheidung rückt näher. Vorschläge?«
    »Alle Palästinenser kehren zur Basis zurück. Alle Nicht-Palästinenser bleiben hier. Wir halten Funkkontakt. Ihr habt genügend Wasser und Lebensmittel, um eine Woche zu überleben. Wenn unser Funkkontakt abbricht, wißt ihr, daß sie uns getötet haben. Oder umgekehrt.«
    Carl dachte über das nach, was er gehört hatte, und nickte mit dem Kopf.
    »Bei diesem Wetter schafft ihr mehr als fünfzig Kilometer, bis ihr wieder kampieren müßt«, stellte er fest. »Unsere Funkgeräte für die interne Kommunikation reichen für diese Entfernung gerade aus. Die Batterien sind noch in Ordnung, und du und ich haben die Ausrüstung ständig bei uns?«
    »Ja«, erwiderte sie knapp. »So soll es sein. Inschallah , so Gott will, sehen wir uns wieder.«
    »Ja, natürlich sehen wir uns wieder, wenn Gott es will«, erwiderte er ohne den leisesten Anflug von Ironie. »Du nimmst die gesamte Ausrüstung mit Ausnahme einiger Waffen mit. Ich behalte Waffen hier, es dürfen

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