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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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aufhielt, obwohl man natürlich im ganzen Land nach ihm fahnden würde. Nach einer Person namens Matti zu fahnden, war im Grunde sinnlos, sofern die beiden sich nicht zusammen in Schweden aufhielten, was ziemlich unwahrscheinlich schien.
    Carl verließ das Regierungsgebäude Rosenbad mit einem Gefühl vagen Unbehagens. Er bestieg den Wagen, der ihn zum Generalstab fahren sollte. Ihm selbst war nicht klar, ob sein Unbehagen auf die soeben beendete Begegnung mit dem Ministerpräsidenten zurückzuführen war oder auf das, was ihn beim Generalstab erwartete. Der Ministerpräsident hatte einen kritischen Eindruck gemacht, als Carl ihm von dem Treffen in Moskau berichtete, als beruhte der Mangel an Ergebnissen auf mangelnder Initiative Carls oder einem ähnlichen Fehlverhalten. Carl hingegen erschien es selbstverständlich, daß ein erstes Treffen kein Ergebnis bringen konnte. Sie hatten in dem pistaziengrünen kleinen Häuschen hinter dem imposanten Bau des russischen Generalstabs gesessen, und alles war so verlaufen, wie man es hatte erwarten können. Dort in dem kleinen Holzhaus in der Janisejwagasse verlief alles immer so, wie man es erwarten konnte, möglicherweise mit Ausnahme einer Begegnung vor sehr langer Zeit, als Carl dort als Marineattaché akkreditiert gewesen war.
    Sie hatten sich in erster Linie miteinander bekannt gemacht und ein paar Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht, die dem traditionellen sowjetischen Stil entsprachen. Sie hatten von Frieden zwischen den Völkern und Freundschaft und brüderlichen Verbindungen und derlei gesprochen. Anschließend war eine Tagesordnung für die folgende, offiziellere Begegnung festgelegt worden. Daraus ließen sich jedoch keine Schlußfolgerungen ziehen, wie die Russen sich verhalten würden, wenn es ernst wurde. Carl hatte es nicht einmal gewagt, eine Vermutung zu äußern, als ihn der Ministerpräsident dazu drängte.
    Carl erschien das alles selbstverständlich. Die Russen arbeiteten nun mal so. Ob Breschnjew, Gorbatschow oder Jelzin, das spielte für ihr Protokoll keine größere Rolle. Man hatte sich auf eine sorgfältige Durchleuchtung der Ereignisse geeinigt, die mit dem U-Boot U 137 zusammenhingen, das in den Schären von Karlskrona auf Grund gelaufen war. An dem Ende sollte die Sache aufgerollt werden. Dem lag von schwedischer Seite oder vielmehr beim schwedischen Ministerpräsidenten der Gedanke zugrunde, daß man so erfahren würde, ob die Russen tatsächlich den Wunsch hatten, aufrichtig zu sein. Wenn nicht, wäre es nach Ansicht des Ministerpräsidenten sinnlos, sich der bedeutend verwickelteren Frage russischer U-Boote zuzuwenden, die nicht auf Grund gelaufen und bedauerlicherweise auch auf andere Weise nicht irgendwo hängengeblieben waren.
    Das Treffen ließ sich recht kurz abhandeln, denn Carls schriftlicher Bericht umfaßte nur eineinhalb Seiten. Ihm kam der Gedanke, daß das auf den Ministerpräsidenten vielleicht einen nachlässigen Eindruck gemacht hatte. Der Kreis, mit dem dieser sich umgab, besaß sonst die Fähigkeit, auf eine Weise redselig zu sein, die zu Carls Person ebensowenig paßte wie zu seinem beruflichen Hintergrund.
    Es wäre kaum die richtige Stimmung gewesen, um die offizielle Anfrage von Generalleutnant Jurij Tschiwartschew zur Sprache zu bringen, ob man nicht parallel laufende Verhandlungen aufnehmen könne. Es hätte nur ein glattes Nein gegeben, und dann wäre die Sache für immer verloren gewesen. So wie Carl seinen höchsten Chef kennengelernt hatte, änderte dieser nur höchst ungern Entscheidungen, die er selbst getroffen hatte, da er diese immer wieder als die Klassenbesten anzusehen schien, Carl überlegte, ob er das Ganze einfach Samuel Ulfsson vortragen und dann auf den Ministerpräsidenten pfeifen sollte. Nein, das ging natürlich nicht. Er mußte mit Sam beraten, wie sie weiter vorgehen sollten.
    Er versank hinter den geschwärzten Scheiben eine Zeitlang in Grübeleien. Er hatte einen Freund verloren. Zum ersten Mal formulierte er für sich diesen Gedanken vollkommen klar. Aber so war es. Er hatte sorgfältig gezählt und war auf vier Freunde gekommen, die er in seinem Leben gehabt hatte, zumindest in seinem Leben als Erwachsener. Einer von ihnen, Joar Lundwall, war buchstäblich in seinen Armen gestorben. Die Ursache hing nicht zuletzt mit Carls Nachlässigkeit und Dummheit zusammen. Sam war natürlich auch ein Freund. Der Alte war mehr als ein Freund, er war sehr viel mehr als ein Freund. Und dann also noch Åke

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