Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Stålhandske, der ihn auf eine Weise im Stich gelassen hatte, wie man es einem Freund gegenüber nicht tun durfte.
    Carl hatte es nicht gewagt, Tessie etwas davon zu sagen. Sie verfolgte ja noch ihre Pläne, übers Wochenende draußen auf Stenhamra so etwas wie ein Festessen zu geben. Vermutlich würde er sich bald gezwungen sehen, Tessie anzulügen und etwas über Åkes außerordentlich geheimen und eiligen Auftrag zu erfinden oder sich eine andere Lüge einfallen zu lassen, die das Problem jedoch nur weiter in die Zukunft verschieben würde.
    Er hätte sich erleichtert fühlen müssen wie bei einem Spaziergang an der frischen Luft, als er seinen alten Arbeitsplatz betrat und die Sicherheitsbeamten in dem Glaskasten begrüßte, während er seine Plastikkarte durch das Schloß zog. Hier konnte man auf ganz andere Weise aufrichtig sein. Oben bei Sam war es nicht riskant, gute Vorschläge zu machen. Hier war es nur gut, wenn man gute Vorschläge zu bieten hatte.
    Im Fahrstuhl nach oben stand ein Mann aus der Nachrichtenabteilung, der ihn scherzhaft mit dem Ellbogen in die Seite stieß und sagte, er sehe aus, als solle er beim Rektor eine Zigarre verpaßt bekommen. »Was hast du denn diesmal angestellt, hehe.« Das war ebenfalls unangenehm. Viel zu viele waren der Meinung, daß es lustig war, wenn jemand etwas »anstellte«, da sie sich nie vorstellen konnten, wie solche Dinge in der Wirklichkeit aussahen. Sie waren nette schwedische Offiziere, die in Wirklichkeit noch nicht einmal einen toten Menschen gesehen hatten, geschweige denn einen selbstgemachten Verbrennungsofen in der nördlichen Taiga.
    Er sah wirklich nicht fröhlich aus, als er bei Sam eintrat. Dieser drückte gerade eine Zigarette aus und verabschiedete sich von einer Truppe aus der Sicherheitsabteilung des Generalstabs.
    »Himmel, du machst vielleicht ein fröhliches Gesicht«, begrüßte ihn Sam und griff nach einer neuen Zigarette, während Carl seinen Mantel abwarf und sich auf seinen gewohnten Platz setzte, neben dem großen Schreibtisch, nicht davor.
    »Ja, aber wir haben schließlich das eine oder andere leidige Problem zu besprechen, und außerdem bringe ich noch ein neues mit«, sagte Carl resigniert.
    »Oh, Teufel auch!« sagte Samuel Ulfsson und hantierte mit seiner Zigarette, bevor er fortfuhr. »Damit stellt sich die Frage, in welcher Reihenfolge wir vorgehen sollen. Wurzelfüllung, die Zahnhälse, oder sind es nur kleine Löcher in den Schneidezähnen?«
    Carl reagierte nicht auf das Gleichnis. Es sagte ihm nicht viel.
    »Hast du keine Zahnprobleme?« fragte Samuel Ulfsson erstaunt.
    »Nein, höchstens wenn mir mal jemand einen ausschlägt oder zertrümmert, aber das kommt zum Glück nicht so oft vor«, brummte Carl.
    »Nein, verstehe, wohl mit Fluor oder so einem Zeug aufgewachsen, was? Wo sollen wir anfangen? Wird es zu einer Mordermittlung kommen?«
    »Du meinst diese Frau von den Kommunisten, die zur Polizei gegangen ist? Nein, ich glaube nicht.«
    »Von der Linken«, sagte Samuel Ulfsson schnell, »es heißt neuerdings Linke, nicht Kommunisten.«
    »Hat der Ministerpräsident etwas dazu gesagt?«
    »Du meinst ihre Anzeige bei der Polizei? Ja, das hat er. Er sagte wörtlich, was für ein Glück es sei, daß nicht sein Schwiegervater zur Polizei gegangen sei, sondern nur eine Kommunistin.«
    »Und was hat er damit gemeint?« fragte Carl mit sichtlichem Erstaunen.
    »Damit hat er gemeint, daß der Reichsanwalt auf jede Anzeige pfeift, wenn sie von einer Kommunistin kommt, aber sehr nachdenklich geworden wäre, wenn sie von einem sehr konservativen Hauptmann der Reserve gekommen wäre. Der Ministerpräsident fügte übrigens noch etwas hinzu. Ich kann es zwar nicht wortwörtlich wiedergeben, aber es lief darauf hinaus, wie gut es sei, daß allein die Kommunisten wegen dieser Sache Krach schlügen, und es sei ein ewiges Glück, daß die Christdemokraten sich nicht in den Kopf gesetzt hätten, Mord sei ein ethisches Problem. Kurz, es wird kein gerichtliches Nachspiel geben.«
    »Wie schön, dann sind wir das Problem los. Ich habe es zwar erhofft, aber bei Politikern weiß man ja nie. Nun, das war das zweitschlimmste Problem!«
    »Wo liegt unser größtes Problem? Ist es das, was ich vermute?«
    »Aber sicher. Es geht um Åke.« »Ich habe seinen Bericht hier. Ich finde, du solltest ihn lesen.«
    »Nein, erzähl mir lieber, was drinsteht, während du kommentierst.«
    Samuel Ulfsson zögerte. Er hatte gerade einen Impuls unterdrückt, darüber

Weitere Kostenlose Bücher